Zurück ins Mittelalter beim Spectaculum

Am vergangenen Wochenende gastierte das „Mittelalterlich Phantasie Spectaculum“ (MPS) im Dortmunder Fredenbaumpark. Das mittelalterliche Kulturfestival ist jedes Jahr ein Ereignis für die ganze Familie. Von jung bis alt, ob Mittelalter-begeistert oder bloß interessiert, jedem wird etwas geboten.

Es liefen Stelzenläufer und zahlreiche andere Darsteller über das Festivalgelände. Foto: Kir.

Stelzenläufer und zahlreiche andere Darsteller liefen über das Festivalgelände. Foto: Kirsten Hein

Das Mittelalterlich Phantasie Spectaculum ist das größte reisende mittelalterliche Kulturfestival der Welt und zieht jährlich tausende Besucher an. Jedes Jahr finden sich hier Bands und Darsteller der modernen Mittelalterszene, Schausteller, lagernde Vereinigungen – also Gruppen verkleideter Mittelalterfans, die mit dem Fest umherziehen – und freischaffende Künstler. Seit seiner Gründung im Jahre 1993 reist es jedes Jahr durch ganz Deutschland.

Dieses Jahr konnte man sich erfreuen an zahlreichen Mittelalterbands wie Omnia, Feuerschwanz oder Ignis Fatuu. Die Bands mischten mittelalterliche mit modernen Stilrichtungen, Instrumenten und Sprache. Viele Besucher kamen jedoch hauptsächlich wegen des Headliners „Saltatio Mortis“, die erst am zweiten Festivaltag gespielt haben.

"Saltatio Mortis spielten mit Dudelsäcken und E-Gitarren auf.

"Saltatio Mortis traten mit Dudelsäcken und E-Gitarren auf. Foto: Kirsten Hein

Headliner begeistert seine Fans

Saltatio Mortis, eine in der Mittelalter-Szene hoch geschätzte Rock-Band, beglückten ihre zahlreichen Fans mit mehreren Klassikern, wie „Prometheus“, „Spielmannsschwur“ und „Drunken Sailor“. Außerdem stellten sie neue Stücke ihres aktuellen Albums „Sturm aufs Paradies“ vor, allen voran „Eulenspiegel“. Bei ihnen trifft der Dudelsack auf’s Schlagzeug und die Trommel auf die E-Gitarre.

Saltatio Mortis reisen, mit fluktuierender Besetzung, seit mehr als zehn Jahren mit dem Spectaculum durchs Land. E-Gitarrist  „Herr Dr. B. Samoel“ kommt gern nach Dortmund. Er sagt: „Wir spielen supergern im Ruhrgebiet, hier ist die Stimmung einfach toll und unsere Fans sind genauso bekloppt wie wir!“ Das besondere an der Musikrichtung ist für den Dudelsackspieler „Luzi das L“, dass das Konzert nicht ins Wasser fällt, „selbst wenn der ganze Markt absäuft. Dann spielen wir halt alles akustisch. Mittelalter braucht keinen Strom.“

Der Headliner "Saltatio Mortis" heizte seinen treuen Fans ein. Foto: Kir

Der Headliner "Saltatio Mortis" heizte seinen treuen Fans ein. Foto: Kirsten Hein

Auf beiden Seiten der Bühne wird viel Wein getrunken

Sein guter Vorsatz, heute mal auf den Alkohol zu verzichten, hat sich gerade bis zur Markteröffnung um 10 Uhr früh gehalten. „Der Met hatte einfach die besseren Argumente“, sagt er und grinst. Trotz des engen Zeitplans der Band wünschen sie sich, „Dortmund auch mal privat kennenlernen zu können“ – ganz ohne mittelalterlichen Kontext.
Das diesjährige Spectaculum zeigte actionreiche Attraktionen. Es wurde ein Ritterturnier simuliert und ein Fechtkampf aufgeführt. Desweiteren fehlte es auch nicht an Narren, Jongleuren, Bettlern, Mönchen, dem Sensenmann, Stepptänzern, verschiedenen Stelzenläufern und einem Kinderpuppentheater. Höhepunkt des Festivaltages war ein pompöses Feuerspektakel vor den letzten Nachtkonzerten.

Drei Ritter in voller Rüstung nehmen Angriff auf die "Kuhmägen". Foto: Kir.

Ritter in voller Rüstung nahmen beim Ritterturnier Angriff auf "Kuhmägen". Foto: Kirsten Hein

121 Händler- und Handwerker-Stände säumten das circa 80 tausend Quadratmeter große Festivalgelände. Die Besucher erwartete mittelalterliche Gewandung, Schwert- und Rüstungsschmiedekunst bis hin zu Spielzeug- und Schmuckmacherei. Ein Mittelaltermarkt ist also die perfekte Gelegenheit, seine Gewandungs-Garderobe etwas zu erweitern.

Viele Gäste kommen in Gewandung

Viele Bands, Darsteller und Händler reisen seit Jahren mit dem Festival durch ganz Deutschland. Ein kleiner Wermutstropfen für eingefleischte Spectaculanten: Sowohl die Mittelalterband „Die Streuner“, die seit Jahren Stammgäste des MPS sind, als auch der Badezuber, der Vorgänger unseres Whirlpools, waren in diesem Jahr leider nicht dabei.

So mancher Ritter brauchte an diesem Wochenende wohl etwas länger in den "Stallungen"... Foto: Kir

So mancher Ritter brauchte wohl etwas länger in den "Stallungen"... Foto: Kirsten Hein

Wie immer wurde reichlich Met (Honigwein) und Beerenwein mit düsteren Namen wie “Drachenglut“ (Wein aus Kirschen und Holunderbeeren) bis “Hexengalle“ (Wein aus Kiwis und Kaktusfeige), in allen erdenklichen Sorten ausgeschenkt. Es wurden kräftig Stockbrot und Fleischspieße verzehrt. Den Sinn für die Epoche des Mittelalters authentisch lebendig werden zu lassen, stand dabei im Vordergrund. So gab es beispielsweise extra angefertigte Goldtaler als Währung und die Dixi-Klos hießen einladend „Stallungen“.

Auch Kinder konnten sich am vielseitigen Rahmenprogramm erfreuen, so manche Familie lagerte sogar auf dem Festivalgelände. Foto: Kir.

Auch Kinder konnten sich am vielseitigen Rahmenprogramm erfreuen, sogar einige Familien lagerten auf dem Festivalgelände. Foto: Kirsten Hein

Spektakel setzte auf Moderne Einflüsse

Aber auch an modernem Zeitgeist mangelte es nicht. Für die nicht ganz so eingefleischten Mittelalterfans gab es Bier und Bratwurst und so manch mittelalterlicher Künstler konnte moderne Jugendsprache und das Smartphone nicht entbehren. Aber genau das ist es, was das Spectaculum ausmacht und von anderen Veranstaltungen der Mittelalter-Szene abgrenzt: das kleine Augenzwinkern beim Versuch der Geschichtstreue.

Viele Gäste führten die Tradition fort, in ihrer mittelalterlichen Gewandung zu erscheinen. Für manche ist das Festival die Gelegenheit, sich einmal im Jahr in Kutte, Rüstung oder Lederschürze zu werfen. Dies zog sich durch alle Altersschichten: von Kindern, über die Jugend bis hin zu Senioren.

Die drei Seemänner "Hamels Edward Teach", Nicolas Stortebecker und Francis Drake (v.l.). Foto: Kir.

Die drei Seemänner "Edward Teach", "Nicolas Stortebecker" und "Francis Drake" (v.l.) reisten aus Hamburg an. Foto: Kirsten Hein

Veranstaltung findet Begeisterung auf allen Seiten

Alex, 44, aus Gevelsberg ist eingefleischter Stammgast. Er besucht dieses und ähnliche Festivals mehrmals im Jahr. Seit über zehn Jahren ist er dem Mittelalter treu. Besonders schätzt Alex den niedrigen Eintrittspreis. Er schwärmt: „Bei den Bands, die einem hier geboten werden!“

Natalie, 18, aus Dortmund war zum ersten Mal dabei. „Irgendwie hab ich mir so ein Festival viel mittelalterlicher vorgestellt, mit Kutschen zum Beispiel. Ich war ganz überrascht, wie modern das hier aufgemacht ist.“ Nächstes Jahr will sie wiederkommen. Lara, 8, findet die Musik „total super“: Auch sie lauschte in ihrem mittelalterlichen Leinenkleid begeistert dem Konzert von Saltatio Mortis.

Senioren. Foto: Kir

Auch einige Senioren erfreuten sich aktiv an der mittelalterlichen Kultur. Foto: Kirsten Hein

Für alle Altersklassen und Interessen war an diesem Wochenende etwas dabei: Vom Axtwerfen und Bogenschießen, bis zu Hufeisenschmieden und Töpferei hatten besonders Kinder ihren Spaß. Auch konnte auf Ponys geritten und Tretboot gefahren werden. Das Wetter war größtenteils festivalfreundlich. Am Samstag gab es höchstens ein bisschen Nieselregen, der Sonntag wartete dann wieder auf mit sonnigen 20°C.

Dieses Jahr gibt es insgesamt 24 Termine, hier die nächsten in Umgebung Rhein/Ruhr:
04./05. August in Köln am Fühlinger See
18./19. August und 30. November bis 02. Dezember in Telgte auf der Planwiese
07.-11. November in Soest auf der Allerheiligenkirmes

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