Duell: City-Maut – ja oder nein?

Das Duell - Hannah vs. Lena

Steigender Verkehr, marode Brücken, löchrige Straßen und kein Geld: Die City-Maut soll die Mittel für nötige Investitionen bringen, den Verkehr in den Innenstädten zähmen und das Umweltbewusstsein stärken. In einigen europäischen Städten ist sie bereits in Kraft – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Doch was spricht für eine Innenstadtmaut und was dagegen?

pro contra
Städte wie Oslo, London und Mailand machen es vor. Holperige Straßen, rote Ampeln und Stau – das war gestern. Um den innerstädtischen Verkehrsfluss zu steuern und die Infrastruktur zu verbessern, setzen die Metropolen seit geraumer Zeit auf die Einnahmen aus einer sogenannten City-Maut. Neben den lokal steigenden Erlösen hat die Innenstadtmaut einen weiteren und zugleich den wohl wichtigsten positiven Effekt mit globaler Relevanz: den Umweltschutz.

Keine City-Maut in Dortmund

Trotzdem ist eine City-Maut, der moderne Wegzoll sozusagen, für die Stadt Dortmund bislang kein konkretes Thema. Umweltschutz, ja bitte – dafür zahlen, nein danke? Warum die Einführung einer Gebührenpflicht für die Nutzung von Verkehrswegen im Innenstadtbereich trotz steigender Spritkosten durchaus vorteilhaft ist, lest ihr hier!

Weniger Lärm

Wer kurz vor Semesterbeginn noch ein Zimmer in der WG seiner Wahl ergattert hat (und das mitten in der Innenstadt, juhu!), feiert diesen Erfolgsmoment wohl bis in die frühen Morgenstunden. Spätestens dann bekommt die Euphorie jedoch einen Dämpfer. Der andauernde Verkehr vor der eigenen Haustür macht die so begehrenswerte Nachtruhe schier unmöglich. Hupende Autos und quietschende Reifen versüßen das Einschlafen. Wie nervig… Die Abhilfe: eine City-Maut. Die gebührenpflichtige Fahrt durch die Innenstadt sorgt bereits seit mehreren Jahren in anderen Städten Europas und weltweit für ein verringertes Verkehrsaufkommen. Die Lärmbelästigung sinkt, die Attraktivität der zentralen Wohnlage steigt.

Emissionen senken

Viele Studis sind so oder so mit dem Rad unterwegs. Das hält fit. Die Kosten für ein Auto sprengen ohnehin die chronisch leere Geldbörse. Wer auf dem Weg zur Uni die frische Luft genießt, sollte sich trotz nicht vorhandenem „Vierrad“ für die City-Maut einsetzen. Weniger Wagen auf der Straße gleich sinkende Schadstoffemissionen gleich eine bessere Luftqualität und Umweltschutz. Durchatmen erlaubt! Zudem ist die Maut ein Mittel zum Zweck für Kommunen, die Verkehrsinfrastruktur beispielsweise durch die Instandsetzung von Straßen oder den Bau von Kreisverkehren zu optimieren. Das Resultat: eine effizientere Verkehrsnutzung – und freie Fahrt voraus.

Letztendlich spielt auch der Faktor Zeit eine entscheidende Rolle. Die Verbesserung des innerstädtischen Verkehrs durch die Einführung einer City-Maut garantiert eine Staureduktion. Zeit ist Geld – und wenn dadurch daheim am morgendlichen Frühstückstisch ein Kaffee mehr drin ist, zahlt man das doch gern, oder nicht?

Das Geld für die Sanierung der Straßen in Nordrhein-Westfalen fehlt – das ist unumstritten. Unumstritten ist auch, dass die Städte und Kommunen den Finanzbedarf für die Sanierung der Verkehrsinfrastruktur, jährlich rund sieben Milliarden Euro, nicht allein tragen können. Nach der Verkehrsministerkonferenz Anfang Oktober prüfen die Länder daher nun die City-Maut. Die Einführung der Maut ist jedoch kein Ausweg aus der Finanzmisere, denn dieser Lösungsansatz ist unsozial und wird auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen, die die Maut ablehnt. Es gibt weit bessere Lösungen.

Alternativen zur City-Maut

Eine dieser Lösungen ist die Ausweitung der LKW-Maut auf alle Straßen. Sinnvoll ist dieser Schritt allein deshalb, weil schwere LKW deutlich mehr Straßenschäden verursachen, als PKW. Auch in der Bevölkerung würde solch ein Schritt mehr Rückhalt finden, als die Einführung der City-Maut, die laut einer Umfrage des Bundesumweltministeriums im Jahr 2010 nur rund 22 Prozent der Bürger befürworten – Tendenz abnehmend.

In Puncto Umwelt

Ein weiteres Argument der City-Maut-Befürworter: Die geringere Belastung der Umwelt durch weniger Verkehr – gerade im Ruhrgebiet. Studien in anderen Maut-Städten, wie London, haben jedoch ergeben, dass die Feinstaubbelastung und der Ausstoß von Kohlendioxyd durch die Mauteinführung kaum zurückgingen – die großen innerstädtischen Drecksschleudern sind Busse und Taxis, nicht PKW.

Statt der City-Maut gilt in unseren Städten sowieso bereits das Modell der Umweltzonen. Es verwehrt schadstoffreichen Fahrzeugen die Einfahrt in Innenstadtbereiche und entlastet so den Stadtverkehr. Verkehrsströme können Städte also auch anders regulieren: Verkehrsberuhigte Zonen, das Vorantreiben einer Stadtentwicklung hinsichtlich der stärkeren Nutzung von ÖPNV, Ein Ausbau von Fahrradwegen und eine fußgängerfreundliche Innenstadt würden hierzu beitragen. Außerdem fällig: Mehr „Park and Ride“-Möglichkeiten schaffen. Wenn mehr Menschen auf den ÖPNV umsteigen, dann müssen diese entsprechend ausgerüstet sein.

Ausgaben gut planen

Statt die umstrittene City-Maut einzuführen, sollte stattdessen bei neuen Ausgaben stärker auf den finanziellen Rahmen geachtet werden. Das heißt: Laufende Projekte besser planen und so unnötige Ausgaben vermeiden. Es kann nicht sein, dass die Bürger für die schlechte Planung aufkommen müssen. Denn derzeit stehen noch Projekte im Bauwert von rund 12,6 Milliarden Euro aus – diese übersteigen klar den jährlichen Satz von sieben Milliarden Euro.

Außerdem treten bei Einführung der Maut Probleme auf: Mautflucht, soziale Ungerechtigkeit sowie die richtige Nutzung der Einnahmegelder fallen darunter – zu letzterem gibt es in den Ländern verschiedene Auffassungen. Maut sollte von den gefahrenen Kilometern abhängig gemacht werden, sie sollte räumlich und zeitlich begrenzt sein. Auch sollte es Ausnahmen geben, beispielsweise für Noteinsatzwagen, Pannendienste, Behindertenfahrzeuge, Taxis, Linienbusse, Fahrzeuge mit Gas-, Elektro-, Brennstoffzellen oder Hybrid-Antrieb, Zweiräder und Anwohner eines Mautbereiches. Schnell wird klar: Die Faktoren sind vielfältig, eine Lösung umständlich und das Ergebnis, wie London zeigt, oft unbefriedigend.

Erst mal Glück gehabt

Vor der tatsächlichen Einführung der City-Maut rettet die Bürger wohl die Bundestagswahl im kommenden Jahr. Welcher Verkehrsminister will schon freiwillig ein solch unbeliebtes Projekt sein Eigen nennen? Lebensqualität, Umweltbewusstsein, Verkehrslärm und -fluss lassen sich anders verbessern. Und bevor die Länder höhere Einnahmen verwalten, sollten sielernen, ihre Ausgaben in den Griff zu kriegen.

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Foto: stockxchng/bizior, Montage: Steinborn/Schweigmann, Teaserfoto: Jörg Sabel/pixelio.de

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