Rudern – Ein Einblick in eine andere Welt

Der Blick geht konzentriert Richtung Boot. Jeder Ruderschlag ist entscheidend. Das Boot und die Athletin müssen sich im Gleichklang bewegen, während die Muskulatur bis kurz vor dem Koma ausgereizt wird. Das verlangt jede Menge Übung und Disziplin, die eine Leistungssportlerin jederzeit abrufen muss. Heute berichtet so eine Sportlerin von ihrer Saison, die viele Hürden mit sich bringt.

Rudern

Die Silbermedaillengewinnerin am Siegersteg. Foto: Oliver Quickert

Die Ampeln stehen auf Rot. Attention! Go! Das Adrenalin strömt durch meinen Körper. Ich sprinte von der Startlinie weg, zusammen mit fünf weiteren Ruderinnen. 2000 Meter liegen vor mir und meinem Rudereiner. Mein Boot schiebt sich langsam aber sicher weg von den Gegnern. Ein zweiter Platz ist mir fast sicher. Nur Anne Thiele, amtierende Deutsche Kleinbootmeisterin, ist mir enteilt. Die letzten Meter sprinte ich gnadenlos. Die Zielhupe ertönt nach knapp acht Minuten Quälerei. Als zweitschnellste Skullerin trudele ich auf den Silberrang ein. Überglücklich über das Ergebnis kann ich mich jetzt Deutsche Vize-Kleinbootmeisterin nennen.

Die Entscheidung für den Sport kam früh

Wenn man wie ich schon mit 12 Jahren durch eine Schul-AG zum Sport gekommen ist, und seitdem garantiert schon mindestens einmal die Welt umrudert hat, gehört wenig Zeit und viel Stress zum Alltag. Meine Rudersaison fängt wie immer im Frühjahr mit der Deutschen Kleinbootmeisterschaft an. Dort geht jeder Ruderer in zwei Disziplinen an den Start: Im Rudereiner als Skuller und als Riemer in den Ruderzweier. Das Skullen und Riemen sind zwei unterschiedliche Disziplinen, in der ein Skuller zwei Ruderblätter und ein Riemer ein Ruderblatt bewegt. Nach dieser Regatta werden die ersten acht Skullerinnen dann das Team für die Nationalmannschaft bilden. Der Druck ist dementsprechend hoch. Mein zweiter Platz bei diesem wichtigen Ausscheid bedeutet eine sichere Teilnahme bei den Weltmeisterschaften in Amsterdam Ende August und nimmt mir eine große Last von den Schultern. In welcher Bootsklasse – Einer, Zweier oder Vierer – ich dann starte, testen wir in der Mannschaftsbildung und bei weiteren Wettkämpfen Mitte der Saison aus.

Der Bundestrainer entscheidet

Für den Trainer ist das kein leichtes Unterfangen, weil jede Ruderin ihren eigenen Stil hat. Diese verschiedene Techniken müssen im Zweier und Vierer in Gleichklang gebracht werden. Um die schnellsten Teamkombinationen zu finden, fahren bei dem nächsten wichtigen Wettkampf wechselnde Teams gegeneinander – zunächst bei der internationalen Regatta in Duisburg. Wer da sticht und international die Nase vorne hat, darf Richtung Zwischenstation Europameisterschaft und Weltcup starten. Nach diesen Herausforderungen geht der Blick zur Weltmeisterschaft. Wie sich dort die Mannschaften zusammensetzen, steht aber aktuell noch in den Sternen. Bis dahin gibt es für mich noch eine Menge Arbeit.