Große Liebe für Kleines

Penibel, passioniert, perfektionistisch: Bei der Intermodellbau, Europas größter Modellbaumesse in den Dortmunder Westfalenhallen, gibt es nicht nur Eisenbahnen, sondern die große, weite Welt in ganz kleinen Teilen zu bewundern: Vom Rettungshubschrauber über Rennautos bis zum Rummelplatz.

 

Kritischer Blick: Landschaftsökologiestudent Marc Flegel ist auf der Modellbaumesse, um mit Abschied von seinem teuren Hobby zu nehmen. Foto: Laura Zacharias

Kritischer Blick: Landschaftsökologiestudent Marc Flegel ist auf der Modellbaumesse, um mit Abschied von seinem teuren Hobby zu nehmen. Foto: Laura Zacharias

Eigentlich wollte Marc Flegel ja aufhören. „Ich habe in den letzten Jahren bestimmt 20.000 Euro für Modellbau ausgegeben“, erzählt der 32-jährige Landschaftsökologiestudent. „Das kann so nicht weitergehen.“ Mit etwa 12 Jahren habe seine Begeisterung für Modellbau angefangen, erzählt er. „Für Autos, Flugzeuge – das kann ich gar nicht alles aufzählen.“ Doch damit soll nun Schluss sein. Viele seiner Modelle habe er schon bei Ebay verkauft. „Und heute bin ich noch mal hierher gekommen, um einen Abschluss zu finden“, sagt Flegel.

Denn mit seinem Landschaftsökologiestudium vertrage sich das Hobby nicht nur vom finanziellen Aufwand her schlecht. Er nimmt ein spacig anmutendes Modellflugzeug in die Hand, das laut Aufschrift mit bis zu 180 Stundenkilometern durch die Luft sausen kann. „Das wäre mir zum Beispiel schon wieder zu viel, da kriegt man ja schwitzige Hände“, sagt er. „Und von der CO2-Bilanz her sind viele Modelle echt für’n Arsch.“

Passionierte Pinselei: Im Fahrerlager werden die ferngesteuerten Rennautos von ihren Besitzern auf Vordermann gebracht. Foto: Laura Zacharias

Passionierte Pinselei: Im Fahrerlager werden die ferngesteuerten Rennautos von ihren Besitzern auf Vordermann gebracht. Foto: Laura Zacharias

Ein Konflikt, den nicht alle Studenten, die zur Intermodellbau in die Westfalenhallen gekommen sind, mit sich ausmachen müssen. Bei Martin Kruse zum Beispiel ergänzen sich Hobby und Studium perfekt: Der angehende Maschinenbau-Ingenieur sitzt im „Fahrerlager“ in Halle 3A und pinselt liebevoll den Staub von seinem Hot Bodies TCX-Modellauto. „Der kommt vom Teppich auf der Rennstrecke“, erklärt er und setzt die Kunststoffverkleidung wieder über das Fahrwerk, sodass das Ganze fast wie ein normales Auto aussieht. Seit er sechs Jahre alt ist, erzählt Kruse, begeistere er sich für Technik: „Nicht nur für Autos, auch für andere Maschinen.“

Nicht nur Technikbegeisterte

Doch die Bastelei sei nicht das Einzige, was Spaß mache: „Es ist beides. Fahren und sich aus tausend Einzelteilen selbst etwas zusammenbauen“, gibt der 30-jährige Frankfurter zu. Als Maschinenbaustudent mit Schwerpunkt Fahrzeugtechnik greift er seinen Kollegen vom Modellbauclub Goldstein gern mal unter die Arme. „Der BWLer hat’s zum Beispiel nicht so mit der Technik“, meint er und zeigt lachend auf Stefan Köhler, der etwas ratlos grübelnd über seinem Modell sitzt, aber sofort nickend zurücklacht, als er hört, worum es geht.

Männerspielplatz Modellbaumesse: Frauen sieht man unter den Modellbaufans kaum, egal ob am Hubschrauberstand oder bei den Eisenbahnen. Foto: Laura Zacharias

Männerspielplatz Modellbaumesse: Frauen sieht man unter den Modellbaufans kaum, egal ob am Hubschrauberstand oder bei den Eisenbahnen. Foto: Laura Zacharias

Lebendige Frauen sieht man auf Europas größter Modellbaumesse, die noch bis zum 17. April in den Westfalenhallen stattfindet, nur ziemlich wenige: Dafür sind sie als Modelle in fast jeder Form, Farbe und Größe in originalgetreuen Eisenbahnlandschaften, als Manga-Figurensatz, Schiffs- oder Stadiongäste vertreten. Neben unzähligen Hubschraubern, Schiffen, Lastwagen, Tieren, ganzen Fußballstadien und, und, und. Es scheint auf der Welt keinen Krümel zu geben, den es nicht auch als Modell gibt. Und das ist ja auch das Ziel der meisten Modellbauer: Die perfekte Abbildung der Realität, bis ins kleinste Detail.

Perfektion im Miniformat

Selbst da wo es gar nicht sichtbar ist. Markus Drolshagen zeigt auf einen geschlossenen Wohnwagen, der am Rande seiner Modellkirmes, eines bunten, bewegten Treibens voller LED-Lichter, sich drehenden Karussells, Achterbahnen und fahrender Autos steht. „Da drin hat sogar die Bettdecke Blümchen“, sagt er. 16.000 computergesteuerte Leuchtdioden hat der Dortmunder an den Fahrgeschäften und Buden mit einer Pinzette angebracht, 1600 Mini-Festbesucher positioniert. „Ich werde bald unter der Platte kleine Zahnräder mit Magneten einbauen, dann bewegen sich sogar die Leute“, erzählt er mit leuchtenden Augen.

Bunte Welt in Minform: Auf dem Miniatur-Rummelplatz von Markus Drolshagen stimmt so gut wie jedes Detail. Foto: Laura Zacharias

Bunte Welt in Miniform: Auf dem Miniatur-Rummelplatz von Markus Drolshagen stimmt so gut wie jedes Detail. Foto: Laura Zacharias

Seit rund 12 Jahren bastelt der Informatik-Lehrer nun schon an seiner „Großbaustelle“, für die er zu Hause einen eigenen Raum hat. „Es wird immer kleiner, immer feiner.“ Auch Aufnahmen von echten Kirmesansagen laufen im Hintergrund. Den Materialwert seiner Anlage, die Drolshagen auf dem Stand der von ihm mitbegründeten „IG Kirmes und Kirmesmodellbau“ zeigt, schätzt er auf rund 14.000 Euro. „Verkaufen kommt für mich aber nicht in Frage“, sagt er. „Das kann mir kein Mensch bezahlen.“

 

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