Eine Reporterin im Rausch der Sinne

Riechen, hören, fühlen, schmecken, sehen – im Phänomania Erfahrungsfeld auf dem Gelände der Zeche Zollverein in Essen soll man sich all seiner Sinne bewusst werden. pflichtlektuere-Reporterin Maren Bednarczyk wagte eine Expedition durch die Ausstellung und ging dabei ihrer eigenen Wahrnehmung auf den Grund. Sie fand schwindelerregende Geräte, hatte eine unheimliche Begegnung mit einem Fahrradschlauch und erfuhr sehr viele Weisheiten des Lebens.

Den Kopf reingesteckt und losgesummt: Beim Summloch haben eher Männer mit ihren tiefen Stimmen Vorteile. Foto: Maren Bednarczyk

Den Kopf reingesteckt und losgesummt: Beim Summloch haben Männer mit ihren tiefen Stimmen Vorteile. Foto: Maren Bednarczyk

Alfred Hagedorn ist zwar eigentlich gelernter Schreiner, aber seit 13 Jahren führt er schon die Besucher durch das Phänomania Erfahrungsfeld – und die Zeit dort scheint ihn weise gemacht zu haben: Zu fast jeder Gelegenheit kann er mit einem guten Ratschlag aufwarten. Heute empfängt er mich auf der Zeche Zollverein in der ehemaligen Schachtanlage 3710 und gibt mir sogleich einen Tipp auf den Weg: „Wir müssen uns die Dinge bewusst machen.“

Dass das gar nicht so einfach ist, merke ich bereits ziemlich früh: Das sogenannte „Summloch“ macht mir schwer zu schaffen. Eigentlich muss man nur seinen Kopf in das Loch des großen Steinkastens stecken und einen Ton summen – doch bei mir vibriert und schallt am Ende nix. Auch das Steinpendel, auf dem man eigentlich sitzen und entspannen soll, erzielt bei mir nicht den gewünschten Effekt. Mir ist einfach nur schwindelig, ich fühle mich wie nach drei Runden Kettenkarussell. Alfred Hagedorn hat auch hierfür eine Erklärung: „Die Menschen sind zwar reich an Wissen, aber arm an Weisheit!“ Naja, ich fühle mich eher so, als wäre ich arm an beidem.

Abnehmen in 3 Sekunden

Weihnachtsmarkt, Frühling und geräucherte Salami erriecht man am Duftbaum. Bei dem Geruch von Ouzo (Anis) erinnere ich mich eher an die letzte Geburtstagsparty. Foto: Alfred Hagedorn

Der Geruch von Ouzo (Anis) am Duftbaum erinnert mich an die letzte Geburtstagsparty. Foto: Alfred Hagedorn

Ich komme an einem Spiegel vorbei, der mir persönlich sehr sympathisch ist: Er macht einen nämlich in nullkommanix gertenschlank! Aber nur ein Schritt zur Seite reicht und ich befinde mich wieder auf dem Boden der Tatsachen. Egal. Ab zur nächsten Sinnes-Challenge.

Die stellt meinen Tastsinn auf die Probe: Ungefähr zwanzig offene Tonkrüge stehen hier aneinandergereiht, in die man mit geschlossenen Augen reingreifen und dessen Inhalt erraten muss. Siegessicher stecke ich meine Hand in den ersten Behälter: Igitt! Was ist das? Fühlt sich an wie Fischhaut oder so?! Letztendlich ist es aber nur ein abgeschnittener Fahrradschlauch.

Auch am großen Duftbaum erweise ich mich eher als unweise. Ich könnte schwören, dass ich Ouzo gerochen habe. Doch Alfred Hagedorn belehrt mich: „Das ist Anis!“

Ich betrete die unterste Etage und komme in den „Klangraum“. Dort stehen unter anderem Instrumente, die oft in Waldorfschulen zum Einsatz kommen: die sogenannten „Chladnischen Klangfiguren“. Das sind flache Metallplatten, auf die etwas feiner Sand gestreut wird. Streicht man mit einer Art Geigenbogen über die Kanten, sollten eigentlich tolle Muster in dem Sand entstehen. Bei Alfred Hagedorn klappt das auch super: Schöne Wellen und Kreise zieren seine Metallplatte. Meine chladnische Klangfigur beschränkt sich leider auf zwei langweilige Linien. Naja, immerhin etwas.

Discolicht durch Goethes Farbenlehre

Sieht aus wie Discopogo auf der Tanzfläche, zeigt aber eigentlich ein Phänomen aus Goethes Farbenlehre. Mein Schattenspiel im Lichtraum. Foto: Maren Bednarczyk.

Sieht aus wie Discopogo auf der Tanzfläche, zeigt aber eigentlich ein Phänomen aus Goethes Farbenlehre: mein Schattenspiel im Lichtraum. Foto: Maren Bednarczyk

Die letzte Station ist der „Lichtraum“: Hier drückt Alfred Hagedorn auf die Schalter und aktiviert damit den blauen, roten und gelben Licht-Strahler. Alle scheinen auf denselben Punkt – doch siehe da: Das Licht auf der Wand ist weiß! Weiß? Das muss er mir erklären! Ich soll mich vor die Wand stellen, rät er mir. Da erkenne ich auf einmal, dass ich drei Schatten habe, einen blauen, einen roten und einen gelben. Discolicht. Wahnsinn!

„Das hat auch schon Goethe in seiner Farbenlehre erkannt“, weiß Alfred Hagedorn. Was diese Farbenlehre aussagt? Auch darauf hat Alfred Hagedorn eine sehr weise Antwort parat: „Die meisten denken viel zu viel über ein Phänomen nach. Aber wir sollten auch die Emotionen dabei nicht vergessen.“

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