Die Narren und Jecken sind los

Ein Beitrag von Lena Kalmer

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Schicke Kostüme sind an Karneval Pflicht. Foto: Alexandra H. / pixelio.de

Des einen Freud‘ ist des anderen Leid, heißt es doch so schön. Eigentlich hatte ich es schon ganz gut verdrängt: Weiberfastnacht. Lauter betrunkene, bunte Vögel auf den Straßen. Doch letzte Woche erzählte mir meine Freundin Vicky dann ganz aufgeregt, dass sie am Donnerstag schon in der Früh nach Düsseldorf aufbrechen müsse, natürlich dürfe ich das nicht verpassen. Denn das gibt es ja schließlich nur einmal im Jahr. Ihr passendes Kostüm war natürlich schon Wochen vorher gekauft, die Frisur schon etliche Male ausprobiert. Es konnte endlich los gehen.

Nach Düsseldorf bin ich zwar nicht gefahren, aber eine Erklärung wollte ich doch ganz gerne haben, warum ich das nicht verpassen darf. Die Antwort habe ich dann heute Mittag von meiner Freundin Vicky am Telefon erhalten, im Hintergrund eine Horde hysterisch kreischender Mädels: „Man kann einen Tag derjenige sein, der man immer sein wollte, z.B. Batman. Man kann Fotos mit zehn Cindys aus Marzahn auf einmal machen, man kriegt so viele Bützchen von netten Oben-ohne-McFit-Gladiatoren wie man möchte und das Wetter ist ganz egal, so lange man die Sonne im Herzen hat! Helau  – und man bekommt Berliner mit Hütchen!“

Protest gegen die Ungerechtigkeit der Männer

So ganz überzeugt hatte mich das noch nicht. Aber ich wurde neugierig. Warum feiern wir denn eigentlich Weiberfastnacht? Auf die Stadt Köln ist in karnevalistischen Fragen immer Verlass. Auf ihrer Homepage wird mir erklärt, dass Weiberfastnacht, wie wir es heute feiern, auf den rechtsrheinischen Bonner Stadtteil Beuel zurückgeht. Vor mehr als 180 Jahren entschlossen sich die Wäscherinnen dort, sich das ausbeuterische Verhalten der Männer nicht länger gefallen zu lassen. Am Donnerstag vor Karneval trafen sie sich, um gegen die Ungerechtigkeiten zu protestieren, um so auf ihre körperlichen und seelischen Zumutungen aufmerksam zu machen. Die Beueler Wäscheprinzessin wird seit 1958 gewählt und repräsentiert am Karnevalsdonnerstag die Beueler Wäschefrauen. Diese stürmen das Beueler Rathaus, was natürlich jedes Jahr vom Oberbürgermeister hartnäckig verteidigt wird.

Gewappnet mit diesem Hintergrundwissen begebe ich mich auf den Dortmunder Campus, die Bibliothek scheint heute tatsächlich ein klein wenig leerer zu sein als die letzten Tage.  Die Studenten sind hier ganz unterschiedlicher Meinung zu Weiberfastnacht und dem Karneval:

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Henrike (rechts) mit ihren Narren beim Karneval. Foto: privat

„Weiberfastnacht ist für mich einfach immer ein Riesenspaß. Ich treffe dort in Köln jedes Jahr meine Freunde wieder, da komme ich nämlich eigentlich her. Außerdem gehört es für mich einfach dazu. Und wenn man das ein Jahr verpasst, ist das schon ganz schön traurig. Letztes Jahr war ich nämlich zu der Zeit im Ausland. Da hat mir richtig was gefehlt. Nach meiner Klausur fahre ich auch gleich direkt nach Köln.“ (Henrike, 21, Wissenschaftsjournalistik)

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Für Anneke hat Karneval einen ziemlich großen Fremdschämfaktor. Foto: Gerd Altmann_Carlsberg1988 / pixelio.de

„Hier in Dortmund ist Karneval ja jetzt nicht so großgeschrieben, das stört mich aber auch nicht. Karneval hat immer einen ziemlich großen Fremdschämfaktor. Wenn Leute, die sich das vielleicht auch nicht unbedingt leisten können, meinen, als Playboybunny rausgehen zu müssen. Aber eigentlich ist mir das auch relativ egal. Hauptsache ich werde rausgelassen.“  (Anneke, 23, Kulturwissenschaften)

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Marisa (rechts) mit einer Freundin beim Fasching. Foto: privat

„Also ich finde Karneval toll und feiere es, weil ich damit groß geworden bin, weil meine Eltern aus Köln kommen und ich mich als Kind schon immer verkleidet habe und in Köln auf die Züge gegangen bin. Ich feiere auch Karneval, weil ich es toll finde, dass mal alle betrunken sind, nicht nur einige. Die Stimmung ist immer mehr als ausgelassen, auch wenn einige (ältere) es als einzige Gelegenheit sehen, sich mal zu betrinken – das finde ich nicht so gut. Im Endeffekt ist es eine große, tolle Themen-Party unter dem Motto „Alle verkleiden sich“. Jeder kann jedes Jahr eine Rolle einnehmen, die er sonst nicht hätte.“ (Marisa, 23, BWL)

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Tabea ist an Weiberfastnacht aus Osnabrück "geflohen". Foto: privat

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„Ich bin heute aus Osnabrück geflohen. Das ist nicht auszuhalten. Man kann sich auch an anderen Tagen betrinken, ohne sich dabei zwanghaft verkleiden zu müssen. Was ich gut finde, ist der Ziegenbocksmontag bei mir zu Hause, da treffe ich alte Schulfreunde wieder. Aber heute gehe ich in Dortmund erstmal ausgiebig shoppen und entfliehe den Jecken.“ (Tabea, 22, Jura)

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Ferdinand hat nichts gegen Feiern an Karneval.Foto: Gerd Altmann_Carlsberg1988 / pixelio.de

„Ich komme aus Bayern und da feiern wir Fasching. Das ist schon nochmal etwas anderes als Karneval hier. Seitdem ich hier in Dortmund studiere, weiß ich es ist Karnevalszeit, wenn meine Freunde hier plötzlich fünf Tage am Stück keine Zeit mehr haben, weil sie Karneval feiern. An sich habe ich nichts gegen Karneval, wenn ich Zeit habe, dann feiere ich mit. Aber gerade in der Klausurenphase halte ich mich da lieber ein bisschen zurück.“ (Ferdinand, 26, Wirtschaftsingenieurwesen )

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