Tag 1 – Die Steuerung und ich

Eine Woche lang acht Stunden täglich Videospiele spielen. Von morgens neun bis abends 18 Uhr. Das ziehe ich in dieser Woche durch. Wie wird es mir gehen? Wird es irgendwann noch Spaß machen? Werde ich die Lust am Spielen am Ende der Woche völlig verloren haben?

Zocker-gross

Pünktlich um neun Uhr starte ich die Playstation. Mein erstes Spiel heißt The Last of Us und zählt zu den besten Spielen 2013. Doch statt Zombieaction zu bekommen, werde ich erst einmal überrascht: Das Spiel startet mit sanften Gitarrenklängen und einem alleinerziehenden Familienvater und dessen Tochter. In der Haut von Vater Joel lerne ich die Steuerung kennen und erlebe den ersten Zombieansturm zehn Minuten nach Spielbeginn, in dem Joels Tochter stirbt. Und dann finde ich mich plötzlich 20 Jahre später im postapokalyptischen Amerika wieder.

Eine Stunde nach Spielbeginn habe ich Steuerung allerdings immer noch nicht so drin: oft vergesse ich, in Deckung zugehen, wenn ich rennen will, ziehe ich die Waffe und in hektischen Situationen kann ich die Kamera einfach nicht bändigen. Das bringt mir auch meinen ersten Bildschirmtod anderthalb Stunden nach Beginn ein: wie ein kopfloses Huhn renne ich einfach in das Mündungsfeuer des Gegners. Toll.

Die Stoppuhr klingelt eigentlich zu früh

Die ersten beiden Stunden vergehen dennoch ziemlich schnell, ich habe nicht das Bedürfnis, auf die Uhr zu schauen. Ich bin sogar ziemlich traurig, als die Stoppuhr um 11 klingelt. Die Geschichte um Joel und das Mädchen Ellie hat da gerade erst an Fahrt aufgenommen. Noch geht es mir gut, immerhin spiele ich, wenn ich Zeit habe, auch zwei Stunden am Stück.

Spiel Nummer zwei geht es ein wenig langsamer an: Erst muss Beyond: Two Souls noch auf der Playstation installiert werden. Dann verklicke ich mich auch noch und stelle die Sprache aus Versehen auf Polnisch. In der ersten Zwischensequenz verstehe ich also nur die Untertitel.

Beyond springt in den ersten zwei Stunden bunt durch das Leben des Mädchens Jodie und des Geisterwesens Aiden, die eigentlich immer auf der Flucht vor der Polizei sind. Ich steuere sowohl Jodie, kann aber auch jederzeit zu Aiden wechseln und so unsichtbar die Umgebung manipulieren. Allerdings: für ein Geisterwesen steuert sich dieser Aiden eher wie ein Bus. In meinem ersten Versuch, ihn zu kontrollieren, fliege ich mich gleich in der Wand fest.

Zusammenhanglose Puzzlestücke der Vergangenheit

Eigentlich ist das Spiel eher ein Kinofilm, an dem man an gewissen Punkten mit seinen Entscheidungen den Spielverlauf beeinflussen kann. Ich beschließe also, Jodie auf einer Party einen schönen Abend verleben zu lassen, obwohl klar ist, dass alles schief gehen wird. Dann werde ich vor die Entscheidung gestellt: Rache an den Teenagern, die Jodie in die Besenkammer gesperrt haben, oder nicht? Ich benutze Aidens ganze Kraft, um den Teenies einen Schrecken einzujagen – dann aber klicke ich den Messerblock an und ramme einem Jungen ein Messer in die Schulter. Ich bin geschockt. Das wollte ich nicht! Trotzdem, so richtig werde ich mit „Beyond“ noch nicht warm. Die zusammenhangslosen Puzzlestücke aus Jodies Vergangenheit reißen mich immer wieder aus der Geschichte.

Nach der Mittagspause wage ich mich an einen Klassiker: ICO, das eigentlich schon für die Playstation 2 herausgekommen ist. Sein Alter merkt man dem Rätselspiel an: Es gibt kein Tutorial, keine Anleitung im Spiel. Beim ersten Hebel hämmere ich wie wild auf die Tasten, bis der kleine Junge, den ich steuere, endlich an ihm zieht. Die Geschichte ist einfach. Ein Junge mit Hörnern wird in eine Burg gesperrt, wo er ein Mädchen findet, mit dem er sich nicht verständigen kann. Beide haben nur ein Ziel: Raus hier.

Das Mädchen Yorda muss ich mittels R1-Taste die ganze Zeit an der Hand halten, damit sie nicht von Schattenkreaturen entführt wird – das bedeutet Game Over. Die Steuerung ist auch hier wieder mein Tod. An einer Kante hängend verwechsle ich die Tasten und stürze in den Abgrund. Fünf Minuten später darauf ereilt mich der zweite Tod aus demselben Grund. Erster Frust kommt auf. Nach sechs Stunden merke ich, dass ich gerne mal wieder etwas anderes tun würde, als hier zu sitzen und zu spielen. Lesen zum Beispiel. Oder vor die Tür gehen. Geht aber nicht.

Die letzte halbe Stunde wird zur Qual

Ein Spiel habe ich für heute nämlich noch vor mir: Darksiders 2. Ich spiele den apokalyptischen Reiter Tod auf der Suche nach Vergebung für seinen Bruder Krieg. Mit der Story ist es nicht weit her, mit dem geistigen Anspruch auch nicht – genau das richtige für mein schon leicht getrübtes Hirn. Doch gleich am zweiten Hindernis scheitere ich wieder und wieder. Es ist – genau – die Steuerung, die mir wieder einmal zu schaffen macht. Noch kann ich es mit Humor nehmen. Das ändert sich eine Stunde später, meine Geduld ist am Ende und meine Lust auch. Ich habe schon länger keinen Spaß mehr und hoffe nur, dass die Zeit schnell abläuft.

Die letzte halbe Stunde wird zur Qual, als ich wieder und wieder in die Lava stürze, weil die schwammige Steuerung Tod immer wieder in die falsche Richtung springen lässt. Meine Ungeduld tut ihr Übriges und ich habe keine Lust mehr, darauf zu warten, dass sich der Charakter in die richtige Position gebracht hat. Dazu kommt, dass das Spiel mich nicht herausfordert. Ich tippe auf die beiden Schlagtasten und weiche dann und wann aus – schwer ist das nicht. Nie ist Tod wirklich in Gefahr. Als die Stoppuhr das Ende des Tages verkündet, bin ich schon ziemlich froh. Zeit, meinen Rücken zu entlasten, in dem es schon ein bisschen kribbelt.

 

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