„Hast du Geld, kannst du leben.“

Im Herzen des Ruhrgebiets ist Armut keine Unbekannte. Vielerorts gibt es hohe Arbeitslosenzahlen. Armut wird jedoch unterschiedlich wahrgenommen. Für die einen bedeutet Armut nicht in den Urlaub zu fahren, für die anderen ist es ein Leben am Existenzminimum. So auch in der Dortmunder Nordstadt. Hier leben Stanescu und seine Familie – Frau und vier kleine Kinder. 

Stanescu (Foto: David Freches)

Stanescu ist 35 und kommt aus Rumänien. Teaserbild und Foto: David Freches

Stanescu, 35, ein schmächtiger Mann, schwarze Haare, das blau-weiß karierte Hemd locker zugeknöpft. Seit drei Jahren ist die Familie in Deutschland, davor waren sie schon längere Zeit in Spanien. In seinem Leben war Stanescu schon viel: Bauarbeiter, Stadtreiniger, Saisonarbeiter. Jetzt verkauft er die Obdachlosenzeitung „Bodo“. Ein Leben auf der Wanderschaft. Ein Leben in der Fremde – denn Stanescu ist gebürtiger Rumäne. Ein so genannter Armutsflüchtling aus Cluj-Napoca. Er musste vor allem eine Frage beantworten:

 

Der Verkauf der Zeitungen und die Familie geben seinem Alltag Struktur. Das gilt auch für die Rollenverteilung zu Hause. 

 

Die Angst in Deutschland ist für ihn unbegründet. Die Lage in Rumänien war anders. Wie war sie denn? 

 

Rümänien ist seit 2007 EU-Mitglied. Das bedeutet: Unbeschränkte Mobilität bzw. Migration und freie Wahl des Arbeitsplatzes für alle EU-Bürger. Für fast alle. Noch bis Jahresende galten Sonderregelungen für Bulgaren und Rumänen. Seit dem 1. Januar ist die  Arbeitnehmerfreizügigkeit in Kraft getreten. Mehr Infos zur Arbeitnehmerfreizügigkeit

 Trotzdem hat Stanni sein Heimtland verlassen. 

 

Dem Wunsch nach einem besseren Leben standen jedoch zunächst Zweifel und Ungewissheit gegenüber.

 

Die erste Station auf seiner Reise war Spanien, auch wegen der ähnlichen Sprache. Nach einigen Jahren erreichten Krise und Arbeitslosigkeit aber auch dieses Land – die ersten, die es zu spüren bekamen, waren Menschen wie Stanescu. Sein Ausweg: Deutschland. Hier war die Krise scheinbar noch nicht angekommen. Aber auch hier hilft der Staat nur bedingt. 

 

800 Euro im Monat für sechs Pesonen – reicht das zum Überleben in Dortmund? 

 

Zufrieden war Stanescu aber nicht vom ersten Tag an. In Dortmund war Vieles neu und unbekannt für ihn, zum Beispiel die Mentalität und Art der Menschen. Vor allem an eine Reaktion musste er sich erst gewöhnen: 

 

Zu seinem Glück in der Fremde braucht Stanescu nicht viel. Er ist sich sicher, schon vier Dinge reichen. 

 

Das gilt nicht nur für ihn, sondern auch für die jüngsten in der Familie. Bei Stanescu zu Hause werden beide Sprachen gesprochen: Rumänisch und Deutsch. 

 

Die Alsenstraße in der Dortmunder Nordstadt. Foto: Tobias Dammers

Die Alsenstraße in der Dortmunder Nordstadt. Foto: Tobias Dammers

Stanescu hat schon viele Jahre in der Fremde gelebt. Jetzt ist Dortmund sein zu Hause, aber nicht seine Heimat. Denn die Familie ist nicht komplett. 

 

Einmal in drei Jahren – die Reise ist ein Luxusgut, fast unerschwinglich. 

 

Aber wie fällt Stanescus Fazit aus? Das Fazit eines Mannes, der viel von Europa gesehen hat. Den die Armut aus der Heimat getrieben hat.  Der mit 250 Euro seine Familie ernährt. Dessen Kinder zum Teil die Heimat noch nie gesehen haben. Der ein besseres Leben gesucht hat. Und der von der Armut in die Armut geflohen ist. Wenn Stanescu über sein Leben spricht, klingt er nicht traurig oder verzweifelt.

Natürlich kann Stanescus Geschichte nicht repräsentativ für sämtliche Einwanderer aus Rumänien oder anderen Ländern stehen. Die Geschichte über Stanescus ist subjektiv, aber nicht fiktiv. Armutsflucht und Einwanderungspolitik sind nicht nur mit Statistiken verbunden, sondern auch mit Einzelschicksalen.

Stanescus Fazit ist so schlicht wie erstaunlich. 

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