Experiment im Kinosessel

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Dicke Bücher belasten den Rücken, im Kino zahlt man für Überlänge drauf. Zeit ist Geld – im wahrsten Sinne. Wofür also die knappe Freizeit verwenden? Wir lesen, spielen und schauen für euch – nach zwei Stunden hören wir auf. Entweder, weil wir fertig sind oder weil die Zeit um ist. Heute sind wir bei den Kurzfilmtagen in Oberhausen. Der Wecker ist gestellt, los geht’s:

Schnelldurchlauf

Normales Kino kann ja jeder, dachte ich mir, also fuhr ich zu den 62. Internationalen Kurzfilmtagen in Oberhausen. Ich hatte davon im Internet gelesen und war neugierig: Was genau unterscheidet einen Kurzfilm von einem „normalen“ Kinofilm? Einfach nur die Länge oder ist da noch mehr?

Also auf in den Bus, als arme Studentin ist ein eigenes Auto eher Wunschtraum und ab nach Oberhausen! Dort angekommen werde ich direkt von den vielen Menschen vor der Lichtburg überrascht. So viele interessieren sich für Kurzfilme? Und dann auch noch aus so weit entfernten Ländern, wie China, Argentinien oder Vietnam? Kann ja nicht so schlecht sein.

Die Lichtburg in Oberhausen.

Die Lichtburg in Oberhausen.

Ich hole mir eine Karte für eine Vorstellung des internationalen Wettbewerbs und warte darauf, dass es losgeht. Kurze Zeit später heißt es dann auch schon: Vorhang auf!

Zwei Stunden später komme ich überwältigt von vielen neuen Eindrücken aus dem Kinosaal. Das war eindeutig anders, als ich mir das vorgestellt hatte.

Kurzweilig

In der Vorstellung, die ich besucht habe, liefen insgesamt sieben verschiedene Kurzfilme von Regisseuren aus aller Welt. Die längsten 20 Minuten lang, der Kürzeste dauerte nur 3 Minuten. Es würde etwas zu lange dauern, wenn ich alle Highlights nennen würde, deshalb beschränke ich mich hier auf meinen persönlichen Favoriten.

Das war der Film „Nightfall“ der thailändischen Regisseure Anocha Suwichakornpong und Tulapop Saenjaroen. Hier wurde eine namenlose Frau einen Tag lang durch Singapur begleitet. Ohne große Worte und mit echt guten Kameraeinstellungen konnten die Regisseure sogar mich, den absoluten Laien, überzeugen. Die Stimmung des Films wurde sehr gut übertragen und auch ohne Worte konnte man sich in die Protagonistin hineinversetzen. Besonders angenehm war es auch, dass dieser Film in gut verständlichen Englisch war, das war nämlich bei einigen Filmen vorher nicht so.

Langatmig

Leider fällt mir hierzu einiges mehr ein, als zu den positiven Punkten. Schon das Anstehen für die Karte hat mich einiges an Nerven gekostet. Es kann doch nicht so schwer sein eine Karte zu kaufen? Für einige Menschen offensichtlich schon.

Kaum hatte ich mich dann vom Anstehen erholt und saß gespannt im Kinosessel, wartete die nächste böse Überraschung auf mich. Der erste Film! Was genau der argentinische Regisseur Gonzalo Ergurza mir mit seinem Film „Schuld“ sagen wollte, weiß ich nicht genau. Im Programm steht etwas von einer gewaltsamen Phase der argentinischen Diktatur und einem jungen Aktivistenpaar, das nach Europa flieht. Es wurden viele Bilder gezeigt die offensichtlich die Lage dieses Paares verdeutlichen sollten und einen Zusammenhang zum thema „Schuld“ herstellen sollten. Ob das stimmt, kann ich nicht genau sagen, dazu ist mein Spanisch zu schlecht. Eins weiß ich allerdings ganz sicher: Dieser Film ist „schuld“ daran, dass mir 20 Minuten Kurzfilm länger vorkommen als einmal „Titanic“ schauen. Und der dauert ja bekanntlich 3 Stunden.

Momentaufnahme

Als ich gehört habe, dass einer der Filme in 3D ist, fand ich das schon ziemlich cool. Dass ich damit nicht alleine war, haben mir ein paar ältere Herren in der Reihe hinter mir bewiesen. Wie kleine Kinder freuten sie sich über die 3D-Brillen. Selbstverständlich, dass davon schnell ein Foto her musste. Da es mit dem Selfie nicht ganz so klappen wollte, wurde halt die „Young Lady“ in der Reihe vor ihnen gefragt, ob sie ein Foto machen würde. In diesem Fall war ich die „Young Lady“.

Gerne habe ich die fünf Herren fotografiert und geschmunzelt, als der eine meinte: „Das poste ich gleich auf Facebook!“ Ich fand es einfach schön, dass auch der Kurzfilm so viele Menschen, egal ob jung oder alt, verbinden kann. Die Erinnerung an diese Fünf hat auch meine eigene Meinung zum Thema Kurzfilm wieder etwas verbessert.

Zeit um

Als der Vorhang im wahrsten Sinne des Wortes fiel und die zwei Stunden um waren, war ich zugegebenermaßen ziemlich froh. Auch wenn es ein oder zwei Filme gab, die mich echt überzeugt haben, Kurzfilme sind nichts für mich. Das weiß ich nach diesen zwei Stunden ganz sicher.

Anders als ich es erwartete hatte, sind Kurzfilme nämlich nicht nur kurze Filme. Sie sind vielmehr eine Kunstform, deren Sinn sich nur wirklichen Kennern erschließt. Wer zu diesen Kennern zählt, dem hätte diese Vorstellung sicher gefallen. Wer wie ich nur ein Laie ist, dem würde ich davon abraten jemals einen Kurzfilm zu schauen. Denn dann können dir zwei Stunden länger vorkommen, als jeder andere doppelt so lange Film.

Beitragsbild: Nina Louwen

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