Musik als Waffe der Freiheit

Grafitti Fela Kuti

Bild: flickr/Paolo Maligaya

 

Aus einer ehemaligen britischen Kolonie entstand 1960 der unabhängige Staat Nigeria. Doch die Bevölkerung in dem westafrikanischen Land war nur auf dem Papier frei. In der Politik herrschten Vetternwirtschaft und Korruption, in den 1970er-Jahren hatten verschiedene Militärregierungen die Macht.

Zu dieser Zeit rebellierte Fela Kuti mit seiner Musik gegen die Unterdrückung der Menschen in Nigeria. Er prangerte die Gewalt und die Korruption an, kritisierte in seinen Liedtexten offen die nigerianische Regierung. „Music is a weapon“ und „music has to be for revolution“ waren die Grundlagen seines Lebens als Musiker.

Fela Ransome-Kuti wurde 1938 in Nigeria geboren, sein Vater war Pastor und Musiker, seine Mutter eine bekannte nigerianische Frauenrechtlerin. 1958 ging Fela Kuti nach London, um dort Medizin zu studieren, schrieb sich stattdessen aber für Musik ein. Er spielte Klavier und Saxofon, gründete seine erste Band. Mit dieser ging er 1969 nach Amerika, um dort zu touren und Platten aufzunehmen. In den USA wurde Fela Kuti nicht nur musikalisch, sondern auch politisch geprägt. Seine Musik, eine Mischung aus Jazz und Highlife, wurde zum neuen Stil des Afrobeat, seine politischen Ansichten wurden radikaler. Er sympathisierte mit der Bürgerrechtsbewegung der Schwarzen in Amerika und war für eine Stärkung der afrikanischen Identität.

Nach seiner Rückkehr nach Nigeria gründete Fela Kuti in Lagos einen eigenen Nachtklub, den Shrine Club, in dem er regelmäßig mit seiner Band auftrat. Nun nutzte Fela Kuti seine Musik, um seine politischen Gedanken zu verbreiten. Er sang in Pidgin Englisch, sodass seine Texte in großen Teilen Afrikas verstanden wurden. Seine Band umfasste bis zu 40 Musiker, Sänger und Tänzer, einzelne Songs waren oft über 10 Minuten lang. In ihnen beschrieb Fela Kuti seine Vorstellung von einem freien, wirklich demokratischen Nigeria und von einer gemeinsamen panafrikanischen Identität.

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Bild: flickr/John Gotty

 Die einzig freie Republik Nigerias

Mitten in Nigerias Hauptstadt Lagos gründete Fela Kuti aus Protest gegen die Regierung eine Art Kommune. Das große Haus und das dazu gehörige Grundstück erklärte er zur „einzig freien Republik Nigerias“. Der Musiker lebte dort zusammen mit seiner Mutter, seiner Band, Freunden, Anhängern und seinen 27 Ehefrauen und seinen Kindern, alle unter einem Dach. Fela Kuti, von allen nur Fela genannt, nahm Jungs von der Straße bei sich auf und gab ihnen eine Beschäftigung, damit sie nicht kriminell wurden. In aller Öffentlichkeit, auch auf der Bühne, rauchte er riesige Joints, schlief jeden Tag mit einer anderen Frau und gab Interviews nur in Unterhose.

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Bild: flickr/John Gotty

 

Es scheint widersprüchlich, dass der Sohn einer Frauenrechtlerin über Frauen sagte, sie seien „Matratzen“. Doch gerade auch diese Widersprüchlichkeit zeichnete Fela Kuti aus. „Frauen können alles machen, was sie wollen. Sie können Präsidentin werden, alles. Nur wenn sie nach Hause kommen, ist der Mann der Boss“, sagte er einmal in einem Interview, ohne Scham, während ein paar seiner Ehefrauen neben ihm auf dem Sofa saßen.

 

Soldaten als willenlose Zombies der Regierung

1976 veröffentlichte Fela Kuti den Song „Zombie“, in dem er die nigerianischen Soldaten karikiert, die wie Zombies willenlos die Befehle des diktatorischen Regimes ausführen.

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Bild: flickr/RC…

Ausschnitt aus „Zombie“:

Seine öffentliche Kritik an den wechselnden korrupten und militanten Regierungen zogen 1979 eine große Razzia seines Anwesens in Lagos nach sich. Fela’s Mutter starb an den Folgen eines Sturzes aus dem Fenster, Fela Kuti selbst wurde geschlagen, verhaftet und verhört.

Nach seiner Freilassung floh er mit seiner Band nach Ghana, kam jedoch nach zwei Jahren wieder nach Nigeria zurück, noch wütender auf die Regierung als zuvor. Er gründete die politische Partei MOP, Movement of the People, kritisierte und rebellierte weiter. 1984 wurde Fela Kuti nach einer US-Reise in Lagos verhaftet. Er wurde beschuldigt, Devisen ins Land geschmuggelt zu haben und zu fünft Jahren Haft verurteilt. Die offensichtlich politisch motivierte Inhaftierung brachte Fela Kuti internationale Unterstützung ein. Anmesty International nannte ihn einen „prisoner of conscience“. Neben Nelson Mandela war er einer der bekanntesten afrikanischen Freiheitskämpfer.

Letztlich war es ein erneuter Militärputsch, der es Fela Kuti ermöglichte nach 18 Monaten Inhaftierung freizukommen.

Nun war es vor allem die Spiritualität eines Yoruba-Priesters, die Fela Kuti inspirierte. Seine Songs wurden immer länger, beeinhalteten Gebete und Geschichten.

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Bild: flickr/John Gotty

 

Am 2. August 1997 starb Fela Kuti an Aids. Die Erkrankung hatte er stets geleugnet. Zu seiner Beerdigung im Stadion von Lagos kamen über 1 Million Menschen; Freunde und Familienangehörige waren überwältigt von der Anteilnahme der Menschen in Nigeria und weltweit.

Trotz all seiner Widersprüchlichkeiten und Extravaganzen war Fela Kuti ein herausragender Musiker und ein bedeutender Freiheitskämpfer. Völlig gewaltfrei, nur durch seine Musik, hat er sich gegen die Militärs in seiner Heimat aufgelehnt und den Menschen Mut gemacht. „Music is a weapon“ und „Music has to be for revolution“, waren für Fela Kuti keine leeren Floskeln, sondern tatsächlich seine Inspiration und seine Mission.


In den deutschen Kinos läuft bald auch der Dokumentarfilm „Finding Fela“ von Oscar-Preisträger Alex Gibney. In knapp zwei Stunden erzählt der Film das Leben von Fela Kuti, stellt den Menschen und Musiker mit all seinen Facetten vor.

Eine Rezension und Zusammenfassung des Films „Finding Fela“:

Medienprojekt: Frei! (Teichmann)

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