Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer – ist das gerecht?

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Es klang zunächst nach einer guten Nachricht für alle Studierenden in Nordrhein-Westfalen: Sie müssen auch in Zukunft keine Studiengebühren bezahlen. Stattdessen haben CDU und FDP jedoch beschlossen, Gebühren für Studierende einzuführen, die nicht aus der EU kommen. Das betrifft auch viele junge Menschen an den Ruhr-Universitäten. Aber was bedeutet der Beschluss nun genau? Und was halten Experten und Studierende davon?

Schon als der jetzige Beschluss noch gar kein Beschluss war, sondern nur ein Plan, fand SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz deutliche Worte für die Idee der neuen schwarz-gelben Landesregierung. „Was für eine unanständige Politik ist das denn?“, fragte er sichtlich empört und sprach von einer „Bildungsmaut“, die die Regierung einzuführen gedenke. Es sei unsinnig, damit diejenigen von einem Studium fernzuhalten, deren Qualifikationen gebraucht würden, sagte er.

Doch die neue Landesregierung hat sich durchaus etwas dabei gedacht: Mithilfe der neuen Gebühr will sie den Bildungshaushalt des Bundeslandes aufbessern. Wenn künftig junge Menschen aus Ländern außerhalb der Europäischen Union 1500 Euro pro Semester zahlen müssen, um in NRW studieren zu können, würde das zu deutlichen Mehreinnahmen führen. Bis zu 100 Millionen Euro pro Jahr könnten die Hochschulen laut FDP-Chef Christian Lindner einnehmen. Das sei „ein innovativer Weg, um die Qualität in der Lehre in NRW zu verbessern“, sagt er. In Baden-Württemberg wird ab dem kommenden Wintersemester eine ähnliche Regelung in Kraft treten.

 

In Deutschland studierten im Jahr 2015 laut dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 321.000 ausländische Studierende. Die Zahlen für das vergangene Jahr sind noch nicht veröffentlicht, die Zahl wird aber BMBF-Schätzungen zufolge auf etwa 339.000 Studierende angestiegen sein. Das Ziel des Ministeriums, bis 2020 mindestens 350.000 Studierende an deutschen Hochschulen zu haben, wird daher wohl vorzeitig erreicht sein – zumindest wenn sich der Trend fortsetzt. Was Studierende tun, die plötzliche hohe Studiengebühren zahlen müssen, ist nicht absehbar. Der Sprecher des Bundesverbands ausländischer Studierender Younouss Wadjinny kritisiert daher das Vorhaben der schwarz-gelben Landesregierung hart. Studiengebühren hätten zur Folge, dass die Attraktivität der Hochschulen für ausländische Studierende sinke – und dabei könne Deutschland die motivierten jungen Menschen als spätere Fachkräfte sehr gut gebrauchen.

Das ist ein total falsches Signal in einer Zeit, in der man über Integration spricht.

Ulrike Herrlich vom International Office der Ruhr-Universität Bochum muss momentan viel telefonieren. Viele ausländische Studierende und auch Professoren internationaler Studiengänge machen sich aufgrund des Beschlusses Sorgen. „Schon heute gibt es viele Studierende, die Probleme bei der Finanzierung ihres Studiums haben. Uns erwartet ein erhöhter Beratungsaufwand und vor allem unsere neuen Programme zur Förderung internationaler Studierender stehen vor einer neuen Hürde“, sagt sie.

Auch in Baden-Württemberg wird es ab dem kommenden Wintersemester Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer geben. Kontroverse Stimmen gab und gibt es auch dort, aber die Landesministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Theresia Bauer (Die Grünen) verteidigte das Gesetz. „Es ist notwendig, weil wir mit den Einnahmen die Alternative abwehren, die Hochschulbudgets drastisch zu kürzen.“ Kritik kam überwiegend aus der Opposition, aber auch von verschiedenen Studierendenvertretungen. In einem offenen Brief wandten sie sich an die Ministerin. Der internationale Austausch an Universitäten sei eine Grundvoraussetzung für eine gute Wissenschaft und eine wichtige Erfahrung für alle, so der Tenor. „15 Prozent der Studierenden finanzieren ihr Studium aus Lohn; ein Finanzierungsmodell, das jetzt durch die Studiengebühren unmöglich wird“, heißt es weiter. 

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner rechtfertigt die Entscheidung mit dem Hinweis, dass es dafür immerhin auch künftig keine allgemeinen Studiengebühren geben werde. Dafür habe man sich nun auf die „innovative Richtung“ geeinigt, die die Qualität der Lehre verbessern soll. Der CDU-Landesvorsitzende und wohl künftige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet erklärte darüber hinaus, dass es schließlich Ausnahmen geben werde. Studierende aus Drittstaaten wie der Türkei, die in Deutschland geboren sind und einen deutschen Schulabschluss haben, Flüchtlinge mit dauerhaftem Aufenthaltsstatus und Stipendiaten aus Entwicklungsländern sollen demnach von den Gebühren befreit werden. Auch bereits eingeschriebene Nicht-EU-Ausländer müssen nicht zahlen, um eine gewisse Planungssicherheit zu behalten. (Die Ausnahmen sind in der oben aufgeführten Grafik nicht eingebaut.)

Auch Studierende der TU Dortmund haben uns ihre Meinung zur neuen Regelung mitgeteilt:

Fotos: Till Bücker

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