Für diesen Mann gibt es „kein Zurück und kein Nochmal“

Bei einem Open-Air-Festival mit Musik scheint alles so einfach: Bier, Essen, gutes Wetter, auf der Bühne Bands, die spielen, laute, ausgewogene Beschallung for Each and Everybody. Was aber tatsächlich hinter dem als so alltäglich und normal empfundenen Sounderlebnis steckt, ist eine aufwendige Maschinerie: über 6.000 Meter Tonverkabelung, über 200 Lautsprecher, über 20 Mischpulte. Und beim Juicy Beats in den Händen von Sebastian Müller-Eckhard. 47 Jahre, Tontechniker. Er saß schon beim Juicy Beats am Mischpult, als es noch „Juicy Fruits“ hieß. Hier haben wir ihn beim Aufbau für das Open-Air-Festival an der  Zeche Zollverein in Essen besucht.

In diesem Jahr gibt es dort fünf Bühnen mit Live-Musik, die er und sein Team mit Ton und Licht ausstatten werden, außerdem gibt es noch einige DJ-Floors. Sein „Team“, das sind etwa 50 Tontechniker, jeweils zur Hälfte aufgeteilt auf Licht und Ton. Dazu kommen noch etwa 40 Helfer, die über die Tage verteilt arbeiten. Die Arbeitszeiten? „An den Aufbautagen etwa zehn Stunden“, sagt Müller-Eckhard, „und an den Veranstaltungstagen etwa zwölf.“ Alles inklusive Pausen.

Aufbau am 20. Juli

„Der Aufbau beginnt am Montag vorher“, sagt Müller-Eckhard, dieses Mal also am 20. Juli. Eingebaut wird die Technik jeweils am Tag vor der Veranstaltung. Die Bands haben unterschiedliche Anforderungen an die Technik – und das kann umständlich werden: so wird wohl am letzten Abend nach dem Auftritt von Fritz Kalkbrenner an der Hauptbühne noch einmal das Licht umgebaut, „weil der andere Anforderungen hat als Fettes Brot“ – die danach kommen. Aber: „Ein Auf- und Abbau nach dem ersten Abend wäre unmöglich“, sagt Müller-Eckhard. So bleibt über Nacht alles „nachtsicher“ – also vor Diebstahl gesichert -, weil das Equipment stehen bleibt.

Open-Air-Tontechnik ist ein besonderes Feld, sagt Müller-Eckhard: „Technisch hat Open-Air den Nachteil, dass man einfach der rohen Gewalt der Natur ausgesetzt ist. Regen, Wind oder Sturm bringen Probleme, die es nicht einfach machen.“ Je nach Gelände oder Bühne sei auch der Auf- und Abbau wesentlich umständlicher. Der Vorteil? „Dass eben kein Raum da ist“, sagt Müller-Eckhard. Heißt: „Man kann der Musik quasi den gewünschten Raum hinzufügen – oder nicht. In geschlossenen Räumen muss man sich mit dem Raum immer irgendwie arrangieren.“ Ein „extremes Beispiel“, wie Müller-Eckhard es nennt: das Dortmunder Konzerthaus mit seiner speziellen Akustik. Dort ist er regelmäßig, unter anderem beim Klavierfestival Ruhr. 

„Falscher Ton bleibt falscher Ton“

Der Klang oder Sound der Band lasse sich  bei einem Konzert nur beschränkt ändern, sagt der Tontechniker, die Möglichkeiten dazu seien „relativ begrenzt“: „Falscher Ton bleibt falscher Ton“, sagt der Profi, „und die verstimmte Gitarre bleibt verstimmt – all das lässt sich mit einem Mischpult nicht ändern.“

Der Autodidakt, der zum ersten Mal in der früheren „Live Station“ im Dortmunder Hauptbahnhof zum ersten Mal und dann auch noch spontan abmischen musste, hat einige regelmäßige Kunden, die auf sein Können zählen: außer dem Konzerthaus und dem Klavierfestival Ruhr gehört zu diesen das Spiegelzelt, wo Müller-Eckhard den „Geierabend“ mischt. „Ich war lange mit den „KommMitMann!s“ unterwegs oder auch den „Ace Cats“, als es die noch gab“, erzählt er über seinen Berufsweg. „Seit 1998 sitze ich beim Geierabend am Mischpult, ähnlich lange mache ich das beim Juicy Beats.“ Früher mischte er auch bei der „Live Station“ im Bahnhof oder im alten FZW.

Der unbedingte Wille, dass alles gelingt

„Ich mag meinen Beruf sehr“, sagt der Sohn musikalischer Eltern. „Ich mag die Leute – die auf, hinter, unter oder über der Bühne arbeiten, und ihren unbedingten Willen, dass alles gelingt.“ Am liebsten sitzt er am Mischpult, „weil ich dann mehr oder weniger  zu einem Teil der auftretenden Künstler werde.“ Verständlich: nach seinem Zivildienst spielte er selbst in verschiedenen Bands, „Klavier und so“. Er weiß, je besser er als Techniker das Programm kennt, „desto inniger wird das Verhältnis.“ Der Grund: „Es kommt eben genau auf den Augenblick an – es gibt kein Zurück und Nochmal. Das reizt mich ungemein.“

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Beitragsbild: StandOut Bussenius und Reinicke, Video: Hannah Schmidt

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