Tagtäglich werden wir von Dating-Angeboten im Internet oder im Fernsehen überhäuft. Online-Dating Portale boomen nun schon seit einiger Zeit. Was macht den Reiz an diesem Format aus? Andererseits hegen viele Menschen eine Abneigung gegen diese Art der Partnersuche. Vereinfacht das Internet tatsächlich den Weg zum Liebesglück? Wir haben zwei unterschiedliche Meinungen von den Pflichtlektüre-Autoren Hendrik Pfeiffer und Lisa Schmidla eingefangen.
„Völlig zeitgemäß“, findet Hendrik Pfeiffer:
Wir leben in einer Zeit, in der sich ein großer Teil des sozialen Lebens ins Internet verlagert. Warum? Weil es einfacher, effizienter und praktischer ist. Daher ist es doch nur logisch, dass die Menschen zunehmend im Netz auf Partnersuche gehen. Nirgendwo sonst hat man Zugriff auf eine solch hohe Bandbreite an flirtwilligen Menschen als im Internet. Und es kommt noch besser: Durch Suchfilter lassen sich alle Nutzer, die nicht den eigenen Vorlieben entsprechen, herausfiltern. Die potenziellen Partner sind also genau auf den Nutzer zugeschnitten und man ist nicht auf den Zufall angewiesen. Wie hoch ist schon die Wahrscheinlichkeit, dass der Traumpartner genau am selben Abend in der selben Disko unterwegs ist?
Flirten zu jeder Zeit
Da die angemeldeten Personen in der Regel ebenfalls einen Flirt oder eine Beziehung suchen, ist es noch einfacher, den Kontakt zu knüpfen. Während im echten Leben dutzende Fettnäpfchen lauern, sind die Fronten bei einer OnlineSinglebörse schnell geklärt: Wer hier angemeldet ist, ist in der Regel auf Partnersuche. Eine Suche, die sich nun nicht mehr auf Freitag und Samstagabende im Club beschränkt, sondern auch ganz bequem im Zug auf dem Weg zur Arbeit betrieben werden kann. DatingApps sind rund um die Uhr verfügbar und gerade für vielbeschäftigte Menschen ein Segen.
Alternative zum „Haifischbecken“ Disko
Beim Dating im Internet gleichen sich außerdem die Chancen für zurückhaltende Menschen denen der extrovertierten Leute an. Während in öffentlichen Diskotheken meistens die offensiven Charaktere zum Zug kommen, ist es im Netz deutlich einfacher, sein Gegenüber „abzutasten“. Über die Textnachrichten bekommt man schnell ein erstes Bild von der anderen Person und kann Anknüpfungspunkte für das Gespräch beim persönlichen Treffen finden. Für schüchterne Menschen ist das OnlineDating eine einmalige Hilfestellung, die früheren Generationen nicht zu Verfügung stand.
Erfolg gibt dem Online-Dating Recht
Auch wenn die Partnersuche im Netz in einigen Kreisen noch als verpönt gilt, geht der Trend klar dorthin. So konnte zum Beispiel die deutsche Flirtapp Lovoo ihre Nutzerzahl von Dezember 2012 bis Mai 2015 ver28fachen und hat mittlerweile schon über 30 Millionen Nutzer. Angesichts einer solchen Entwicklung kann man dem OnlineDating eine gewisse Faszination wohl kaum absprechen. Das Prinzip scheint sich zu bewähren.
Vorlieben werden berücksichtigt
Außerdem gilt: Es ist für fast jeden etwas dabei. Die meisten DatingApps sprechen eine bestimmte Zielgruppe an und passen sich deren Ansprüchen an. Während Apps wie Elitepartner eher Seriosität beschwören, richten sich Tinder und Lovoo durch ihre spielerische Benutzeroberfläche an jüngere Menschen. Natürlich spielen bei den meisten Apps die Profilbilder eine große Rolle. Doch während im echten Leben praktisch immer das Aussehen den Ausschlag für eine Kontaktaufnahme gibt, existieren im Netz sogar erste Apps, die bewusst ohne Profilbilder funktionieren. Das Ziel: Die inneren Werte sollen entscheiden. Auch wenn das OnlineDating noch ein recht junges Phänomen ist, bündelt es schon jetzt die Vorteile des Internets und entwickelt sich rasant weiter. Menschen auf Partnersuche können davon nur profitieren.
„Eine regelrechte Sucht“, findet Lisa Schilda
Der Reiz der unproblematischen und vor allem schnellen Partnersuche ist bei dem vielfältigen Angebot im Netz groß. Elitepartner.de, Friendscout24.de, finya.de, um nur einige wenige Adressen im Netz zu nennen. Menschen verbringen so viel Zeit mit ihren Smartphones, Tablets oder Pc’s wie nie zuvor. Warum dann auch nicht den Partner online einkaufen?
Mehr Schein als Sein
Online-Dating Portale sind das ideale Terrain für Stubenhocker und Einsiedler. Sehr schnell kann aus dem Gesuche eine regelrechte Sucht entstehen. Das Leben in der Digitalität scheint kein Ende zu finden. Aber wie schnell gaukel ich mir etwas vor? Oder schlimmer noch: Wie schnell wird man vom virtuellen Gegenüber durchgereicht? Nicht auszudenken, wenn man wochenlang oder gar monatelang in eine virtuelle Beziehung investiert und sich am Ende alles anders herausstellt, als man denkt. Vor diesem Desaster ist wohl keiner gefeit , es sei denn, man begibt sich erst gar nicht in dieses Terrain.
Das erste Date lässt oft tief blicken
Dieser Trend geht in die völlig falsche Richtung. Die Partnersuche ist für eigentlich jeden etwas total Aufregendes und Schönes. Der erste Blickkontakt in der U-Bahn, das kribbeln vorm ersten Date, weil man so rein gar nichts vom gegenüber weiß. Das birgt dann eventuell ein paar Risiken, macht es aber dafür umso spannender und interessanter. Zumeist geht das alles verloren, wenn man sich online seinen Partner nach ganz bestimmten Kriterien aussucht oder wenn man über Facebook schon den kompletten Lebenslauf der letzter 4 Jahre inklusive verflossenen Beziehungen herausgefunden hat. Außerdem schränkt man sich unglaublich ein, seinen Partner immer nach den gleichen Kriterien herauszupicken. Vielleicht würde ein neuer Blickwinkel in der Beziehung, sei es über ein komplett anderes Hobby oder andere Charakterzüge, die Liebe noch intensivieren? Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an. Aber diese Gegensätze schrecken in Online-Partneragenturen oft ab.
Im Netz wimmelt es von Dating-Angeboten
Singles wie auch Beziehungen gibt es wie Sand am Meer und genauso schnell, wie sie beginnen werden sie beendet. Der schnelle Nachschub aus dem Netz macht das ganze eben sehr verlockend. Der Reiz einer neuen Beziehung fällt da einfach komplett weg.
Das Spektrum der Leute, die man in lnternet Portalen kennenlernt, kann wohl keine normale Freundesliste dieser Welt toppen. Aber ist es nicht viel schöner, seinen Freundeskreis Jahr für Jahr aufzustocken, um dann vielleicht eines Tages seiner großen Liebe direkt in die Augen zu schauen, anstatt erst mal auf das aktuelle Profilbild zu starren?
Foto: stockxchng/bizior, S. Hofschlaeger/pixelio.de, Montage: B. Pietsch
Teaserfoto: flickr.com / Mike Licht