Mit der Kamera im Wohnzimmer

Tama Tobias-Macht filmt Menschen dort, wo sie ihnen am nächsten kommt: in ihrem Zuhause. Ihre Dokumentation „2000 m² mit Garten“, die beim internationalen Frauenfilmfestival gezeigt wurde, zeigt das Haus von zwei Frauen. Es ist nicht irgendeine Mietwohnung, sondern das größte Privathaus in Köln, im reichen Viertel Marienburg. „2000 m² mit Garten“ bietet einen kühlen Einblick in ein ungewöhnlich reiches Innenleben.

Die Dokumentation spielt im größten Privathaus Kölns. Quelle: IFF Dortmund

Die Dokumentation spielt im größten Privathaus Kölns. Foto: IFF Dortmund

Kahle Wände. Bunte Schnittblumen, die sich wie fremde Objekte von ihnen abheben. Ein Angestellter reinigt in aller Ruhe den Pool. Die Bewohner dieses Ortes zeigen sich eher scheu, man bekommt sie kaum zu Gesicht – und doch erhält man einen intimen Einblick in ihr Leben. Tama Tobias-Macht schafft es, mit ihrem Film den Menschen ganz nah zu kommen und gleichzeitig die Distanz einer Beobachterin zu wahren.

Aus der Ferne betrachtet

Sie filmt Schlafzimmer, Bücherwände, Gärten. „Weil ich mich auf die Architektur konzentriere, wirken viele meiner Aufnahmen sehr kühl“, sagt die junge Regisseurin. In ihrem Film „2000 m² mit Garten“, der am Donnerstag beim internationalen Frauenfilmfestival vorgeführt wurde, zeigt sie wenige Details ihrer Protagonisten. Stattdessen betrachtet sie sie aus der Ferne. „Ich wollte einfach versuchen, distanziert zu bleiben, und dem Zuschauer dadurch selbst zu überlassen, wie er diese Welt findet.“ Diese Perspektive ist für Tama Tobias-Macht neu, denn in der Vergangenheit hat sie ihre Aufmerksamkeit als Künstlerin eher sich selbst oder Familienangehörigen gewidmet.

Frau Macht – Das Gegenteil

Tama Tobias-Macht hat schon mehrere Dokumentationen gedreht. Quelle: Miriam Grün

Tama Tobias-Macht hat schon mehrere Dokumentationen gedreht. Foto: Miriam Grün

In ihrem Film „Frau Macht“ von 2011 begleitete sie ihre Schwiegermutter mit ihren beiden Töchtern, die zusammen in einem Haus wohnen. Die Dokumentation steckt voller Wärme und Emotionen. „Ich war fasziniert von ihren Persönlichkeiten, aber auch von ihrem Zuhause“, sagt die Kölnerin, „wir hatten eine enorme Intimität vor der Kamera. Die Frauen waren sehr offen – es gibt zum Beispiel Szenen, in denen sie nackt sind.“ Diese Offenheit bewirkt, dass die Reportage besonders eindrücklich erscheint. Doch ihr neuster Film zeigt, dass auch Distanz ein faszinierendes Stilmittel sein kann. Die Entscheidung, so unterschiedliche Perspektiven zu wählen, begründet Tama Tobias-Macht mit der Wahl ihrer Protagonisten. „Ich dokumentiere das Leben einer Person – also muss ich auch ihren Charakter akzeptieren. Wenn jemand keine Nähe wünscht, dann kann ich Intimität nicht künstlich herstellen.“

In einer anderen Welt

Die beiden Frauen aus Köln hätten ihr wenige Details aus ihrem Leben preis gegeben. „Es ging alles um das Haus, um die Kunst, die in diesem Haus ist, und die Architektur. Persönliches über die beiden habe ich nur über andere Leute erfahren“, meint die Filmemacherin.

Kennengelernt hat sie das Haus und die zwei reichen Besitzerinnen zufällig. „Ich ging in einem fremden Viertel, das nicht weit von meinem Zuhause ist, spazieren. Es ist sehr reich und man kann nichts von den Häusern sehen – alles ist voller Mauern. Das hat mich neugierig gemacht.“ Sie begann zu recherchieren und hat nach langer Suche Kontakt zu den Kunstsammlerinnen erhalten. Dass die Lebenswelten der jungen Kölnerin und der älteren Frauen sehr unterschiedlich sind, hat sich auch auf die Dreharbeiten ausgewirkt. „Wir haben alle unser Bestes gegeben“, sagt die ehemalige Studentin der Filmhochschule, „aber aufgrund der Klassenunterschiede kam es immer wieder dazu, dass man einfach nicht verstand, wovon der andere redete.“ Der Film zumindest kam bei den Protagonistinnen dann doch gut an. Sie seien zufrieden gewesen mit der Darstellung ihres Lebenraumes.

Exzess des Reichtums?

Frische Blumen schmücken die unzähligen Räume der Villa. Quelle: IFF Dortmund

Frische Blumen schmücken die unzähligen Räume der Villa. Foto: IFF Dortmund

Die Regisseurin wollte diese Unterschiede zwischen den verschiedenen Gesellschaftsschichten jedoch nicht zum Thema machen. Dennoch zeigt der Film, der auf dem Festival unter dem Motto „Exzess“ vorgeführt wird, eine Welt, die für die meisten Zuschauer völlig fremd erscheint. Wer hat schon eine Putzfrau, die Kunstobjekte sorgfältig abstaubt? Und wer kauft jeden Tag so viele Schnittblumen, um ein paar davon in eine Vase zu stecken?

„Ungefähr die Hälfte der Zuschauer reagiert mit Verständnis für die Protagonisten, die andere Hälfte mit Wut“, sagt Tama Tobias-Macht. Das verwundert sie. „Mir geht es nicht darum, Reiche negativ darzustellen, sondern einfach nur zu zeigen, wie sie leben.“

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