Gehirnforschung für Jedermann

Wissenschaft auch für Laien verständlich machen: Das will das „Brain Café“. Die Neurowissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum zeigen, dass die komplexe Hirnforschung für jeden spannend ist. Dabei werden interessante Fragen geklärt: Was ist eigentlich das Gedächtnis oder wie entsteht Angst in unserem Gehirn? Außerdem werden interessante Krankheitsfälle, wissenschaftliche Ergebnisse und neue Forschungsprojekte vorgestellt.

Ursula Heiler ist die Koordinatorin des Graduiertenkollegs der Uni Bochum und Teilprojektleiterin des Braincafés. Beim Braincafé stellt sie die Referenten vor und kümmert sich um die Organisation. Foto:Thomas Borgböhmer

Ursula Heiler kümmert sich um die Organisation des Brain Café. Foto: Thomas Borgböhmer

„Wir wollen mit diesem Projekt dem Laien einen Zugang zu den komplizierten wissenschaftlichen Themen schaffen“, sagt Ursula Heiler, Teilprojektleiterin des „Brain Café“. Die Idee ist im Sonderforschungsbereich 874 entstanden: Junge Nachwuchswissenschaftler ergründen gemeinsam mit erfahrenen Forschern, wie Sinneseindrücke, Verhalten und Gedächtnis zusammenspielen. Wo gibt es auffällige Wechselwirkungen? „Nun kam im Laufe des Sommersemesters die Idee, dass man doch die Forschungsergebnisse auch der Öffentlichkeit präsentieren sollte“, erklärt Heiler. Und so entstand das Projekt „Brain Café“, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird.

Erstklassige Wissenschaftler

Professor Klaus Funke, Dr. Christian Bellebaum – das sind nur zwei von vielen erstklassigen Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Hirnforschung, die beim „Brain Café“ mitmachen. In der Regel kommen die Referenten von den Fakultäten der Ruhr-Uni. Gelegentlich sind es auch angehende Doktoren, die ihre neusten Forschungsergebnisse vortragen.

Christian Bellebaum arbeitet am Institut für Kognitive Wissenschaften und forscht in der Neuropsycholgie. Dort geht es um den Zusammenhang zwischen Gehirn und menschlichen Verhalten. Foto: Thomas Borgböhmer

Bellebaum erforscht den Zusammenhang zwischen Gehirn und menschlichem Verhalten. Foto: Thomas Borgböhmer

Dass die Gehirnforschung sehr kompliziert ist und meist auf Englisch publiziert wird, macht es noch schwieriger. „Ich hatte erst Befürchtungen, dass das Thema zu komplex ist, einfach zu viel. Na ja, da muss ich versuchen, dass das Thema auf ein, zwei Hauptaussagen reduziert wird“, sagt Dr. Christian Bellebaum, der letzte Referent des „Brain Cafés“ und Wissenschaftler am Institut für Kognitive Wissenschaft.

Hirnforschung als Entertainment

In Bellebaums Vortrag geht es um die Organisation des semantischen Wissens im Gehirn. Wie organisiert sich unser Gedächtnis? Was für Probleme treten bei hirngeschädigten Patienten auf? „Um solche Fragen zu beantworten, wird mit vielen Beispielen gearbeitet. Es muss so anschaulich wie möglich sein“, sagt Bellebaum. So werden in den meist einstündigen Referaten unter anderem Filme und Bilder gezeigt, Grafiken besprochen und praktische Übungen gemacht. Alle offenen Fragen werden am Ende des Vortrags geklärt.

Das Brain Café findet im Schulungsraum der Uni-Bibliothek statt. Die Vorträge finden jeweils um 18 Uhr statt und sind sehr beliebt. Foto. Thomas Borgböhmer

Das "Brain Café" findet im Schulungsraum der Uni-Bibliothek statt. Die Vorträge finden jeweils um 18 Uhr statt. Foto: Thomas Borgböhmer

„Es wurden schon Präparate eines echten menschlichen Gehirns vorgeführt. Solche Aktionen vergessen die Besucher dann auch nicht mehr“, beschreibt Heiler die Herangehensweise. Oder es wird einfach mal getanzt, wenn es um die positiven Auswirkungen des Tanzens im Alter geht. Da merkt jeder sofort die Effekte. Mit diesen praktischen Bezügen werden die buntgemischten Themen für die Hobbywissenschaftler aufgearbeitet.

Vorwissen ist keine Voraussetzung

Das „Brain Café“ findet einmal im Monat statt und wirklich jeder ist erwünscht. „Bachelorstudenten, Schüler, Leute von außerhalb. Das Publikum ist immer sehr gemischt. Ab und zu verirren sich sogar Geisteswissenschaftler in unsere Vorträge“, sagt Heiler. Am 7. September ist dann der „Brain Day“. Ein ganzer Tag im Zeichen des Gehirns. Neurowissenschaftler werden auch dort ihre Ergebnisse vorstellen, Experimente zeigen und mit den Besuchern diskutieren.

Erkenntnisgewinn?

In den verschiedenen Bereichen der Neurowissenschaften wird das Gehirn durchleuchtet. Die Themen der Vorträge sind vielfältig. Zum Beispiel die künstliche Hirnstimulation oder Störungen des Nervensystems. Foto: Dierk Schäfer/flickr.com

In den verschiedenen Bereichen der Neurowissenschaften wird das Gehirn durchleuchtet. Foto: Dierk Schäfer/flickr.com

Die zahlreichen Besucher des „Brain Cafés“ haben nach den Vorträgen meist noch viele Fragen. Da mischt sich oft das Halbwissen mit den nun hochwissenschaftlichen Themen. Was kann man da überhaupt lernen? „Das wichtigste für die Besucher ist die Einordnung. Sie sollen wissen, wie Themen untergliedert sind und das dient dann der Orientierung“, beschreibt Bellebaum den Lernfortschritt. Und falls das mal nicht gelingt? „Dann reicht es schon, dass die Leute auf dem Weg nach Hause erkennen, wie komplex die Gehirnforschung in Wirklichkeit ist.“ Und wenn die Hobbywissenschaftler interessiert bleiben und beim nächsten „Brain Café“ wieder dabei sind, ist das bereits ein großer Fortschritt.