Die Melodien der Nordstadt

Auf dem Weg spricht uns jemand an: „Könnt ihr mir etwas Geld geben, für eine Fahrkarte nach Essen?“. Seine Frau habe ihn rausgeschmissen. „Sehe ich etwa aus, wie einer, der sonst schnorrt?“ Seine Schnürsenkel sind schneeweiß, die Schuhe neu. Alle legen zusammen, Studenten könnten ihn kostenlos mitnehmen, schlägt Rosa vor. Er erzählt noch ein bisschen von seiner gemeinen Freundin. Zwei von uns gehen weiter. „Ihr seid auf einen Joker getroffen“ löst er nun auf. Ein Anruf bei der Checkerin und sie hat eine Joker-Karte auf der rechten Hand.

Unsere letzte Station ist ein An- und Verkaufsladen. Ramazan Kral sitzt vor seinem Geschäft, zusammen mit seinen drei Söhnen. Alle in schwarzen Lederjacken.
Ramazan bittet uns herein, wir dürfen uns umsehen. Er ist sehr freundlich, macht Scherze, „ihr Studenten seid alle so lieb“, sagt er.

Als Julia rausgehen will, zieht er ihr eine kleine Lampe aus der Tasche. „Du hast geklaut.“ Ob das ihr erstes Mal beim Klauen sei, fragt Ramazan. „Das musst du üben.“ Julia soll in seinem Keller wohnen, ihm beim Klauen in der Nordstadt helfen. Julia gehöre jetzt zu seiner Familie. „Ihr habt von der Nordstadt gehört, kein Deutscher will hier hin, Drogen und Prostitution.“ Kurz zuvor hat unsere Checkerin angerufen: Ein Souvenir aus der Nordstadt. Das sollte Julia ihr bringen.

Ramazan zieht eine Pistole aus seiner Jacke. „Die haben hier alle.“

Ramazan Kral und Söhne vor ihrem An- und Verkauf in der Nordstadt.

„Es war Spaß“, Ramazan lacht. „Die Nordstadt ist auch nicht so schlimm, wie ich es erzählt habe. “ Während er stempelt, erzählt Ramazan: „Aber es ist schon was Wahres dran. Mir als Nordstadtleber tut das weh.“ Die Drogendealer vor seiner Tür, minderjährige Prostituierte. „Ich werde traurig hier“, sagt er. Aber es gebe auch viele saubere, vernünftige Leute in der Nordstadt.

Wir bekommen eine Sms: Das Spiel ist vorbei, die Poker-Zeit zu Ende.

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