Es wurde protestiert, gefordert und beraten. Doch was ist eigentlich geblieben von den Diskussionen um die Anwesenheitspflicht? An vielen Fakultäten der Ruhr-Universität Bochum ist sie nach wie vor Usus.

In ganz Deutschland wurde im Sommer für mehr Gerechtigkeit an den Unis gestreikt. Foto: Florian Hückelheim
Lang wurde protestiert in diesem Sommer: Gegen Studiengebühren, gegen eine Verschulung des Studiums und gegen Anwesenheitspflichten. Letztere sind zumindest an der Ruhr-Universität Bochum weiterhin gängige Praxis. So besteht zum Beispiel bei den Germanisten und Erziehungswissenschaftlern für alle Veranstaltungen eine Anwesenheitspflicht. Im Studiengang BWL hingegen können die Studenten über ihre regelmäßige Teilnahme selbst entscheiden. Manche Fakultäten haben die Anwesenheitskontrollen bei Vorlesungen auch erst einmal „auf Probe“ abgeschafft. „Wir wollen erst einmal die Durchfallquoten beobachten“, sagt Joachim Wiemeyer, Dekan der katholisch-theologischen Fakultät.
Anwesenheitspflicht nicht zulässig?
Dabei wurde im letzten Jahr vereinbart, dass die Anwesenheitspflicht für Vorlesungen grundsätzlich abgeschafft werden soll. „Nur für Seminare sollte sie erst einmal bestehen bleiben“, erzählt Jan Keitsch, Vorsitzender des AStA der Ruhr-Universität Bochum. Eine juristische Prüfung der Universität Duisburg-Essen (UDE) im Dezember 2009 hatte ergeben, dass die Anwesenheitspflicht aufgrund „des Rechts der Studierfreiheit rechtlich nur in begrenztem Umfang zulässig“ sei. Damit bleiben Veranstaltungen verpflichtend, die eine aktive Mitarbeit erfordern, wie z.B. Laborpraktika, Exkursionen und Kolloquien. Bei Vorlesungen und Übungen hingegen sei eine regelmäßige Anwesenheit nicht erforderlich.
Professoren entscheiden selbst
Nach diesem rechtlichen Rahmen wird auch in Bochum gehandelt, sagt Prorektorin Uta Wilkens. „Es wurde vereinbart, dass auf Anwesenheitskontrollen in Vorlesungen verzichtet wird, deren Lernziel durch eine Prüfung erreicht wird.“ Doch das scheint nicht in allen Fakultäten der Fall zu sein. „Bei uns gibt es immer noch Sitzscheine in den Vorlesungen“, erzählt Julia Wiegand, Studentin der katholischen Theologie. Laut dem Ergebnis der rechtlichen Prüfung widersprechen diese „Sitzscheine“ oder Teilnahmebescheinigungen aber dem Prinzip der modularisierten B.A.- und M.A.-Studiengänge.
Dass es dennoch Anwesenheitskontrollen gibt, liegt an der persönlichen Entscheidungsgewalt der Professoren. Die Lehrenden können ihre Veranstaltungen nämlich weiterhin als verpflichtend kennzeichnen. Mit dieser Regelung gibt sich der AStA jedoch nicht zufrieden. Derzeit wird geprüft, ob die Anwesenheitspflichten an der RUB in dieser Form zulässig sind.
Von unserer Mitarbeiterin Natalie Wölfel