Eine Spendenaktion zum 10-jährigen Jubiläum einer dm-Filiale in Troisdorf hat am Wochenende in den sozialen Medien für viel Aufruhr gesorgt. Geplant war, dass der Journalist und Menschenrechtsaktivist Rupert Neudeck sich für ein Stunde an die Kasse setzt und dm die Einnahmen an eine Organisation seiner Wahl spendet. Auf verschiedenen Seiten wurde zu einem dm-Boykott aufgerufen, als öffentlich wurde, dass die Einnahmen an einen kurdischen Verein gespendet werden sollen.
Als bekannt wurde, dass die Einnahmen an die Kurdische Gemeinschaft Rhein-Sieg/Bonn e.V. gespendet werden sollten, waren viele Türken empört. Ihr Vorwurf: dm spendet Geld an einen Verein, der eine Terrororganisation unterstützt. Dass das vielleicht gar nicht der Fall ist, wurde dabei nicht hinterfragt. Grade dadurch, dass der Konflikt zwischen Türken und Kurden wieder eskaliert und die türkischen Nachrichten nahezu täglich über Anschläge, tote Soldaten und Polizisten berichtet, reagieren viele Türken sehr empfindlich.
Natürlich sollten sich Kritiker vorher informieren, um was für einen Verein es sich handelt. Denn vielleicht geht das Geld ja gar nicht an die PKK. In Medienberichten und einer Stellungnahme von dm selbst kann man entnehmen, dass der Verein sozial sehr engagiert ist und aktuell Flüchtlingen und Asylbewerbern Deutschunterricht anbietet.
Doch der Konflikt ist für viele Türken einfach ein heikles Thema. Die Menschen haben es satt, jeden Tag von neuen Toten zu hören, zu lesen und zu betrauern. Erst am Samstag gab es bei einer Demonstration der Kurdenpartei HDP in Ankara zwei Bombenanschläge, bei denen rund 100 Menschen starben. Die Ereignisse der letzten Monate haben sowohl Türken als auch Kurden dem Thema gegenüber so sensibilisiert, dass die meisten einfach aus Prinzip bei dem Boykott mitmachen würden. Die Unsicherheit, ob Geld an die PKK fließt oder nicht, reicht schon aus, auf Nummer sicher zu gehen und dem dm fern zu bleiben.
Dass Türken von Gegnern deswegen als Nazis beschimpft werden, ist nicht in Ordnung. Ja, es ist falsch, dass man aus Prinzip solch eine Boykottaktion startet, ohne wirklich genau zu wissen, wohin die Gelder fließen. Doch wenn man sich nur einen Tag lang türkische Nachrichten anschaut, dann wird klar, die Leute haben genug. Alle. Türken und Kurden. Genug von der Feindschaft zwischen ethnischen Gruppen, die in einem Land leben und allein deswegen schon das Miteinander bewältigen müssen. Genug von Toten, die aufgrund fehlgeschlagener Politik, Terror oder aufgrund ihrer Herkunft sterben müssen.
Das Traurige ist, dass es beiden Seiten nichts bringen wird, wenn der Konflikt wie bislang fortläuft. Eine Boykott-Aktion bringt weder Kurden noch Türken etwas, solange Menschen sterben. Denn wenn man nach Anschlägen, wie denen in Ankara, diskutiert, welcher Partei sie zugutekommen könnten, anstatt sich gemeinsam für Frieden einzusetzen, wird es für niemanden eine zufriedenstellende Lösung geben.
Die Spendenaktion hat dm am Sonntag übrigens abgesagt, um „einen Beitrag zur Deeskalation zu leisten.“
Beitragsbild: Katharina Wieland Müller/pixelio.de