Autos als Feuermelder

Der PKW soll als Alarmsirene dienen. Foto: Michael Klingemann

Auch an den Ruhr-Unis sollen Autos als Alarmsirenen dienen - so schlägt es das Euskirchener Fraunhofer-Institut vor. Foto: Michael Klingemann

An den vier Hochschulen Essen, Duisburg, Bochum und Dortmund sind die Abläufe klar festgelegt, falls Studenten, Mitarbeitern und Lehrenden Gefahr droht. Klar ist auch, wie die vielen hundert Menschen vor Katastrophen gewarnt werden.

Bei einem Brand, Gasaustritt oder einer Bombendrohung werden die betroffenen Gebäude auf dem Campus evakuiert. Das geschieht über ein akustisches Dauersignal, meist Glockentöne, oder Lautsprecherdurchsagen (zum Teil auch in englischer Sprache). Was ist aber, wenn jemand das Warnsignal nicht hört? Oder wenn die Melder in einzelnen Räumen nicht funktionieren? Oder Haus- und Feueralarm nicht gekoppelt sind, so dass nur die Feuerwehr informiert wird, ohne dass die Menschen im Gebäude die Warnung mitbekommen? Letzteres trifft zum Beispiel auf Gebäude am Campus Süd in Dortmund zu.

Autohupen sollen vor Feuer oder Bombendrohung warnen

In einem solchen Fall könnten vielleicht in einigen Jahren alle geparkten Neuwagen auf dem Campus anfangen zu hupen. Das Fraunhofer Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen (INT) in Euskirchen hat ein Patent auf ein kleines elektronisches Modul angemeldet, dass die Autohupe zum neuen Warnsystem bei Chemieunfällen, Großbränden, Überschwemmungen oder anderen Naturkatastrophen machen soll.

Die Feuerwehr wird automatisch benachrichtigt. Foto: Hans Haslberger/pixelio.de

Bei Bränden oder Chemieunfällen an der Uni gilt: Scheiben der Alarmkästen einschlagen - dann ist Hilfe unterwegs. Foto: Hans Haslberger/pixelio.de

Vor Ende des kalten Krieges gab es in Deutschland ein flächendeckendes Sirenensystem, das die Bevölkerung warnte, aber zugunsten von Radio- und Fernsehwarnsystemen größtenteils abgebaut wurde. Der entscheidende Nachteil daran ist, dass ein ausgeschaltetes Radio oder ein Fernseher im Standby-Modus niemanden warnen kann. Der Wiederaufbau des alten Sirenensystems würde Bund und Länder jedoch mehrere Millionen Euro kosten.

Verschiedene andere Ideen für Warnsysteme wurden bereits verworfen: Denn Massen-SMS, Rauchmelder, Funkuhren und Wetterstationen mit Funkempfängern warnen nur den Besitzer des entsprechenden Geräts – und auch nur, wenn er es vorher angeschaltet hat.

Woher weiß das Auto, wann es bei einer Katastrophe hupen soll?

Auf Initiative der EU-Kommission soll ab September 2010 jeder Neuwagen mit „eCall“ augestattet werden. Das ist ein Elektronikmodul mit GPS-Sensor, das bei Autounfällen die Unfallzeit, Koordinaten und Fahrtrichtung an eine Notrufzentrale übermittelt. An dieses Modul wollen die Euskirchener Forscher ihr eigenes elektronisches Gerät anschließen.

Mit diesem INT-System könnte ein Melde- oder Lagezentrum an alle Warnempfänger, die sich innerhalb der Grenzen bestimmter GPS-Koordinaten befinden, ein Signal senden, das die Fahrzeuge bei abgestellten Motoren zum Hupen bringt. Thomas Loosen vom INT erklärt: „Bei einer Überschwemmung könnte die Bevölkerung beispielsweise gewarnt werden, falls eine Flutwelle weiter den Fluss hochkommt.“ Unterschiedliche Huptöne für die verschiedenen Notfälle soll es allerdings nicht geben: „In erster Linie soll das System warnen und die Betroffenen dazu bringen, ihre Fernseher oder Radios für weitere Hinweise einzuschalten.“

Autos sollen bei Katastrophen hupen. Foto: Michael Klingemann

Fahren 14 Prozent aller Neuwagen mit dem Hup-Warnsystem herum, reicht das für eine flächendeckende Warnung. Foto: M. Klingemann

Verwechslungsgefahr mit Hupkonzerten zu Hochzeiten?

Auf die Frage, ob keine Verwechslungsgefahr mit Auto-Corsi oder Hupkonzerten nach Hochzeiten bestehe, meint Loosen: „Es sollte schon ein erkennbarer Unterschied zwischen ein paar fahrenden und sehr vielen geparkten hupenden Autos bestehen.“ Lautstärke, Dauer und Regelmäßigkeit des Signals sollten allein ausreichen, um den Katastrophenalarm vom ausgelassenen Hupkonzert zu unterscheiden.

Schon bei einer Ausstattung von 14 Prozent der zugelassenen Fahrzeuge sollte das Hupsystem laut Fraunhofer-Institut die Bevölkerung flächendeckend warnen. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass mit dem „eCall“-System schon ein passender Träger besteht und die Warnmodule günstig produziert und eingebaut werden können.. Loosen sagt dazu: „Nach ersten groben Schätzungen gehen wir von Kosten unter zehn Euro aus.“ Gespräche mit anderen Forschungs- und politischen Einrichtungen seien bereits im Gange.

Wie werden wir an der Uni gewarnt?

Ausgelöst werden kann entweder ein Haus- (blaue Kästen an den Wänden) oder Feueralarm (rote Kästen). In den meisten Gebäuden sind die Alarmkästen gekoppelt. Zur Sicherheit sollte man aber die Scheiben beider Kästen einschlagen. In Dortmund ist außerdem ein Voralarm mit einem anderen Ton in anschließenden Gebäudeteilen geplant. Jeder Campus hat seine eigene Brandschutzordnung, die online abrufbar ist, wobei die RUB und TU Dortmund gerade neue Ordnungen erarbeiten. In Dortmund werden momentan auch neue Brandmeldezentralen installiert, beispielsweise in der Chemietechnik und der Informatik.

Gerade an den Unis können hupende Autos Studenten und Mitarbeiter warnen. Foto: Micha Rittmeier/pixelio.de

Sichere Fluchtwege sollten an den Hochschulen gekennzeichnet sein. Foto: Micha Rittmeier/pixelio.de

Bei Ertönen der Warnsignale gilt prinzipiell:

• Ruhe bewahren
• nicht mehr telefonieren
• gefahrbringende Geräte sofort ausschalten
• Fenster und Türen schließen
• Gebäude auf sicherem Fluchtweg verlassen
• auf Durchsagen (z.B. per Megaphon) achten und diese befolgen

Vielleicht hupt aber in ein paar Jahren der Großteil der geparkten Autos auf den Campusparkplätzen, um uns zu warnen, wenn es im Chemiegebäude der Uni qualmt.

Text: Michelle Röttger

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