Lernen für den Wiederaufbau: Iraker zu Gast an der TU

Dass die Lage im Irak eine sehr ernste ist, darüber muss nicht diskutiert werden. Dass man gut daran tut, dieses Land bei seinem Wiederaufbau zu unterstützen, darüber muss auch nicht diskutiert werden. Das „Wie?“ ist jedoch sicherlich eine Diskussion wert. So reicht es nicht, Wiederaufbau im Sinne von „Stein auf Stein setzen“ zu betreiben. Vielmehr muss auch im Bereich der Bildungs- und Hochschulenförderung etwas getan werden.

Irakische Raumplanungsstudenten bei ihrer offiziellen Begrüßung

Irakische Raumplanungsstudenten bei ihrer offiziellen Begrüßung. Fotos: Melanie Meyer

Die TU Dortmund beteiligt sich daran, indem sie ein Projekt zur akademischen Förderung des Iraks unterstützt. Seit gestern lernen und studieren zwölf irakische Studenten für ein Jahr an der TU.

Der Hintergrund ist ein dreijähriges Projekt des Deutschen Akademischen Austauschdienstes. Ziel ist es, dass mit Hilfe von in Deutschland entwickelten Studiengängen im Irak eine deutsch-irakische Hochschule aufgebaut werden kann.

Die Fakultät Raumplanung  wurde im letzten Jahr mit dem Auftrag betraut, den Bachelor-Studiengang „Urban and Regional Planning“, der sich an dem bereits existierenden Dortmunder Modell orientiert, zu entwickeln.

Während sich dazu im letzten Jahr die Projektleiterin Prof. Christa Richter und Dipl.-Ingenieur Hasan Sinemillioglu mit irakischen Kollegen vor Ort trafen, empfingen sie gestern die ersten irakischen Studenten der Partnerunis aus Bagdad, Diyala, Dohuk und Mosul in Dortmund  – und die zeigten sich beeindruckt.

Austauschstudent Aree S.S. Sadon (19), Raumplaner aus dem Irak

Austauschstudent Aree S.S. Sadon (19) aus Dohuk freut sich auf die deutschen Parties.

„Es ist so ein schönes, grünes Land. Und Dortmund eine tolle Stadt“, sagt der 19-jährige Aree. Für die jungen Iraker ist der Trip nach Deutschland der erste Auslandsaufenthalt. Deutsch können die vier Frauen und acht Männer noch nicht, doch das lernen sie ab Montag in einem intensiven Basiskurs, bevor sie im November in das Studium der Raum- und Städteplanung einsteigen. So lange muss Englisch reichen.

Etwas nervös, aber sehr aufgeschlossen und bemüht, zeigten sich die Zwölf bei der offiziellen Begrüßung durch die Projektleiter. Etwas irritiert schauten sie, als die deutschen Kollegen nach den einzelnen Vorträgen mit dem typisch deutschen „Auf-den-Tisch-klopfen“ applaudierten. Doch schon beim nächsten Mal machten sie mit. Ein Schmunzeln über die eigenartige Sitte konnten sich die Gäste jedoch nicht verkneifen.

Und was erwarten die jungen Iraker vom Studium in Deutschland?

Austauschstudent Khalid A.H. Al Khafaji (19), Raumplaner aus dem Irak

Khalid A.H. Al Khafaji (19) aus Diyala will seinem Land beim Wiederaufbau helfen können.

„Unsere große Hoffnung ist es natürlich uns ein Wissen anzueignen, mit dem wir beim Wiederaufbau der zerstörten Teile unseres Landes helfen können“, sagt Khalid, ebenfalls 19 Jahre alt. Er will auch akademische Ziele erreichen. „Wir haben im Irak keinen solchen Studiengang. Es wäre gut, wenn wir dazu beitragen, dort auch so einen zu entwickeln“, sagt Aree und Khalid ergänzt: „Wenn ich ehrlich bin: Gebe es das im Irak, hätte ich auch dort studiert, auch wenn ich selbst gerne reise.“

Generell zeigen sich die Studenten aus dem krisengeschüttelten Land sehr froh diese Chance zu bekommen. „Ich bin so dankbar und glücklich“, sagt der 21-jährige Ahmed, „vor allem weil alle hier so freundlich und hilfsbereit sind.“ „Es war immer mein Traum und nun konnte ich ihn verwirklichen“, sagt die 19-jährige Marwa.

Doch die Iraker wollen sich nicht nur akademisch weiterbilden und dadurch später ihrem Land helfen.  Sie möchten auch die deutsche Kultur kennen lernen. „Ich kenne schon ‚Guten Morgen‘ und ‚Gute Nacht'“, sagt Aree. Und ein anderer ergänzt breit grinsend: „Guten Appetit.“

Austauschstudentin Marwa S.H. Al-Obaidi (19), Raumplanerin aus dem Irak

Studentin Marwa S.H. Al-Obaidi (19) aus Diyala freut sich über die große Chance und Hilfe vor Ort.

Feiern mit den deutschen Studenten wollen sie natürlich – trotz einiger Einschränkungen aufgrund ihres Glaubens oder Kultur – auch. „Wir zeigen ihnen dann, wie wir bei uns tanzen“, sagt Aree mit einem Augenzwinkern.

Mit Begeisterung und Elan stürzen sich die Zwölf also in das einjährige Abenteuer „Studieren in Deutschland“ – und das während der WM. Aree gibt einen Tipp ab, wer Weltmeister wird:  „Hier bin ich natürlich für Deutschland, aber eigentlich ist Argentinien meine Lieblingsmannschaft“, sagt er.

…das Projekt beim Deutschen Akademischen Austauschdienst

…die Raumplaner

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