Gibt es den Heimvorteil wirklich? Teil II

Schon gestern ging es an dieser Stelle darum, ob es im Fußball einen wissenschaftlich nachweisbaren Heimvorteil gibt. Zur abschließenden Beantwortung der Frage stellt pflichtlektuere.com heute zwei weitere Studien zu diesem Thema vor.

Eva Heinrichs für die TU Dortmund: Ja, aber…

Weniger Arbeit für Schiedsrichterlungen: Seit Anfang der 90er Jahre fallen immer weniger Tore. Foto: Jonathan Focke

Weniger Arbeit für Schiedsrichterlungen: Seit Anfang der 90er Jahre fallen immer weniger Tore. Foto: Jonathan Focke

Bis 1988 ist der Heimvorteil zumindest statistisch nachweisbar: In der ersten Bundesliga haben die Heimmannschaften bis zur Saison 1987/1988 nämlich 55,8 Prozent aller Spiele gewonnen. Diese Zahl sinkt bis zur Saison 2006/2007 auf nur noch 43,8 Prozent. Ähnliche Tendenzen zeigen sich auch in der zweiten Bundesliga sowie im europäischen Ausland. Eva Heinrichs, Diplom-Statistikerin der TU Dortmund, hat diese Daten für ihre Abschlussarbeit gesammelt und ausgewertet. Sie kommt zu dem Schluss, dass seit Anfang der 90er Jahre generell weniger Tore gefallen sind. Dabei sei die Zahl der Auswärtstore allerdings annähernd konstant geblieben, die Heimmannschaften hätten jedoch weniger Tore geschossen als zuvor. Entsprechend sei die Zahl der Spiele, die unentschieden oder mit einem Sieg der Auswärtsmannschaft endeten, gestiegen. Die Hausherren seien häufiger als Verlierer vom Platz gegangen.

Daniel Memmert und Christian Unkelbach für die Deutsche Sporthochschule Köln und die Uni Heidelberg: Ja doch!

Der Lärm im Stadion wirkt sich auf die Zahl der gelben Karten aus. Foto: Lukas Schürmann

Der Lärm im Stadion wirkt sich auf die Zahl der gelben Karten aus. Foto: Lukas Schürmann

Prof. Dr. Daniel Memmert (Deutsche Sporthochschule Köln) und Dr. Christian Unkelbach (Universität Heidelberg) haben über 1500 Bundesligaspielen hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Publikumslärm (statistisch als prozentuale Auslastung der Zuschauerkapazität in Verbindung mit der Stadionbauweise) und der Zahl der gelben Karten analysiert. Ihr Ergebnis: Je lauter das Publikum im Stadion ist, umso häufiger wird einem Spieler der Auswärtsmannschaft eine gelbe Karte gezeigt. Dies konnten die Forscher auch mithilfe einer Studie mit 20 Schiedsrichtern nachweisen, denen insgesamt 56 Foul-Szenen mit mehr oder weniger stark ausgeprägtem Zuschauerlärm vorgestellt wurden. Die nachfolgende Bewertung der Fouls ergab, dass Schiedsrichter bei hohem Lärmpegel häufiger gelbe Karten zeigen. Memmert und Unkelbach vermuten, dass Schiedsrichter den Lärm des Publikums unbewusst als Hinweis auf die Schwere eines Fouls nutzen.

Fazit Irgendwie scheint es also wirklich sowas wie einen Heimvorteil zu geben – aber nur, wenn es das Stadion zulässt, wenn der Schiri sich vom Geschrei beeinflussen lässt und wenn es nicht bloß auf Heimrecht im Rückspiel bezogen ist – und generell nicht mehr so doll wie früher. Aha.

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