Homophobie? Voll schwul!

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„Guck mal, die Schwuchtel!“ Als Vollzeit-Homo weiß ich, wie es ist, ständig anders sein zu müssen, weil andere mich anders sein lassen. Mein Kommentar zum Internationalen Tag gegen Homophobie.

Das Wort „Die Schwuchtel“ zum Beispiel wird gerne als despektierliches Synonym für einen männlichen Homosexuellen verwendet. Jedoch ist alleine der Artikel „die“ irgendwie falsch. Man könnte auch sagen: irgendwie „gay“. Ursprünglich bedeutete „gay“ aus dem Amerikanischen übersetzt so viel wie „fröhlich“. Dann kamen die „Homos“ und haben dieses schöne Wort für sich eingenommen.

„Nicht mit uns“, dachten sich revolutionäre Wortpiraten und kaperten das „Gay“-Schiff erneut. Seither dient es, vor allem in der jungen Generation, als Ausdruck für etwas Komisches, Schlimmes oder Beschissenes. Ich gucke an mir herunter: Nein, vor allem letzteres trifft schon seit ungefähr 19 Jahren nicht mehr auf mich zu.

Diese Erkenntnis verfestigt jedoch meine Frage: Was macht uns dann so anders als die anderen?

In meinem näheren Umfeld umgebe ich mich, natürlich, ausschließlich mit Menschen, die nichts an meiner sexuellen Orientierung auszusetzen haben. Doch auch da treten immer wieder Situationen auf, in denen ich teilweise einen liebevollen, sanften Stich in meinem Herzen spüre. Seit meinem Outing gehören Sätze wie „Seit wann bist du eigentlich schwul?“, „Bist du der Mann oder die Frau in der Beziehung?“ oder „Ich kenne auch einen Schwulen, ihr solltet euch mal kennenlernen“ zu jedem guten Partygespräch dazu. Ich weiß – die meisten von ihnen meinen es nicht böse. Trotzdem scheint es eine verbreitete Neugier zu geben, die einem Betroffenen immer wieder vor Augen führen, dass man anders ist.

Auch in den Top Ten der beliebtesten Partyfragen an Homosexuelle: „Was haben deine Eltern eigentlich zu deinem Outing gesagt?“ Obwohl, diese Frage ist mir eigentlich ganz lieb, denn mit ihrer Beantwortung kann ich jedes Mal aufs Neue herausposaunen, wie amerikanisch „gay“ meine Eltern sind: „Solange du abends wohlbehalten in deinem Bett liegst, sind wir glücklich.“ Hach, ich liebe meine Eltern.

Ich weiß, dass nicht jeder das Glück hat, in einer so liebevollen Familie aufzuwachsen. Aber jeder hat die Chance, an der Situation etwas zu ändern.

Der „Internationale Tag gegen Homophobie“ eignet sich besonders gut, um damit anzufangen. Zum elften Mal versammeln sich in diesem Jahr weltweit Menschen, um ein Zeichen für Normalität zu setzen. Denn Homophobie schlägt ihre Wurzeln in eben diesen Partyfragen, in misstrauischen Blicken auf der Straße und sie endet in herabwürdigenden Extremen wie Beschimpfungen oder Handgreiflichkeiten.

Als 2012 der Dortmunder Tatort mit „Alter Ego“ Premiere feierte, spielte sich damals ein Schauspieler, der einen älteren Taubenzüchter darstellte, in mein Herz. Der Sohn des Mannes war in der Dortmunder Schwulen-Szene unterwegs und wurde ermordet. Die Nachbarn lehnten sich gegen den Taubenzüchter. Nach dem Tod seines Sohnes sprach er diesen Text: „Warum können die Leute einen nicht in Ruhe lassen, nur weil man ein bisschen anders ist. Ich hab doch auch nichts dagegen, wenn die alle gleich sind.“

So, oder so ähnlich könnte man es auch sagen. Normal ist relativ, aber anders bleibt dann doch irgendwie anders.

Beitragsbild: Lara Dengs  / pixelio.de