„Swag“ ist das Jugendwort 2011. Das hat der Langenscheidt-Verlag mitgeteilt. Die Wörter „Epic Fail“ und „guttenbergen“ stehen auf dem zweiten und dritten Platz. „Körperklaus“ und „googeln“ nehmen den vierten und fünften Platz ein.
Der Begriff „Swag“ kommt aus der Rapmusik und steht für „beneidenswerte, lässig-coole Ausstrahlung“. „Epic Fail“ bedeutet grober Fehler oder Versagen. „Guttenbergen“ heißt abschreiben, „Körperklaus“ steht für Tollpatsch oder Grobmotoriker und „googeln“ bedeutet suchen, nachschlagen – nicht nur im Internet, wie der Langenscheidt-Verlag mitteilt.
Eine Jury aus Jugendlichen und Journalisten hat das Jugendwort unabhängig von dem Langenscheidt-Verlaggekürt. Vor der Jurywahl beteiligten sich rund 40.000 Internetnutzer an der Abstimmung. Danach wurden die 15 beliebtesten Wörter ausgewählt, daraufhin hat die Jury sich für die ersten fünf Wörter entschieden.
Coole Sprache aus Medien
Die meisten Studenten haben von den ausgewählten Jugendwörtern 2011 noch nichts gehört. Maschinenbau-Student Patrick Piorek kennt die Wörter „Swag“ oder „Epic Fail“ nicht. Die Jugendwörter aus den vergangenen Jahren sind Patrick zwar auch nicht bekannt, er hat aber schon davon gehört Er kann nicht beurteilen, ob Jugendwörter gut oder schlecht seien. Diese Wörter beschrieben eine bestimmte Situation. Wenn sie besser passten, könne man sie auch benutzen. „Junge Leute schnappen die Wörter im Internet auf. Sie kommen aus Amerika.“ Sie beschrieben einige Dinge, für die es auf Deutsch keine anderen Wörter gebe. „Außerdem sind sie witziger“, sagt Student Piorek.
Xenia Kinetz studiert Englisch. Sie kennt die Wörter „Swag“ oder „Epic Fail“ auch nicht, dafür aber „guttenbergen“. „Diese Wörter sind cool. Natürlich kann man sie nicht im Seminar zu Professoren oder Dozenten sagen. Jugendliche Menschen benutzen solche Wörter unter sich“, sagt Kinetz. Ihre Eltern benutzen ab und zu solche Wörter, zum Beispiel „chillen“ (ausruhen, zusammensitzen), „weil sie das lustig finden“.
Das Internet und Medien beeinflussten Jugendliche. Sie benutzten bestimmte Wörter, um ihre Meinungen auszudrücken, erklärt Patrick Sellnow, Lehramtsstudent. „Die Wörter können sicherlich die Sprache ändern und entwickeln“, nennt Sellnow einen Vorteil des Jugendwortes. Sprache verändere sich immer „und ich denke, Veränderung ist immer positiv, weil sie mit der Zeit geht“.
Keine wirkliche Jugensprache
Die Jugendlichen benutzten die Medien, sagt Professor Jannis Androutsopoulos, Sprachwissenschaftler an der Universität Hamburg. Sie seien kreativ und mit der Hilfe der Medien erfänden sie neue Wörter, um ihre Meinungen zu äußern. Diese Wörter würden nicht von allen verwendet.
„Wörter des Jahres, das Unwort des Jahres – und jetzt auch das Wort der Jugendsprache des Jahres“, kritisiert Ulrike Haß, Profosserin für Linguistik der deutschen Sprache an der Universität Duisburg-Essen. Ein Verlag bringe sich mit einer Umfrageaktion ins Gespräch und verkaufe zufällig gerade auch noch ein Wörterbuch zum Thema. „‚Die‘ Jugendsprache gibt es nicht, was schon die vielen Stimmen jugendlicher Internetnutzer zeigen, die von den gekürten Wörtern ‚Swag‘, ‚epic fail‘ und ‚guttenbergern‘ noch nie etwas gehört haben.“ Es gebe aber viele sehr verschiedene jugendlich geprägte Kulturen oder Subkulturen „und nur eine davon ist die Rap- und Hip-Hop-Szene“. Die Erklärung von Ulrike Haß zu den nominierten Wörtern:
Swag
Es soll in dieser Szene so viel bedeuten wie ‚Angeberei‘, ‚großes Getue‘, ‚sich in einer bestimmten großartigen Weise zeigen‘. Wenn das stimmt (englische Wörterbücher geben für swag eine etwas andere Bedeutung an), dann stellt es denjenigen, die sich in dieser Szene zuhause fühlen, offensichtlich ein positives Wort für etwas zur Verfügung, das in der deutschen Sprache sonst ja nur negativ gesehen wird. „Du Angeber!“ – ist ein Vorwurf, eine Kritik. Da brauchte jemand ein positiv konnotiertes Wort und nahm es aus der ohnehin angloamerikanisch dominieren Szene. Das Wort wird sich außerhalb der Szene nicht durchsetzen; Angeberei wird eben nicht bewundert – im Gegenteil.
Epic fail
Epic fail lässt sich hingegen gut durch ein deutsches Wort ersetzen: ‚Riesenfehler‘; besser passt aber ‚Riesenreinfall‘ oder Riesenpleite, -panne‘. Wenn man genauer erforscht, in welchen Kontexten der Ausdruck von wem gebraucht wird, wir schnell klar, dass das Wort kein ganz normales Standardenglisch ist, sondern der Sphäre des Internets zugehörig zu sein scheint. Videos werden in you tube über 300.000 mal mit der Überschrift ‚epic fail‘ kommentiert. Da hat ein Bauer seinen brennenden Trecker mit Gülle gelöscht. Es hat funktioniert und heißt dennoch epic fail. Es geht bei dem Wort offenbar eher um Pech als um ein eigene Dummheit, die bereitwillig eingestanden wird.
Guttenbergen
Jeder weiß, was damit gemeint sein kann, auch wer das Wort zum ersten Mal hört: plagiieren, unrechtmäßig abschreiben, abkupfern usw. Der Name des medial berühmten Täters wird zum Verb. Das Muster ist sehr deutsch und sehr alt: Man lässt sich röntgen (nach Herrn Röntgen), misst Strahlung in Millisievert (nach Herrn Sievert) und manche sagen, dass sie hartzen (nach Herrn Hartz). Das Wort wird sich nicht sehr lange halten, weil es schon gleichbedeutende Wörter gibt und weil der mediale Hype irgendwann zwangsläufig abflaut. Aber die Uni-Jugend wird es eine Zeitlang ironisch-kritisch gebrauchen.
„Jede Form von Guttenbergerei ist ein swag, das vor dem epic fail kommt. Bedeutet so viel wie das alte Sprichwort ‚Hochmut kommt vor dem Fall'“, sagt Profosserin Haß.