Otto Normalverbraucher und seine Freunde

Treffen sich Dieter Durchschnitt, Otto Normalverbraucher und Max Mustermann… Nein, so fängt kein Witz an. Das könnte man den Dreien nicht auch noch antun. Ihr Leben wird wahrlich schwer genug sein.

Von jedermann für absolut durchschnittlich gehalten zu werden, ist ein bisschen gemein. Niemand traut Otto Normalverbraucher zu, seine Frau mal richtig teuer zum Essen einzuladen – schließlich liegen die durchschnittlichen Ausgaben für einen Restaurantbesuch in Deutschland bei 14,20 Euro. Dieter Durchschnitt muss 107,2 Liter Bier im Jahr trinken. Und Max Mustermanns persönliche Dokumente und Unterschrift  kennt jeder – spätestens, wenn er selbst einen Personalausweis oder Reisepass beantragt. Der Arme leidet unter einer Menge Betrugsversuchen. Gut, seit die Medien mehr auf Gleichstellung achten, nimmt seine Schwägerin Erika Mustermann ihm ab und zu etwas Arbeit ab. Und geteiltes Leid ist dann ja halbes Leid.

Trotzdem: Sein ultratransparentes Leben ist ein schweres Schicksal. Max Mustermann hat circa 1.360.000 Treffer bei Google und sein Lebenslauf ist online – von seiner Musterabschlussnote an der Musterschule bis zu seiner aktuellen Adresse in der Musterstraße. Die liegt natürlich in Musterstadt – was ein äußerst verstecktes kleines Städtchen ist. Immerhin gibt es tatsächlich eine Demoseite ihrer nicht existierenden Stadtwerke (googelt es!). Als Blaupause für andere Städte – Zitat: „bei uns in Musterstadt steht zuverlässiger und kompetenter Service an erster Stelle“. Gut, bisher sind uns auch nur Max und Erika als Bewohner bekannt – schon klar, dass die dann vielleicht nicht in einer mustergültigen Telefonwarteschleife hängen. Spannendes Detail am Rande: Mit der Bezirksreform der Post musste damals auch Musterstadts Postleitzahl von 1234 auf 12345 geändert werden.

In unserer Platzhalter- Stammtisch-Runde folgt danach Otto-Normalverbraucher mit 400.000 Suchergebnissen – und einem eigenen Wikipedia-Eintrag. Das liegt vielleicht daran, dass sein Name tatsächlich einen ernsthaften Hintergrund hat. Nach dem Krieg wurden für die Verteilung der Lebensmittel Berechtigungskarten geschaffen. Eine der Kategorien:  Der „Normalverbraucher“. Anders als der Schwerstarbeiter oder die Schwangere musste er mit deutlich weniger Kalorien auskommen. In einem satirischen Nachkriegsfilm tauchte dann die Figur zum ersten Mal auf – der durchschnittliche Bürger, der von der Front zurück in das zerstörte Berlin kam: Otto Normalverbraucher.

Auf Max und Ottos Google-Hits ist vor allem einer neidisch: Der kleinste in der Runde, Dieter Durchschnitt. Eher spöttisch wird sein Name verwendet und er kommt auch nur 772 Google-Hits. Besonders fies: Autocomplete schlägt dann schnell „Dieter Bohlen Abitur Durchschnitt“ vor, was ja auch wieder einiges über die durchschnittlichen deutschen Internetnutzer aussagt – oder über mein durchschnittliches Internetverhalten… 

Für seinen Job wird es wohl auch keinen Nachfolger geben: Während Otto historisch begründet ist und Max zeitlos in der Liste der beliebten Vornamen auftaucht – 2013 auf Platz 9 unter den Jungennamen – ist Dieter längst nicht mehr modern.  Die Frage ist, wer ihm nachfolgt. 1991 war der beliebteste Jungenvorname Kevin – für astreine Alliterationen fehlen im Moment also schlicht hippe Vornamen mit „D“. Dank der steigenden Beliebtheit von Anglizismen könnten wir auch bei Noah Normal-User landen. Doch lieber nicht zu viele Spekulationen, ich mache mir ein bisschen Sorgen: Max Mustermann gibt es nämlich seit 2003 wirklich. Standesamtlich genehmigt. Deshalb Vorsicht. Sonst sind bald Eltern überglücklich über die Geburt von Fynn Facebook. 

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