Wirtschaftsfaktor Bahnstreik

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Einen Tag vor dem angekündigten Streik zeigt der Dortmunder Hauptbahnhof sich noch unberührt. Dienstleistungssektor und Zivilgesellschaft jedoch nicht. Was es für Taxifahrer, Auto- und Fahrradverleih heißt, wenn die Bahnen nicht fahren. 

Dortmunder Hauptbahnhof, 10.30: anonymer Treffpunkt hektischer Kofferzieher, gestresster Anzugträger und verbissener Kaffeeschlürfer. Unruhe und Routine erfüllen die Eingangshalle. Der RE4 nach Aachen verspätet sich um circa 5 Minuten. Wie immer haben wir Verständnis. Ungewöhnlich scheint hier gar nichts: Die S-Bahn ist nicht pünktlicher als sonst, die Schlange vor dem DB-Info-Point nicht länger als gewöhnlich und der Morgenmuffel nicht schlechter gelaunt als üblich. Alles wie immer? Nicht ganz. Ein Banner auf der Anzeigetafel verrät: ein erneuter Streik der GDL steht vor der Tür. Der Neunte seit September 2014.

Einigung nicht in Sicht

Nach erfolglosen Tarifverhandlungen zwischen der GDL und der Deutschen Bahn am vergangenen Wochenende droht nun ein weiterer Streik. Der Güterverkehr ist bereits seit Dienstag, 15.00 Uhr betroffen, im Personenverkehr geht es am Mittwoch um 2.00 Uhr los.  Der kommende Streik soll noch länger als der vorherige andauern und sich über die Pfingsttage erstrecken. Wie lange genau, ist noch unklar. Eine Einigung scheint nicht in Sicht zu sein, die Fronten sind verhärtet. Für Bahn-Vorstand Ulrich Weber zeigt sich die GDL uneinsichtig und lehnt alle Angebote der DB ab: „Stattdessen droht sie mit neuen Streiks, was völlig verantwortungslos ist, was unnötig ist, was überflüssig ist.“ „Wir sehen ein Management, das versucht, das auszusitzen, das uns hinhält“, kommentierte Gewerkschaftschef Claus Weselsky die aktuelle Lage am Dienstag im ARD-Morgenmagazin.

Wer profitiert, wer verliert?

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Erneuter Bahnstreik – Niete für Taxifahrer. Foto: Jasmin Assadsolimani

Viele Dortmunder sind von den Streiken der GDL betroffen. Doch nicht nur die Zivilbevölkerung leidet. S. Akin ist seit drei Jahren Taxifahrer und sichtlich genervt vom Streik. „Das ist Horror. Die machen uns das Geschäft kaputt“, ärgert sich der 32-Jährige. Fällt der Personenverkehr großteilig aus, ist auch der Bahnhof nur spärlich besucht. Für die Taxifahrer bedeutet das keine Kundschaft. Drei bis vier Stunden warten sie manchmal auf einen Fahrgast. Wenn man Glück habe, erklärt Akin, gäbe es eine gute Fahrt pro Tag. „Größtenteils steht man umsonst hier“, ist das bittere Resümee. Dass die Pfingsttage betroffen sind, stellt für die Dortmunder Taxifahrer ein weiteres Problem dar. An den Feiertagen generell schon kaum ausgelastet, bleibt das Taxi dank Streik über Pfingsten wohl leer.

Für den Autoverleih der Jackpot

Der glasklare Profiteur des Streiks ist die Autovermietung. Tanja Vonhof, Mitarbeiterin eines Autoverleihs in Bahnhofsnähe erklärt: „Der Streik wirkt sich sehr gut auf unser Geschäft aus. Wenn nichts fährt, mieten die Leute Autos“. Der Autoverleih boomt in Zeiten des Ausnahmezustandes. Manuel Wegner, ebenfalls Mitarbeiter, erzählt: „Wir sind fast ausgebucht.“ Bis zum Wochenende werden wohl keine freien Autos mehr zur Verfügung stehen. Und wahrlich, immer neue Kunden kommen in die Filiale. Kunden, die sich nicht auf die Deutsche Bahn verlassen wollen. Trotz geschäftlichen Profits sind die Mitarbeiter zwiegespalten. „Man bekommt natürlich auch persönliche Schicksale mit, die einen berühren. Zum Beispiel wenn eine Mutter hier mit ihrem Kind ankommt und nicht weiß, was sie machen soll.“ 

Fahrradverleih eher unberührt

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Jürgen Beck vom Fahrradverleih am Bahnhof: Kein Ansturm auf die Räder. Foto: Jasmin Assadsolimani

Dem Pendler, der zusehen muss, wie er ohne Fernverkehr zur Arbeit kommt, nützt ein Fahrrad herzlich wenig. Aus diesem Grund lässt der Streik den Fahrradverleih im Bahnhof relativ kalt. Jürgen Beck, dortiger Fachanleiter, erklärt, dass nicht mehr Fahrräder als sonst ausgeliehen werden. „Wenn die städtischen Vereine streiken, die DSW 21, merken wir das schon. Kürzere Strecken lassen sich dann auch mit dem Fahrrad zurücklegen“, berichtet der 51-Jährige. Nur die Zahl der Reparaturen geht in Zeiten des Streikes zurück. Weniger Fahrgäste am Dortmunder Bahnhof bedeuten weniger reparaturbedürftige Fahrräder. Etwa 10 Prozent Rückgang schätzt Beck. Persönlich hält er den neunten Streik der GDL für eine Katastrophe. Vor allem für die Leute, die zur Arbeit pendeln müssen. 

Von Tiefenentspannung bis Wutanfall

Nicht nur im Dienstleistungssektor herrscht Zwiespalt, auch in der Zivilgesellschaft scheiden sich die Geister:

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Teaserfoto: Klaus Schuchlinski/ flickr.com

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