Duell am Donnerstag: GNTM – Gute Unterhaltung oder Fremdschämen pur?

 

Duell-Laura-Valerie

In der elften Staffel von „Germany’s Next Topmodel“  suchen Heidi Klum und ihre beiden Jury-Kollegen mal wieder nach „dem einen“ Model. Für Laura Baer eine entspannende Routine am Donnerstagabend, für Valerie Becker das pure Fremdschämen.

„Mailand, Lanzarote, Fuerteventura und dann LA  da träumt doch jedes Mädchen von“,

sagt Laura Baer.

Bei Germany’s Next Topmodel kann man jeden Donnerstagabend einfach mal abschalten und mit Heidi und ihren „Määäädels“ in die schillernde Modewelt abtauchen. High Heels, Make-up-Tipps von Boris Entrup und tolle Kleider: Das sind für meine Mädels und mich schon seit elf Jahren die Gründe, um donnerstagabends einen allwöchentlichen Couchabend zu veranstalten. Vor allem seitdem wir alle studieren und uns nicht mehr so regelmäßig sehen, ist es schön, so eine Tradition zu haben. Endlich mal wieder mit den Mädels quatschen, das Verhalten der Kandidatinnen analysieren und schadenfroh feststellen, dass man nicht auf jede Kalorie achten muss: Bei uns ist es ein Muss, dass jeder was zum Naschen mitbringt.

Ja, man kann schon sagen, das donnerstägliche GNTM-Rudelgucken ist pünktlich zum Semesterende eine Flucht aus dem Alltag. Zwischen Referaten, Klausurenstress und Hausarbeiten tut es einfach mal gut, so etwas komplett realitätsfernes wie Germany’s Next Topmodel zu schauen. Für mich und meine Mädels geht es gar nicht mal darum, mitzufiebern wer das nächste Topmodel wird. Sondern eher zu beobachten, wie die Kandidatinnen selbst aus dem Alltag gerissen werden und eine Reise beginnen. Wenn man selbst gerade nur bei schlechtem Wetter vor dem Schreibtisch sitzt und lernt, ist es schön zu sehen, wie die Kandidatinnen direkt nach den Castings zu traumhaften Orten wie Mailand, Lanzarote und Fuerteventura aufbrechen. Ob bei Sonne, Strand und Meer oder in riesigen Modemetropolen – die Kandidatinnen bekommen Eindrücke geboten, die sich für viele 16-Jährige wahrscheinlich zu unerreichbaren Traumvorstellungen gehören. Neben der Inszenierung einer perfekten Modelwelt spielt natürlich auch das Kommentieren der Zickereien bei unseren Mädelsabenden eine große Rolle.

Der alljährliche Model-Spaß hat mir nicht geschadet

Meiner Meinung nach polarisiert die Sendung durch viele Elemente – durch eine prominente Jury, ein seit elf Jahren bewährtes Konzept und witzige Laufstegtrainer. Germany’s Next Topmodel begleitet meine Mädels und mich schon, seit wir uns in der fünften Klasse kennengelernt haben – und geschadet hat es uns nicht, dass wir uns den Model-Spaß jedes Jahr aufs Neue gönnen. Keiner von uns hat eine Essstörung entwickelt oder sich die teilweise klapperdürren Kandidatinnen zum Vorbild genommen.  Ich finde, dass es entscheidend ist, die Sendung zu reflektieren und sie nicht für bare Münze zu nehmen: Sei es, indem man mit den Freundinnen plaudert oder durch kritische Gesprächen mit den Kommilitonen.

Letztendlich war und ist Germany’s Next Topmodel für mich nicht mehr als ein Unterhaltungsformat, das wie für Mädelsabende gemacht ist: Abschalten, dem Alltag entkommen und jede Woche einen entspannten Fernsehabend – das sind für mich Gründe, um mich jedes Jahr wieder auf Heidi und ihre „Määäädels“ zu freuen.

 

„Go Sees, Castings, Fashion Shows am laufenden Band – das glauben die doch selbst nicht mehr“,

sagt Valerie Becker.

Ein direktes Ticket zu RTL ins Dschungelcamp – mehr ist Germany’s Next Topmodel für mich nicht. Und wenn sich die Kandidatinnen mal gar nicht so doof angestellt haben, gibt es das „VIP-Ticket“ zu Let’s Dance. Aber mit Modeln hat das nicht mehr viel zu tun. Mal Hand aufs Herz: Wie realistisch ist Germany’s Next Topmodel wirklich? Welches Model kommt schon nach einem einzigen Casting auf den Runway in New York? Das liegt einzig und allein an den Spendierhosen von ProSieben, aber mit einem echten Modelleben hat der Alltag der Kandidatinnen nichts zu tun. Den „Määääädels“ wird vorgegaukelt, dass sie sich ihren großen Traum vom Topmodel erfüllen können – aber mehr als ein nettes Foto auf der Cosmopolitan, ein schicker Opel Adam und eine abgebrochene Ausbildung oder ein abgebrochenes Studium bleiben von diesem Traum nicht übrig.

Gut, da nun einmal am Freitagmorgen in der Uni heiß über die Castingshow diskutiert wird, gebe ich zu, habe ich mir die zwei Stunden Fremdschämen angetan. Fazit: Ich kann den Hype einfach nicht begreifen. Wie 16-Jährige Kinder sich an den Fernsehsender verkaufen, sich von der Jury wie Vieh vorführen lassen und von den Eltern am Laufsteg noch bejubelt werden. Wie Heidi letzte Woche schon verkündet hat, darf man schon stolz sein, wenn man es von dem Job einer Kassiererin auf den Laufsteg von ProSieben geschafft hat. Sollte einen das wirklich mit Stolz erfüllen, wenn man beim Express-Yourself-Walk vor der Jury und den Millionen Zuschauern vor den Fernsehern (als 16 Jährige!) zeigen „darf“, wer man wirklich ist – also ich wusste mit 16 noch nicht, wer ich wirklich bin, und ich bin auch der Meinung, dass Germany’s Next Topmodel nicht der richtige Ort ist, um das herauszufinden.

Die Luft ist raus.

Was ich versucht habe herauszufinden: Was Germany’s next Topmodel besonders macht. Wie es das Format schafft, sich jedes Jahr wieder mehrere Wochen über Wasser zu halten – es ist doch nun wirklich immer dasselbe: Die Bewerberinnen werden bei Castings auf eine kleine Menge begrenzt und dann geht die „tolle“ Reise los. Die Mädels machen Fotoshootings, bekommen ihre Modelmappe und wer gut ist, darf mit Herrn Hayo und Heidi um die Welt reisen, während die anderen in der Modelvilla den perfekten Run auf dem Catwalk büffeln müssen.

Fest steht: Die Quoten werden von Jahr zu Jahr schlechter – und ich denke genau aus diesem Grund: Aus dem Konzept ist die Luft raus. Da hilft es auch nicht, jedes Jahr einen neuen Juror zu engagieren, der gefeuert wird, sobald er Heidi die Show stiehlt. Oder dieses Jahr mal etwas ganz Innovatives einzuführen: Die Kandidatinnen werden in Teams den Juroren zugeteilt. Naja, ganz so neu ist das nicht, sondern eher eine schlechte Kopie von der Castingshow „The Voice“. Das einzige, was sich von Jahr zu Jahr ändert, ist wohl Heidi Klums Figur: So ist die „Modelmama“ mit Vorbildfunktion jedes Jahr dürrer und zeigt den jungen Mädchen vor den Fernsehern eine abgemagerte Definition von Schönheit.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich den Donnerstagabend auf ProSieben die nächsten Wochen wohl meiden werde. Ein Castingformat, welches den Zuschauern jedes Jahr aufs Neue ein falsches Bild von Realität vorgaukelt und dabei noch kein erfolgreiches Model hervorgebracht hat, ist meiner Meinung nach der falsche Weg, ein Topmodel zu werden. Zusätzlich vermittelt es mit der abgemagerten Heidi und viel zu dünnen Kandidatinnen eine komplett falsche Definition von Schönheit und Gesundheit – und nutzt damit den Einfluss, den die Sendung auf ihre hauptsächlich pubertierenden Zuschauerinnen hat, auf falsche Art und Weise. Da hilft es auch nicht sich ab und an vor laufender Kamera einen Burger zu gönnen, Heidi.

 

das-duell-feederFoto: stockxchng/bizior, S. Hofschlaeger/pixelio.de 
Teaserfoto: w.r.wagner  / pixelio.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert