Hepatitis – eine Weltkrankheit, von der keiner weiß

Einmal mit Hepatitis infiziert, hilft nur noch regelmäßige Medikamenteneinnahme. foto: M. Kessler

Wer sich infiziert hat, muss auf jeden Fall eine Menge Medikamente schlucken. Foto: pixelio

Weltweit sind mehr Menschen mit Hepatitis infiziert als mit HIV – trotzdem wissen wir kaum etwas über diese Krankheit. Warum sich auch Anti-Alkoholiker infizieren und wie ihr euch schützen könnt.

„Hepatitis ist im Grunde nichts anderes als eine Leberentzündung“, erklärt Prof. Dr. Claus Niederau vom Akademischen Lehrkrankenhaus der Uni Duisburg-Essen. „Sie wird durch Viren ausgelöst und kann, wenn sie nicht früh genug behandelt wird, chronisch werden und schwere Spätfolgen mit sich bringen.“ Zu diesen Spätfolgen zählen sowohl Leberkrebs als auch Leberzirrhosen, also Vernarbungen, die die Leber schädigen. Und da sind wir auch schon beim Grundproblem: „Wir haben nur eine Leber und die hat unendlich viele Funktionen, ohne die wir nicht lebensfähig wären“, sagt Prof. Niederau. Ist die Leber einmal kaputt, hilft daher meistens nur noch eine Transplantation.

„Wir haben nun mal nur eine Leber“

Es gibt drei verschiedene Hepatitis-Viren, die im Laufe der Jahrzehnte entdeckt wurden. Als erstes stießen Forscher in den 1960er Jahren auf den B-Virus. Er ist durch Blut und Körpersekrete übertragbar, also auch beim Geschlechtsverkehr. Aus diesem Grund infizieren sich häufig junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren mit dem Virus. „Wenn ich in ein gewisses Alter komme und mich mit einem festen Lebenspartner niedergelassen habe, ist das Risiko einer Ansteckung mit dem B-Virus viel geringer“, erklärt Prof. Niederau. Wird Hepatitis B nicht früh genug behandelt, kann sie chronisch werden und ist dann unheilbar. Allerdings kann sie gut therapiert werden. Bei regelmäßiger Medikamenteneinnahme kann die Krankheit auf null heruntergefahren werden und die Patienten können ein einigermaßen normales Leben führen.

Wenige Jahre nach dem B-Virus wurde der A-Virus entdeckt. Er ist der harmloseste der drei Viren, denn er kann zu keiner chronischen Erkrankung führen. Hepatitis A ist durch Nahrung übertragbar, eine Infektion dauert in der Regel nur wenige Wochen. Weil Hepatitis A häufiger in fremden Ländern vorkommt, sprechen Experten auch von einer „Reisekrankheit“.

Erst Ende der 1980er Jahre wurde auch der dritte Hepatitis-Virus, der C-Virus entdeckt. Er wird nur durch Blut übertragen. Seine Entdeckung hatte zur Folge, dass seit 1990 alle Blutkonserven auf den Hepatitis-C-Virus kontrolliert werden. Alle, die in den Jahren davor Bluttransfusionen erhalten haben, zählen daher zur Risikogruppe für Hepatitis C. Das führt zu dem Problem, dass es eine unbekannte Menge an Altfällen gibt, die mit Hepatitis C infiziert sind, davon aber nichts wissen. Denn die Spätfolgen von Hepatitis C treten oft erst 30 Jahre nach der Infektion auf. „Es ist damit zu rechnen, dass wir in ungefähr zehn Jahren eine Welle von Leberkrebserkrankungen und Leberzirrhosen erleben“, sagt Prof. Niederau. Dabei ist Hepatitis C im Gegensatz zu Hepatitis B in 50 % der Fälle heilbar. Wenn der Virus früh genug entdeckt wird und die Patienten eine bis zu einem Jahr dauernde Therapie machen, die derzeit noch mit vielen Nebenwirkungen verbunden ist.

Was kann ich tun, um eine Hepatitis-Infektion zu vermeiden?

Um eine Hepatitis zu vermeiden, hilft vor allem eine wirksame Impfung. In Deutschland wird jeder bereits im Kleinkindalter gegen Hepatitis geimpft. Diese Impfung sollte in der Jugend noch einmal aufgefrischt werden. Bis zum 18. Lebensjahr wird die Hepatitis-Impfung von der Krankenkasse übernommen. Ab dann kostet sie zwischen 80 und 100 Euro. Nur für Menschen, die Hepatitis-Risikogruppen angehören, ist sie weiterhin kostenlos. Dazu zählen vor allem Menschen, die im Gesundheitswesen tätig sind und demnach viel mit Blut in Berührung kommen, Menschen, die oft ihre Geschlechtspartner wechseln, Menschen, die Drogen konsumieren und dazu Spritzbesteck benutzen und Menschen mit Migrationshintergrund aus Ländern, die niedrigere medizinische Standards haben als Deutschland. Bei Hepatitis B hilft außerdem der Gebrauch von Kondomen, das Risiko einer Infektion beim Geschlechtsverkehr zu verringern.

Trotz der hohen Impfstandards leiden in Deutschland offiziell etwa 500.000 Menschen an Hepatitis B und noch einmal so viele an Hepatitis C. Allerdings gehen Experten wie Prof. Niederau davon aus, dass das nur 20 % der tatsächlich Erkrankten sind. Die Dunkelziffer liegt weitaus höher, denn viele Menschen haben Hepatitis, ohne es zu wissen. Das liegt vor allem daran, dass die Hepatitis im frühen Stadium selten zu auffälligen Symptomen führt. Nur sehr selten haben Patienten Schmerzen. Eines der Hauptsymptome ist Müdigkeit – und die kann auch viele andere Ursachen haben. „Ärzte testen heutzutage immer noch viel zu selten auf Hepatitis“, sagt Prof. Niederau. Selbst wenn bei einem Bluttest die Leberwerte auffällig sind, tendieren viele Mediziner dazu, dem nicht weiter nachz gehen. „Trinken Sie mal ein, zwei Gläser weniger, dann wird das schon wieder“, ist stattdessen ein gern gegebener Ratschlag. Dabei kostet ein Hepatitis-Test gerade einmal fünf Euro.

Hepatitis muss nichts mit Alkoholkonsum zu tun haben

Aus diesem Grund hält Prof. Niederau den Welt-Hepatitis-Tag am 19. Mai für extrem wichtig. Er soll für Aufklärung sorgen und die Öffentlichkeit auf Hepatitis aufmerksam machen. „Außerdem müssen wir es schaffen Vorurteile gegenüber Lebererkrankungen wie Hepatitis abzubauen.“ Vorurteile, die mit Drogen- und Alkoholmissbrauch zu tun haben. „Menschen, die ein Leberleiden haben, werden meist sofort in diese Ecke gestellt“, so Niederau. Dass Hepatitis eine Viruserkrankung ist, die auch Menschen treffen kann, die niemals Alkohol konsumiert haben, wissen viele nicht. Deshalb setzen die Organisatoren des Welt-Hepatitis-Tages auf Betroffene. Auf der offiziellen Homepage erzählen viele Hepatitis-Patienten von ihren Erfahrungen mit der Krankheit. Menschen aus verschiedenen Ländern und Altersgruppen erzählen dort ihre Geschichte und tragen so dazu bei, dass die Öffentlichkeit mehr über Hepatitis erfährt.

Aber nicht nur gesellschaftlich ist der Welt-Hepatitis-Tag von großer Bedeutung. Auch politisch könnte der 19. Mai 2010 zu einem wichtigen Datum werden. In Genf tagt nämlich die Weltgesundheitsorganisation und diskutiert eine Resolution, die Hepatitis als Weltproblem anerkennen würde. „Das wäre ein echter Meilenstein“, sagt Ingo van Thiel von der Deutschen Leberhilfe e.V. Weltweit sind derzeit etwa 500 Millionen Menschen mit Hepatitis B oder C infiziert. Das heißt jeder zwölfte Mensch leidet an chronischer Hepatitis. „Das sind in etwa zehnmal so viele wie HIV-Infizierte“, sagt van Thiel.

3 Comments

  • Sehr geehrter Professor Niederau.

    Warum wird mehr dafür gemacht, dass mehr unternommen wird, dass gestestet wird?
    Als Hep C Betroffene hatte ich mit ziemliche Sicherheit hatte alle Symptome, die bei der
    Therapie Beschrieben wird ca 17 Jahre. Muskelschmerzen, Müdigkeit, Konzentrzatrionstörungen, Augenprobleme etc. 2009 wurde es endeckt. genotyp 3a ,
    24 Wo Therapie bis 30.12.2009.
    Seit Dezember 2010 finde ich, dass langsam mein Gehirn wieder mir gehört.
    Aber ich musste 1998 frühpensioniert, ohne Hep C Test (Ärztin) Ich hätte wenigstens die Möglichkeit gehabt früher Information zu suchen, und vielleicht sogar schon 2002 die Viren los gewesen. Ich habe versucht alles zu lesen was ich gefunden habe, war bei etwa 20 verschiedene Ärzte, verschiedene Fachrichtungen. Aber keiner Hatte eine Idee von Professor bis Prakt Arzt. Und jetzt so viele Dunkelziffer. Ich finde nicht das hep C Chron symptomlos sein, es wird nur nicht mit hineinbezogen in den Routineuntersuchungen.
    Alle meine therapien von neurologe bsi Phys Med hat Linderung gebracht, war aber sicher teuer, und ich habe mich immer noch krank gefühlt. Ich war aber zu müde um noch fragen mehr stellen zu können, man kriegt ja eh keine Antworten, und man muss wenigstens nicht 4 stunden warten für 2 Minuten Sprechstunde.
    Warum wird es so wenig besprochen trotz der hohe dunkelziffer weltweit?

    Danke für Ihr Geduld

    Hochachtungsvoll

    Hedda Phonphai

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert