Hallenfußball gegen „Bundesliga-Winterblues“

„Zum Glück gibt es die Winterpause“ – wer so etwas unter Fußball-Fans ausspricht, würde von seinem Gegenüber wohl für verrückt erklärt werden. In Dortmund könnte sich der Fan aber sehr wohl über die Winterpause freuen. Denn ansonsten gäbe es womöglich auch keine Hallen-Stadtmeisterschaften. Und das wäre wirklich schade, wie die Endrunde vom Samstag in der Westfalenhalle I beweist.

Die Westfalenhalle I gehört eigentlich den ganz Großen: Bühnen-Stars wie Atze Schröder, Herbert Grönemeyer oder Udo Jürgens geben sich hier normalerweise die Ehre. Am Samstag hießen die Stars aber anders: zum Beispiel FC Brünninghausen oder SC Brackel. Am 14. Januar spielten die acht besten der insgesamt 62 angetretenen Amateur-Teams den Dortmunder Stadtmeister aus. Und das vor einer Kulisse, die sich manch ein Profi-Hallenturnier nur so wünschen könnte.

Ein bisschen „Bundesliga-Luft“

Die Fans

Die Fans: Mengede 08/20 schied zwar aus, seine Anhänger wurden aber zur besten Fangruppe gekürt. Fotos: Arne Schleef

Anderthalb Stunden vor Turnierbeginn haben sich schon die ersten Fans vor der Westfalenhalle I versammelt. Nichts deutet darauf hin, dass hier gleich „nur“ ein bisschen Amateurfußball gespielt wird. Schals, Fahnen, Trommeln und das obligatorische Fußball-Bier sind bei den meisten Besuchern parat. Alles ganz normal? Ja, wenn heute Bundesliga-Samstag wäre. Ist aber nicht. Die Hallenstadtmeisterschaften in Dortmund sind offensichtlich keine Spaß-Veranstaltung, sondern werden ähnlich Ernst genommen wie der BVB. Dass BVB-Profi Kevin Großkreutz unter den Zuschauern am Finaltag war, unterstreicht das nur.

Familienfest mit „Anpeitschern“

In der Halle ist es eine Stunde vor dem ersten Anpfiff noch ruhig. Der Veranstalter rechnet wohl mit einer Menge Zuschauer, denn nur der oberste und kleinste der drei Ränge ist geschlossen. Hier gehen locker 10.000 Menschen rein. Ganz so viele werden es am Ende nicht gewesen sein – trotzdem eine beachtliche Kulisse von mehreren Tausend Zuschauern. Aber nicht nur für die Zuschauer ist die Hallenmeisterschaft eine tolle Erfahrung. „Das ist immer ein richtiges Familienfest. Hier in der Halle treffen sich alte Spieler wieder, die mal bei anderen Vereinen zusammen gespielt und gewechselt haben, inklusive Familien“, sagt Jürgen Grondziewski, Vorsitzender des Fußballkreises in Dortmund und heute viel gefragter Mann.

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Die Platzierung: Westfalia Wickede gewinnt das Finale gegen den ASC Dortmund 3:1.

Doch ab 15 Uhr sind alte Freundschaften Geschichte. Zumindest bis zum Abpfiff. Auf ins Turnier! In den Viertel- und Halbfinalsschenken sich die Mannschaften nichts. Harte Fouls, kleine Rangeleien, aber weitestgehend bleibt es fair. Die Fans geben alles, schließlich wissen sie, dass am Ende nicht nur der beste Torhüter- und schütze, sondern auch die aufopferungsvollsten Unterstützer geehrt werden. Zarte Versuche der Mengeder Anhänger, eine La-Ola-Welle zu starten, scheitern kläglich. Die „gelb-rote Wand“ will die anderen Zuschauer mitreißen, macht richtig Stimmung. „Meengeeedee“. Schwappt aber nicht ganz rüber. Trotzdem herrscht eine Atmosphäre, wie sie manch ein Drittligist gern hätte: Sprechchöre, Choreographien mit Konfetti-Regen – und sogar einen „Anpeitscher“ mit Megaphon hat sich fast jede Fangruppe mitgebracht. Amateurfußball sieht anders aus.

Westfalia Wickede gleich zwei mal ganz oben

Zwischen den Spielen gibt es Tanz-Auftritte einer Cheerleading-Gruppe und Gesangseinlagen. Nette Auflockerung sagen die einen, andere finden es eher gewöhnungsbedürftig. Im Finale warten dann Westfalia Wickede und der ASC Dortmund aufeinander. Auch der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau schaut sich das von der Tribüne aus an. „Ich bin, was wenige Menschen wissen, Mitglied von Westfalia Wickede. Und darum können Sie sich vorstellen, wem ich hier jetzt im Finale die Daumen drücke. Wenn es richtig gut läuft, werden wir heute noch ein Fass aufmachen!“

Die Sieger

Die Sieger: Christian Fröse (2. v.l.), als Feldspieler bester Torwart des Turniers, feiert mit der Mannschaft.

Das Fass dürfte geöffnet worden sein: Westfalia Wickede schlägt den ASC im Finale mit 3:1. Vielleicht zwei Fässer oder mehr dürfte auch der Wickeder Torwart Christian Fröse aufgemacht haben. Der Torwart, der eigentlich keiner ist – Fröse musste als Mittelfeldspieler für den verletzten Stammkeeper einspringen – räumte kurioserweise auch noch den Preis des besten Torwarts ab. „Ich mag zwei Positionen überhaupt nicht: Die Ersatzbank und die Torhüterposition. Die möchte ich auch nie wieder haben, wenn es geht“, witzelt Fröse. Die Winterpause macht es möglich, dass es solche Geschichten gibt. Wie die von Christian Fröse, der kein Torwart ist, aber bester Torwart des Turniers wird. Man kann nur hoffen, dass die Hallenstadtmeisterschaften in anderen Städten auch so wie in Dortmund laufen. Denn dann wird sich bald wohl niemand mehr über die Winterpause beschweren.

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