Uni-Politiker: „Manche Kommilitonen wissen nicht, dass es uns gibt“

Engagierte Ehrenamtler, Parlamentssitzungen mit Bier trinkenden Politikern, Streitigkeiten, die bis vor Gericht führen: das sind Facetten des Studierendenparlaments der TU Dortmund. In einem Themenschwerpunkt wirft die aktuelle Printausgabe der pflichtlektüre einen Blick auf die Hochschulpolitik. Aber wie repräsentativ ist das Bild, das die Dortmunder Nachwuchspolitiker abgeben? Im Interview gibt Fabian Franken von der Grünen Hochschulgruppe Einblicke in das Studierendenparlament der Uni Duisburg-Essen. Der 24-jährige Mathematikstudent sitzt im Präsidium des Gremiums.

Der Name „Studierendenparlament“ klingt eher nach Langeweile und Bürokratie. In Dortmund erleben wir allerdings ein sehr lebhaftes Gremium und lockere Sitzungsatmosphäre. Stehen bei euren Tagungen auch Bier und Pizza auf dem Tisch?

Das mit dem Bier war früher extremer. So habe ich es zumindest gehört. Pizza essen aber die meisten. Nach den Sitzungen räumen wir 20, 30 Kartons weg.

Und inhaltlich? In Dortmund arbeiten fast alle Listen zusammen, bilden aus dem StuPa heraus einen gemeinsamen AStA. Wie sieht es in Duisburg-Essen aus?

Es gibt ein paar harte Fronten. In den letzten Jahren hatten wir eine linke Mehrheit im Parlament. Die bestand aus der Grünen Hochschulgruppe, der Linken Liste und den Jungen Sozialisten. Aktuell hat ein Bündnis der übrigen fünf Listen die Mehrheit. (Anmerkung der Redaktion: Die Listen sind die Internationale Liste, Antihelden, Unabhängige Demokraten, die Liberale Hochschulgruppe und der Ring christlich-demokratischer Studenten.)

Fabian Franke sitzt im Präsidium des Studierendenparlaments Duisburg-Essen

Also zwei Lager. Das klingt nach einem Parlament, in dem es hoch hergeht. Hochschulpolitiker der TU berichten immer wieder, dass die Auseinandersetzungen in persönlichen Konflikten gipfeln. Welche Stimmung erlebst du?

Klar, wir haben politische Differenzen. Aber der Umgang bleibt höflich. Natürlich mögen sich manche nicht. Ein Großteil der 37 Parlamentarier kennt sich halt schon sehr lange. Viele sind seit rund vier Jahren dabei. Damals gab es eine personelle Zäsur in der Hochschulpolitik. Grund war ja der Skandal-AStA. (A.d.R: Die führenden Studierendenvertreter standen unter Korruptionsverdacht.)

In Dortmund erleben wir ein sehr geringes Interesse der Studierendenschaft an der Hochschulpolitik. Die Beteiligung bei den Parlamentswahlen krebst um die zehn Prozent herum.

Das ist bei uns nicht anders. Wir haben knapp über 40.000 Studierende. Nur 8,5 Prozent waren bei der letzten Wahl.

Wo siehst du die Gründe für die geringe Partizipation?

Wie alle Unis im Ruhrgebiet haben wir damit zu kämpfen, dass wir eine Pendler-Uni sind. Die Leute kommen zum Studieren, bleiben aber nur selten zu Vorträgen oder sonstigen Veranstaltungen am Abend. Ein weiteres Problem ist die Politikverdrossenheit.

Was tun die Politiker, um das Interesse der Studierenden zu bekommen?

In den Wahlwochen sind alle Listen auf dem Campus aktiv. Da versuchen sie, mit den Kommilitonen ins Gespräch zu kommen.

Und über die Wahlwochen hinaus? 

Die meisten Listen sind sich einig, dass StuPa und AStA bekannter gemacht werden müssen. Aber die zündende Idee fehlt. Vor einer Wahl haben wir mal eine Podiumsdiskussion veranstaltet. Aber da waren nur fünf Gäste, die nicht in der Hochschulpolitik aktiv waren.

Bemühst du dich auch persönlich um mehr Aufmerksamkeit für dein Parlament?

Viele von uns leben in einer Filterblase, sind also nur im Kreis der Hochschulpolitik unterwegs. Ich versuche, mich nicht abzukapseln und bemühe mich, auch mit unpolitischen Menschen im Gespräch zu bleiben. Aber es ist natürlich frustrierend, dass manche nicht mal wissen, dass es das StuPa gibt. Sie sehen die Auswirkungen unserer Arbeit nicht. Vor einiger Zeit sollte das Semesterticket auf einen Schlag deutlich teurer werden. Dank unseres Einsatzes hat der Verkehrsverbund die Preiserhöhung um ein Jahr verschoben und sich zu einer stufenweisen Erhöhung entschieden.

Die Hochschulpolitik für Duisburg-Essen muss mit einer ganz speziellen Herausforderung klarkommen. Es gibt ein Parlament für zwei Standorte. Was bedeutet das in der Praxis?

StuPa und AStA tagen wechselnd an beiden Standorten. Meine Liste auch. An beiden Standorten gibt es unterschiedliche Voraussetzungen. Essen ist in vielen Punkten besser dran. Dort gibt es zum Beispiel eine gute Mensa. Die in Duisburg ist eher unterdurchschnittlich. Zudem gibt es in Essen eine große Campuswiese, während in Duisburg ein großer Treffpunkt für die Studis fehlt. Das kulturelle Angebot dort ist insgesamt deutlich weniger ausgeprägt. Dennoch ticken die Studierenden an beiden Standorten nicht komplett verschieden.

Welche Themen beschäftigen das Studierendenparlament denn aktuell?

Mit Blick auf die Landtagswahl beraten wir über Protestaktionen gegen Studiengebühren. Fragen zu Gleichstellung, Aktionen gegen Rassismus und Finanzen sind die Dauerbrenner.

Zum Abschluss eine persönliche Frage: Warum lohnt sich ein ehrenamtliches Engagement in der Hochschulpolitik?

Ich bin ein sehr politischer Mensch. Ich freue mich, dass ich in der Hochschulpolitik Menschen habe, die ähnliche politische Ansichten haben. So entwickelt sich meine Identität. Außerdem bekommt man zahlreiche neue soziale Kontakte.

Beitragsbild: Universität Duisburg-Essen, Campus Essen

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