Die Polizei, dein Feind und Helfer

Hier steht die BUZ. Fotos: Vivien Timmler

Blockupy-Demonstranten: Respekt vor der Polizei sieht anders aus. Fotos: Vivien Timmler

Brennende Polizeiautos, durch Steinwürfe verletzte Beamte, eingeschlagene Scheiben an Wachen. Dazu Parolen wie „Scheiß Polizeistaat“ oder „Bullenschweine“. Die Gewalt gegen die Polizei bei den Blockupy-Demonstrationen in Frankfurt hinterlässt ein großes Fragezeichen – woher kommt so viel Respektlosigkeit und Gewaltbereitschaft?

Ein Polizeihubschrauber kreist über der Stadt, mindestens 15 Polizeiwagen sind auf der Miquelallee unterwegs in Richtung EZB. Dabei ist es erst kurz nach sieben, noch nicht einmal hell draußen. Ein schneller morgendlicher Blick auf die Timeline bringt Klarheit: Es ist 18M, der 18. März, Tag der Blockupy-Demonstrationen gegen die Krisenpolitik der EZB. Und gegen den Umgang mit den Griechen in der Schuldenfrage. Und gegen Mario Draghis Staatsschulden-Shoppingtour. Und sowieso generell gegen den Kapitalismus. Sei’s drum.

Was am frühen Morgen viel mehr irritiert als die Frage, welches Ziel Blockupy nun eigentlich verfolgt: Brennende Autos – Polizeiautos. Demonstranten, die Steine auf Beamte werfen. Und Beamte, die sich gezwungen sehen, mit Wasserwerfern zu reagieren.

Das Ganze gipfelt gegen halb neun in einem traurigen Höhepunkt: Vor der Wache 1 auf der Zeil, der Haupteinkaufstraße in Frankfurt, werden gleich mehrere dort geparkte Polizeiwagen angezündet, die Scheiben der Wache mit Steinen eingeworfen. Kapitalisten sind laut Blockupy Verbrecher – und was sind sie selbst?

Eine Vorahnung

Dass die Demonstranten früher oder später auf die Polizei treffen würden, war so logisch wie vorhersehbar. Dass sie so direkt auf diese losgehen würde dagegen wohl kaum.

Was muss passieren, damit eine Gruppe vermeidlicher Demonstranten sich so gegen die Polizei solidarisiert, frage ich mich. Warum geht man mit dieser Härte auf Menschen los, die eigentlich da sind, um zu schützen? Ich kann es mir nicht erklären.

Hier steht die BUZ. Fotos: Vivien Timmler

Polizeiaufgebot in der Innenstadt.

Rund 8.000 Polizisten befanden sich am Morgen des 18. März in Frankfurt. Das ist eine ganze Menge, klar. In Anbetracht der Tatsache, dass rund 10.000 Demonstranten angekündigt waren – nicht mehr ganz so viele. Die Tatsache, dass das Gelände rund um die EZB sowie Bereiche der Innenstadt seit Montag mit Zäunen und Stacheldraht gesichert worden waren, mag die Demonstranten auch nicht gerade gefreut haben. Aber Luftballons hätten es halt nicht getan. Und die Wasserwerfer? Die 22 an der Zahl? Von denen kann die Polizei froh sein, dass sie da waren. Gegen 10 Uhr war die Anzahl der brennenden Barrikaden nämlich nicht an einer Hand abzählbar.

Kurz und gut: Man ahnte, dass die Proteste nicht ausschließlich friedlich ablaufen würden. Nicht, weil man dies von Blockupy erwartete. Sondern einfach, weil es nicht das erste Mal wäre. Und die Vorahnung bestätigte sich.

(K)ein Bürgerkriegsszenario

Hier steht die BUZ. Fotos: Vivien Timmler

Verbaler Hieb gegen die Polizei.

„Wir wollen hier heute doch nur für ein anderes, gerechteres Europa demonstrieren, aber die Polizei will uns in ein regelrechtes Bürgerkriegsszenario stürzen.“ So formuliert es Malte Fiedler, einer der Sprecher des Blockupy-Bündnisses, in einem Gespräch mit der pflichtlektüre. Sofort drängt sich die Frage auf: Meint dieser Mann ernst, was er sagt? Impliziert er damit, dass eine Provokation stattgefunden habe, die Polizei womöglich Schuld am Ausmaß der Ausschreitungen sei?

Es scheint ganz so. Dabei ist das so blauäugig wie widersprüchlich. Bei dem Wort „Bürgerkriegsszenario“ hat man augenblicklich die schlimmen Bilder aus Syrien vor Augen, vielleicht aus El Salvador. Rein optisch mögen die Frankfurter Straßen stellenweise sicherlich einen gewissen Zerstörungsgrad aufweisen. Aber die Blockupy-Bewegung ist keine Stadtguerilla. Und die Polizei keine Besatzungsmacht. 

Eine Schutzrolle

Und überhaupt: dass die Polizisten in erster Linie dazu da sind, eine geregelte Demonstration in den Frankfurter Straßen überhaupt zu ermöglichen – daran scheint am Mittwoch kaum jemand zu denken. Grölend und Parolen brüllend ziehen die mittlerweile 16.000 Demonstranten nach der (friedlichen!) Kundgebung in Richtung Alte Oper los. Niemand hindert sie daran – schließlich ist die Route im Voraus abgesprochen worden.

Doch nach nur wenigen Metern: der nächste Angriff auf die Polizeigewalt, diesmal verbal.

„Ihr seid die hässlichsten Fratzen des Kapitalismus, geht endlich nach Hause!“, tönt es aus den Lautsprechern des Planwagens. Gerufen werden diese Parolen von Roman aus Hamburg. Seinen vollen Namen möchte er nicht nennen, auch fotografiert werden will er selbstverständlich nicht. Nur schreien, das kann er – und laut. Hunderte Demonstranten in seinem Umkreis applaudieren lautstark, strecken den Polizisten ihre Mittelfinger entgegen. Einige bauen sich vor den gepanzerten Beamten auf, versuchen sie mit Grimassen zu provozieren. Respekt vor der Polizei? Fehlanzeige.

(K)eine Erkenntnis

Eine gute Frage ist, was am Ende eines solchen Tages bleibt. Leichter ist es zu beantworten, was nicht bleibt: Es bleibt von Blockupy kein Eindruck eines fundierten Anliegens mit klugen Argumenten, es bleibt keine Solidarisierung mit den Demonstranten, es bleibt aber auch kein Bild von den Feierlichkeiten zur EZB-Eröffnung – immerhin das haben die Demonstranten erreicht.

Dafür bleibt zumindest bei mir eine grundliegende Verständnislosigkeit, wie in dieser Art mit Polizisten umgegangen werden kann. Mit jenen, die an diesem Tag in erster Linie ihrer Arbeit nachgingen. Dass Polizeigewalt und auch Polizeiwillkür in unserer Gesellschaft vorkommen mögen, will ich nicht abstreiten – und doch sind es Einzelfälle. Menschen, die diesen Beruf ausüben, um Bürger zu schützen, mit einer derartigen Respekt- und Rücksichtslosigkeit entgegenzutreten, mag sich mir nicht erschließen. Sie gezielt anzugreifen schon gar nicht. Dass darüber hinweg selbst die Feuerwehr an ihren Löscharbeiten gehindert wurde, ja, sogar Rettungswagen nicht zu Verletzten durchgelassen wurden – ohne Worte. Einfach ohne Worte.

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