Live dabei beim Slam2010

Er ist gleichzeitig Newcomer und Oldie in der Poetry-Slam-Szene. Seit 2 Jahren macht Torsten Sträter (44) die Bühnen in ganz Deutschland unsicher. Zwei Mal wurde er NRW-Meister. Am Wochenende ging er bei der Deutschen Meisterschaft an den Start. Die pflichtlektüre hat ihn begleitet.

Poetry-Slammer Torsten Sträter

Poetry-Slammer Torsten Sträter Foto: Matthis Dierkes

Einen letzten Schluck Bier kann er noch trinken, bevor es endlich losgeht. Torsten Sträter trägt eine Wollmütze über dem grauen Haar, in den Händen hält er zwei zusammengefaltete Papiere. „Keine Ahnung, welchen Text ich gleich vortrage. Ich entscheide das immer eine Minute vorher“, sagt der 44-Jährige. Obwohl er in den vergangenen zwei Jahren dutzende Male auf der Bühne stand, ist er immer noch aufgeregt: „Es ist nicht mehr diese amokartige Kopflosigkeit wie bei den ersten zehn Auftritten, aber eine kribbelige Nervosität. Was Sex in meiner Jugend war, sind heute die drei Minuten vor dem Auftritt.“ Und die spürt er auch jetzt, als er die Stufen zur Bühne hinaufsteigt.

Lieber Bühne als Kegelverein

Von Haus aus ist Sträter eigentlich Schriftsteller. Erst spät hat er seine Leidenschaft für die Bühne entdeckt. Für ihn ist der Poetry-Slam genau das Richtige: „Leute meines Alters, die normalerweise nur noch im Kegelverein sind, gehen auf die Bühne und erzählen all das, was in ihr Gehirn nicht reingehört. Ich bin auf meine alten Tage zu einer Rampensau geworden. Mir macht das Spaß“. Ihn reizt die Unsicherheit vor jedem Auftritt. Habe ich mich richtig vorbereitet? Wie wird das Publikum reagieren? Ob er ein guter Slammer ist, kann er nicht sagen. Irgendwie sei das immer vom Publikum abhängig. Und von der Tagesform. „Manchmal hat man die besten Einfälle, dann wieder gar keinen.“

Wortwitz und Wortgewalt

Heute hat Torsten Sträter gute Einfälle gehabt. Er steht auf der Bühne und kann sich immer noch nicht für einen der beiden Texte entscheiden. „He du, komm mal her und such dir einen aus. Dann kann ich nachher sagen, du wärst Schuld gewesen“, ruft er einem Zuschauer zu. Dann legt er los. Nach wenigen Sätzen ist klar, dass Sträter das Publikum auf seiner Seite hat. Seine Pointen kommen gut an, die Leute lachen über seine skurrile Geschichte, in der es irgendwie um den Ärger mit Kindern und alltägliche Probleme geht. Nach fünf Minuten ist Schluss: Das Publikum lacht und bedankt sich mit tosendem Applaus. Die Jury vergibt 44,5 von 50 möglichen Punkten. Torsten Sträter hat die Messlatte hoch gelegt.

Hohe Wertung von der Jury

Hohe Wertung von der Jury

Zwei Stunden später steht fest: Sträter hat es ins Halbfinale geschafft. „Den Leuten hat’s gefallen, das ist die Hauptsache. Jetzt fühl ich mich pudelwohl.“ In der nächsten Runde will er noch einmal alles geben. Es winkt die Eintrittskarte für das Finale in der Jahrhunderthalle in Bochum. Für Sträter ein großer Traum.

Finale oder nicht?

Am nächsten Tag treffen wir uns wieder. Torsten Sträter ist zerknirscht. Er hat es nicht ins Finale geschafft. Ein halber Punkt hat ihm gefehlt. Die Enttäuschung ist groß, aber Niederlagen gehören für ihn mit dazu. Im nächsten Jahr will er es in Hamburg erneut versuchen: „Jetzt ist erst mal Zeit mit meinem Sohn angesagt. Für den bin ich immer noch der Größte. Und das ist doch das einzige, was zählt.“

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