Mit Würfeln gegen Nazis

Würfel werfen

Am 4. Juni möchten Nazis durch Dortmund marschieren. Dagegen regt sich Widerstand. Künstler bauen 200 silberne Blockade-Würfel, die den Rechten ein Spiegelbild der Proteste vorhalten sollen.

Es soll ein aufblasbarer, antifaschistischer Schutzwall werden: Ziel von Tools for Action ist es, mit den Würfeln den Aufmarsch zu blockieren und ein Zeichen für eine tolerante Gesellschaft zu setzen. Die Gruppe gastiert zurzeit am Dortmunder Schauspielhaus. „Wir sprechen uns mit verschiedenen Dortmunder Akteuren ab“, sagt Artúr von Balen, Gründer der Gruppe. Neben Kirchen und dem DGB steht sie auch mit dem Blockadebündnis BlockaDO in Kontakt. „Wir bieten Blockade-Sets an, die die Gruppen bei ihren Aktionen selbst nutzen können.“ Auch Schüler der 14 Schulen, an denen Tools for Action Workshops anbietet, werden laut van Balen am 4. Juni auf die Straße gehen.

Ist das Kunst oder kann das mehr?

„Für mich ist Kunst nie neutral. Auch unpolitische Kunst hat eine politische Aussage. Wir setzen nur die Kunst bewusst ein, um ein politisches Ziel zu erreichen“, sagt Artúr van Balen. Seine Würfel können nicht nur als Mittel zur Blockade eingesetzt werden: Durch die silberne Beschichtung sollen sie den Nazis buchstäblich den Spiegel einer toleranten Gesellschaft entgegenhalten.

„Es gibt so viele Menschen, die sich für Flüchlinge engagieren. Aber zwei Rechte, die ein Flüchtlingsheim anzünden, sind viel sichtbarer. Gegen dieses verschobene Bild wollen wir mit den Würfeln ein Zeichen setzen und zeigen, dass die Nazis eigentlich in der Minderheit sind“, sagt van Balen. „Bei einem Workshop hat eine Pfarrerin gemeinsam mit Punks einen Würfel gebaut. Genau das wollen wir erreichen.“ Durch ihre Öffentlichkeitsarbeit wollen sie mehr Menschen zu Protesten am 4. Juni motivieren.

Was die Polizei von dem Projekt hält, weiß Tools for Action nicht. „Wir sind gespannt, ob sie sich noch mit uns in Verbindung setzt. Aber schließlich ist das nur eine Kunstaktion“, sagt van Balen.

Würfel bauen gegen die Zeit

Würfelbau 1

Hier entsteht ein neuer Würfel für die Gegendemonstration.

Tools for Action baut die Würfel bei Workshops am Schauspielhaus und in 14 Dortmunder Schulen. Im Anschluss trainieren die Freiwilligen verschiedene Choreografien. Die Workshops seien mit ca. 30 Freiwilligen immer recht gut besucht. Der Bau ist simpel, die Materialen sind einfach zu bekommen: Die Würfel bestehen nur aus Isolierfolie aus dem Hausbau, Klett und doppelseitigem Klebeband. Auf einige kleben die Künstler noch eine silberne Folie, um den Spiegeleffekt zu erreichen.

Sie zu bauen, ist trotzdem noch aufwendig: Sieben Arbeitsstunden stecken in jedem Stück. Aktuell haben sie erst 67 Würfel. „Das ist ein Wettlauf gegen die Zeit“, sagt Artúr van Balen. Er hofft, in den letzten zwei Wochen die restlichen Würfel noch bauen zu können. Auch die Crowdfunding-Kampagne zur Finanzierung des Materials decke noch nicht alle Kosten ab.

Inspiration Paris

Würfel Eiffelturm

Premiere feierten die Würfel beim Pariser Weltklimagipfel 2015.

Artúr van Balen hat sich von dem Ursprung von Barrikaden inspirieren lassen: Im 16. Jahrhundert haben Pariser leere Weinfässer auf die Straße gerollt, sie mit Eisenketten festgezurrt und mit Steinen beschwert – die erste Barrikade der Welt.

Was damals Weinfässer waren, ist heute Isolierfolie. Tools for Action baut die Würfel seit 2012. Damals wurden sie beim 1. Mai in Berlin eingesetzt. Beim Pariser Klimagipfel im vergangenen Jahr kamen sie wieder zum Einsatz. Damals warfen 8000 Demonstranten 35 Würfel hin und her, sodass sie quasi über die Demo rollten. „Das macht Spaß und es entsteht ein richtiger Party-Charakter. Dieser Slapstick-Moment deeskaliert Situationen auch enorm.“

Wie funktionieren die Würfel?

„Wir haben die Würfel immer weiter optimiert. Mittlerweile haben sie auch Griffe und den Klettverschluss“, sagt Artur van Balen. „Man muss sich das vorstellen wie große Lego-Bausteine.“ Die Würfel können mit dem Klett zu unterschiedlichen Konstellationen aneinandergereiht oder gestapelt werden. „Unsere Tools sind leicht und mobil. Diese Schwerelosigkeit ist ihre große Stärke. Dadurch wirken sie auch unschuldig und können gewaltfrei eingesetzt werden.“ 

 

Was könnt Ihr tun?

Workshops
 Jeden Samstag und Sonntag könnt Ihr bei den Workshops Würfel bauen und damit trainieren.  Ein großes öffentliches Training, bei dem alle Würfel mit mehreren hundert Menschen in einer Art „Würfel-Ballett“ der Öffentlichkeit präsentiert werden sollen, findet am Sonntag, 29. Mai, zwischen 11.30 und 15 Uhr auf den Katharinen-Treppen gegenüber des Hauptbahnhofs statt. Dabei soll auch ein künstlerischer Film entstehen.
Crowdfunding
Mit einer Crowdfunding-Kampagne sammeln die Künstler Spenden, um die Würfel finanzieren zu können. Ein Würfel kostet 25 Euro, wenn er mit der Spiegelfolie bezogen wird 50. Mit Spenden kann man die Patenschaft für einen Würfel übernehmen oder sogar einen Spruch darauf drucken lassen. Bisher hat die Gruppe von den benötigten 8.000 Euro erst 2.300 Euro. Spenden könnt Ihr per Paypal oder mit einer Überweisung an das Schauspielhaus.

 

Bilder: Artúr van Balen/Tools for Action