Karten-Chaos: Was können die Unicards?

Eine Unicard, die alles kann? Von wegen. Darauf warten die Dortmunder Studenten bisher vergeblich. An RUB und UDE geht da schon mehr. Die pflichtlektüre-Autorinnen Melanie Meyer und Elisabeth Thobe haben verglichen.

Verschiedene Ausweise und Karten liegen nebeneinander.

In Dortmund fällt bei all den Ausweisen und Karten fürs Studium der Überblick schwer. Foto: Tschermack/ Maack

Miryam Nadkarni ist genervt. Das Portemonnaie der 21-jährigen Studentin ist prall gefüllt. Nicht mit Geldscheinen, sondern mit Karten, die sie für ihr Studium braucht: eine Unicard, ein Ausweis für die Bibliothek der TU und ein Semesterticket aus Papier. Doch damit nicht genug, denn Miryam studiert im Nebenfach Geschichte an der RUB. Also kommen dazu: ein Gastausweis für die Bib und eine Kopierkarte. Nicht nur Miryam wünscht sich eine Karte, die an allen Ruhr-Unis alles kann.

Ein Ausweis, mit dem wir in Dortmund mensen, in Bochum in die Bib gehen und dazwischen Bahn fahren können: Das wär‘s. Doch viele Studenten wären schon zufrieden, wenn die Unicard der TU wenigstens an ihrer eigenen Hochschule ein bisschen was könnte. „Mit dem Ding kann ich fast nichts anfangen“, ärgert sich Miryam. Seit zwei Jahren gibt es die Unicard, seitdem taugt sie als Kopierkarte und seit diesem Semester als Bibliotheksausweis.

„Meine Karte ist mein Mädchen für alles“

An der Uni Duisburg-Essen können die Studenten mit ihrer Unicard Bahn fahren, kopieren, Bücher ausleihen und in der Mensa zahlen. Auch in Bochum: Karte an den Kassen abgegeben, fertig. Die Studenten freut’s: „Meine Karte ist mein Mädchen für alles“, sagt hier etwa Julia Altmüller (21). Warum bekommen die Dortmunder das nicht hin?

Klar ist: Theoretisch müsste auch die  TU-Unicard alles können. Denn technisch gesehen können die Karten dasselbe: Neben dem sichtbaren, goldenen Chip, der Daten wie Name und Studiengang speichert, läuft noch ein unsichtbarer Chip um die Karte. Er ermöglicht zum Beispiel das bargeldlose Zahlen.

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Klarer Gewinner: Die Unicard in Bochum ist multifunktionaler als die Karten der anderen Hochschulen. Grafik: Mats Schönauer

Was läuft also schief? Stichwort Bibliotheksausleihe: Nach langer Wartezeit können die Studenten nun seit Ende August den Bibliotheksausweis gegen die Unicard tauschen. Die Freischaltung erfolgt über das Internetportal der Uni. Der alte Ausweis muss nach der Umstellung in der Zentralbibliothek abgegeben werden. Bis Dezember wird das nun getestet – danach soll noch eine Verbesserung erfolgen. Ärgerlich: Schon zu Ostern sollte es soweit sein, doch damals verhinderte ein Softwarefehler die Umstellung.

In Dortmund könnte es Ende 2011 eine neue Karte geben

Die nächste Baustelle an der TU: das Bezahlen in der Mensa. Hier hat die TU einen folgenreichen Fehler gemacht. Laut Christof Pohl, der am IT- und Medien-Centrum für die Karte zuständig ist, lag das Problem im Ausschreibungsverfahren für die neue Software. „Nachdem wir uns für den billigsten Anbieter entschieden haben, hat der andere wegen eines Verfahrensfehlers geklagt. Da hat die Uni die Ausschreibung zurückgezogen“, sagt er. Nun stockt die Entwicklung. „Wir sind weiterhin darum bemüht, schnellstmöglich die Mensa-Bezahlfunktion zu ermöglichen“, sagt Pohl. „Wenn alles klappt, sollte es zum Wintersemester 2011/12 eine neue Uni-Card geben“, so Pohl. Der Kampf um die Multifunktionalität geht also in die nächste Runde.

Foto: Tschermack/ Maack

Gibt es in Dortmund bald endlich eine Karte für alles? Foto: Tschermack/ Maack

An der Uni Duisburg-Essen ist man bereits beim nächsten Schritt. „Wir haben mit den Verkehrsbetrieben auch das NRW-Ticket auf den Studentenausweis gepackt“, sagt Ludwig Ciesielski, der zuständige Sachgebietsleiter an der UDE. Das NRW-Ticket war bisher an allen Ruhr-Unis ein lästiger Papierlappen. Ciesielski, der schon seit den 70er Jahren mit der Unicard zu tun hat, ist überzeugt, dass es nicht kompliziert ist, alles auf eine Karte zu bekommen, „wenn man es richtig macht. Doch die Philosophien der Unis waren schon immer unterschiedlich.“ In Duisburg-Essen beziehe man die Chiptechnik von den Verkehrsbetrieben, während die Dortmunder übernähmen, was in Bochum selbst entwickelt werde.

Die Studenten, die in diesem Wintersemester in Essen und Duisburg starten, wurden bereits mit den neuen Ausweisen ausgestattet. Alle anderen können sich wohl ab Januar 2011 die neue Karte abholen. Mit der können sie dann nicht mehr nur im VRR-Bereich mit Bus und Bahn fahren, sondern in ganz NRW. Die Verkehrsbetriebe führen dafür ein neues Kartenlesesystem ein, das die Tickets kontrollieren kann. Die Entwicklung hat 230.000 Euro gekostet. 60.000 Euro davon hat die Uni gezahlt, den Rest das Land NRW.

Das System der UDE muss sich erst noch beweisen

Springen Dortmund und Bochum auf den Zug auf? In Bochum scheut man die Kosten. „Das können wir nicht stemmen, Essen ist Pilotprojekt, die kriegen viele Zuschüsse“, sagt Peter Kardell vom Studierendensekretariat Bochum. Denkbar sei eine Umstellung erst dann, wenn die Duisburg-Essener Lösung funktioniere und man die Technik einfach für die eigene Unicard übernehmen könne.

An der Uni Bochum strömen die Studis zur S-Bahn. Foto: Ramesh Kiani

Wer von der TU Dortmund an die RUB pendelt, muss neben der Unicard auch das NRW-Ticket als Papierausdruck mitführen. Foto: Ramesh Kiani

Abwarten lautet auch an der TU Dortmund die Devise. Denn auch Christof Pohl glaubt nicht an die schnelle Einführung eines NRWTickets an der TU. „Wir berücksichtigen zwar bei der Entwicklung der Technologie für die neue Uni-Card ab 2011 die Möglichkeit eines solchen Tickets, rechnen jedoch vorerst nicht mit einer Umsetzung“, sagt er. Man sei zu sehr abhängig von der Reaktion der Dortmunder Stadtwerke DSW 21 und dem VRR. Erst wenn diese das Projekt auch in Dortmund übernehmen wollen, könne man konkretere Überlegungen anstellen. Bis dahin, also in circa drei Jahren, bleibt das „Ticket to print“. „Wir wissen, dass die Studenten oft nach der Bahn-Fahr-Funktion fragen, aber momentan gibt‘s keine Lösung“, so Pohl. Die Uni-Card VRR-tauglich zu machen, stehe auch nicht zur Debatte.

Günter Neuen, der beim VRR Projektleiter für die elektronische Fahrkarte ist, ist überzeugt, dass sie „grundsätzlich an allen Unis funktionieren kann“. Studentin Miryam fände das super: „Es würde auch sicher den Zusammenhalt unter den Unis stärken.“ Doch bis es soweit ist, heißt es für die 21-Jährige: schön alle Karten einpacken. Kleiner Trost: Wenn sie mal eine verliert, ist das kein großes Problem. Vor allem im Fall der Dortmunder Unicard. Denn die kann sowieso nicht viel.

Der Text stammt aus dem Magazin „pflichtlektüre“, dass alle sechs Wochen an den Ruhr-Universitäten erscheint. Mehr Texte aus der „pflichtlektüre“ gibt’s im E-Paper zu lesen.

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