Ein Magazin für Pottkinder

Rund 5,5 Millionen Menschen leben im Ruhrgebiet und jeder von ihnen trägt unzählige Geschichten und Ideen mit sich herum. Die Macher des Magazins Ruhrgestalten wollen sie aufspüren und weiter erzählen – und verbinden in der Umsetzung Kunst und Journalismus.

Florian Kolominski hat Ruhrgestalten 2009 entwickelt (Foto: Selbstporträt).

Florian Kolominski hat Ruhrgestalten 2009 entwickelt Foto: Florian Kolominski

Dass Florian Kolominski ein Kind des Ruhrgebiets ist, hört man, sobald er anfängt zu sprechen – an dem Ruhrpott-Timbre in seiner Stimme und daran, wie der 28-Jährige von seiner Heimat schwärmt. „Ich kenne auch Berlin, Hamburg und so weiter, bin auch weltweit unterwegs gewesen und muss einfach sagen: Ich find dat hier gut!”, sagt Kolominski. Er ist in Dortmund geboren, in Herne aufgewachsen und zum Studium zurück in seine Geburtsstadt gekommen.

Dort sitzt er auch jetzt, in einem lichtdurchfluteten Büro in den Backsteingemäuern eines Gewerbehofs im Unionstraßenviertel, schlägt die langen Beine übereinander und nippt an seinem Kaffee. Das hier ist Kolominskis kreative Schaltzentrale, von hier aus bringt er seine Sympathien für das Ruhrgebiet auf Papier und hinaus ins ganze Land. Hier, in den Redaktionsräumen des Magazins Ruhrgestalten.

Eine Ausgabe mit 4.000 Covern

2009 hat Kolominski das Magazin als Projekt während seines Kommunikationsdesign-Studiums konzipiert, anfangs als kleinformatiges Gratis-Heft. „Mir hatte so ein Magazin hier einfach noch gefehlt”, erzählt er. „Es sollte um Menschen gehen, die hier im Ruhrgebiet sind, die hier leben, die etwas machen.” Einer seiner Freunde war so begeistert von dem Konzept und der zweideutigen Namensgebung, dass er Kolominski davon überzeugte, es in die Produktion zu geben.

Nach fünf selbstgebundenen Gratis-Ausgaben erschien das Heft im Oktober 2012 erstmals bei einem Dortmunder Verlag mit einer Auflage von etwa 5.000 Stück. Es wird in 150 Läden in ganz Deutschland verkauft – und das mit 4.000 unterschiedlichen Covern. Dafür hatten die Fotografen des Magazins im Sommer in den Ruhr-Städten 1.000 Menschen fotografiert, die Bilder dann in vier Farbkombinationen bearbeitet und so völlig unterschiedliche Titelbilder produziert.

Ruhrgestalten soll anders sein, auch im Heftinneren. Stellenweise verschwimmen die Grenzen zwischen journalistischem Produkt und Kunstprojekt. Aufwändige Porträt-Fotografie flankiert mehrseitige Fotostrecken, die Texte schmiegen sich mit vielen Freiräumen auf die Seiten. Für das Meta-Thema „Käuflich” der ersten Ausgabe – eine Anspielung auf den Umstieg von Gratis- auf Bezahl-Magazin – werden in einer Bilderreihe Tiere aus der Zoohandlung mit dem Kaufpreis abgedruckt, ein paar Seiten weiter wartet eine humoristische Reportage aus einem Essener Einkaufszentrum.

Plattform für den Nachwuchs

Hinter dem Magazin steckt ein rund zwanzigköpfiges Redaktionsteam mit völlig unterschiedlichem Hintergrund. Journalistik- und Fotografiestudenten sowie Nachwuchsdesigner nutzen die Mitarbeit, um Erfahrungen zu sammeln, mit dabei sind aber auch eine Hauptschullehrerin oder ein Professor der Psychologie. Abgesehen von einigen zentralen Positionen arbeiten die Redakteure ehrenamtlich. „Dafür können die Leute eben Erfahrungen sammeln, wie so eine Redaktion funktioniert und bekommen die Chance, ihre Arbeiten drucken zu lassen”, sagt Florian Kolominski. „Wir bieten nicht nur das Ruhrgebiet mit seinen Geschichten, sondern auch eine Plattform.”

Langfristig soll das Magazin finanziell auf sicheren Beinen stehen, dann sollen von den Einnahmen nicht nur die Produktionskosten gedeckt, sondern auch Honorare gezahlt werden. Noch ist die Zusammenarbeit mit dem Verlag auf zwei weitere Ausgaben befristet, danach soll über eine Verlängerung des Projekts entschieden werden. Die nächste Ausgabe soll schon im Laufe des Dezembers erscheinen. Das Thema dieses Mal: „Zocken“. Zu viel will über die Inhalte will Florian Kolominski noch nicht verraten, doch auch dieses Mal hängt die Betitelung mit der Entwicklung des Magazins zusammen. „Das nächste Heft“, sagt Florian Kolominski, „wird eindeutig verspielter.“

Wirf hier noch einen Blick in die erste Ausgabe:

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