Kein schwuler Fußballer, kein Problem?

Bloß kein Outing

Trotzdem würden weder die Expertinnen noch die Autoren zu einem Coming-Out raten – auch wenn andere Ligen sicherlich noch schlimmer seien als die Bundesliga, so die Autorin „Karate-Teddy“. Und auch diese Meinung wird von vielen im Forum geteilt. „Die Vereine haben die Fans und ihre Schwulenhasser-Parolen nicht im Griff und die meisten Clubs vermitteln auch nicht das Gefühl, dass ein schwuler Spieler sich vertrauensvoll an ihn wenden könnte. Schade, dass ein so großer Sport zu feige ist, endlich wirklich modern zu werden“, schimpft „Enem“ und ihre Aussage kann stellvertretend für viele stehen. „Vorhang“ wendet zwar ein, dass die Liga offiziell sehr tolerant sei, doch auch sie fragt sich, wie viel davon übrig bliebe, wenn ein Spieler sich tatsächlich offen zu seiner Homosexualität bekennen würde. Die Mehrheit würde zwar vermutlich gut reagieren, denkt sie, doch ein paar Idioten in den Reihen der Fans und vielleicht auch der Spieler und Funktionäre gebe es immer. „In dieser Beziehung ist FC St. Pauli eine Ausnahmeerscheinung und Vorreiter – bei kaum einem anderen Club würde ich die Chancen, dass ein Outing gut geht, höher einschätzen“, sagt Eggeling zu den Vermutungen über den möglichen Ausgang eines Outings, der auch in den „Fanfiktion“ der Autoren regelmäßig simuliert wird.

Der Christopher Street Day in Leipzig lenkte 2009 durch eine Plakatkampagne die Aufmerksamkeit auf Homophobie im Fußball. Foto: Plakatkampagne CSD Leipzig 2009

Der Christopher Street Day in Leipzig lenkte 2009 durch eine Plakatkampagne die Aufmerksamkeit auf Homophobie im Fußball. Foto: Plakatkampagne CSD Leipzig 2009

Dass manche auf Geschichten dieser Art nicht gut zu sprechen sind, haben einige Autoren auch schon am eigenen Leib erfahren müssen. „Düsterherzchen“ berichtet von Rückmeldung à la „Das ist ja total ekelig, wie kann man so etwas schreiben? Das ist ja krank!“ und auch andere haben sich schon über ähnliche Kommentare ärgern müssen. Einen Grund für diese ablehnende Haltung sieht Eggeling in der Historie des Männerfußballs und seiner Bedeutung: „Die Körperlichkeit ist im Fußball sehr, sehr wichtig und in dieser Sportart gibt es noch ein ganz klischeehaftes Männlichkeitsbild, das in dieser Form woanders nur noch in selten gleichermaßen wirkmächtig ist“, meint sie und verweist damit auf den Konflikt zweier Klischeebilder: auf der einen Seite der starke, männliche und harte Fußballer und auf der anderen Seite der weiche, weibliche Schwule, der seine Triebe nicht unter Kontrolle halten kann und in der Mannschaftsdusche so zur Gefahr für die „normale“ Allgemeinheit wird. „Dass es bei Homosexuellen nicht nur um Sex, sondern wie bei allen anderen Menschen auch um Liebe, Nähe und Geborgenheit geht, blenden viele einfach aus“, so Eggeling.

Vogel-Strauß-Taktik der älteren Funktionäre

Und dass so wenig gegen Homophobie im Fußball getan wird, liegt unter anderem an der Vogel-Strauß-Taktik der älteren Funktionärsgeneration zu der auch Jean Pierre Escalette gehört. Viele von ihnen sind mittlerweile Mitte 60 und in ihrer Sozialisation was Homosexualität noch „unmöglich“ oder gar eine „Krankheit“. Der öffentliche Diskurs kam erst später auf und so geht für einige die Gleichung „keine Schwule = keine Probleme“ wunderbar auf – wären da nicht die Fußballfanclubs für Schwule und Lesben und viele Organisationen, die zum Handeln auffordern und nicht länger totgeschwiegen werden wollen.

„Die Diskriminierung Homosexueller im Fußball erfolgt hauptsächlich durch Verneinung und Unsichtbarkeit“, schlussfolgert Tanja Walther-Ahrens und Tatjana Eggeling meint: „So langsam gibt es da zum Glück ein Umdenken und wir sind an dem Punkt angekommen, an dem weder Rassismus noch Homophobie offiziell im Fußball geduldet werden.

„Trotzdem seien Schwule und Lesben im Sport immer noch nicht gleichberechtigt. Und bis es soweit ist, wird es vermutlich auch noch dauern. „Aber dass Menschen in Foren und in anderen Gruppen Interesse an dieser Thematik zeigen, ist wichtig und gut“, findet Eggeling. Denn Homophobie hat im Sport nichts zu suchen.

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2 Comments

  • Alex sagt:

    Wieso Homophobie? Fußball ist doch völlig schwul!

    Kurze Höschen, lange Söckchen, Gruppenkuscheln auf’m Rasen und hinterher gemeinsam duschen geh’n … Juchhè, Fußball ist ja sooooo tolll! *näsel*

    Dann hab‘ ich da noch so ein Bild vor Augen, wo ein bayrischer Torhüter seinen Gegner in die Wange beisst – ein hochhomoerotisches Bild war das!!! Und wie war der Schiri-Skandal noch gleich?

    Ihr könnt mir alle sagen, was Ihr wollt: Es gibt kaum etwas schwuleres, als Fußball. Und wenn das all den verkappt latent homosexuellen Homophobikern klar wäre, würden Fußballer kaum genug verdienen, um kein Hartz 4 beantragen zu müssen!

    Fragt doch mal einen Menschen so um die 60, ob er irgendwelche Heterosexuellen kennt, oder ob er gar selbst heterosexuell ist …. Sind solche Unterscheidungen nicht völlig überflüssig?!

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