Duell: Sind eReader der Tod fürs analoge Buch?

Das Duell: Timo versus Martin

Am Mittwoch ist die Frankfurter Buchmesse zum mittlerweile 63. Mal gestartet. Auch in diesem Jahr zeigen die Aussteller Literatur aus aller Welt. Seit einigen Jahren zeichnet sich der Trend zu digitalen Endgeräten ab. Das eBook ist im Vormarsch. Doch bei allen technischen Neuerungen stellt sich nun die Frage: Kann es dem gedruckten Buch den Rang ablaufen?

PRO
CONTRA

Ja, das Buch wird sterben – zumindest das Buch, wie man es heute kennt. Dieses analoge Wesen mit Bucheinband und Schutzumschlag muss sich schon heute größtenteils der Konkurrenz aus anderen Medien geschlagen geben – und wird zukünftig den Platz für seine digitalen Pendants räumen müssen.

Während sich unsere Gesellschaft zunehmend digitalisiert und sich das Bewegtbild innerhalb nur eines Jahrhunderts zum Leitmedium mauserte, gerät das gedruckte Buch zunehmend ins Hintertreffen – es sei denn ein gewisser Thilo Sarrazin meint erkannt zu haben, dass Deutschland sich abschaffe oder Charlotte Roche feuchtgebieterische Schoßgebete aussendet. Scheinbar kann das Buch – egal ob Sachbuch oder Belletristik – nur noch mit der Provokation punkten, dem Skandal. Scheint logisch, denn je größer die Konkurrenz aus Film, Fernsehen und Internet, desto greller und lauter muss man daherkommen, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Schlechte Zeiten also für Qualitätslektüre, möchte man meinen.

Bedürfnis nach großen Ideen

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Der Chef der Frankfurter Buchmesse, Jürgen Boos, ist sich allerdings sicher, dass die Menschen immer noch an guten Geschichten interessiert sind. Und auch Schriftsteller wie der US-amerikanische Autor Bret Easton Ellis denken, dass das menschliche Bedürfnis nach großen Ideen und langen Geschichten nicht nachlasse. Jede Werbung, jeder Video- oder Youtube-Clip, jeder Kino– und Fernsehfilm sei ja im Prinzip nichts anderes als eine erzählte Geschichte. Und gerade in Zeiten der Krise sehnen sich die Menschen nach Geschichten – da sind sich Verleger und Autoren einig.

Es liegt also weniger daran, dass Geschichten out sind, als an den veränderten Gewohnheiten diese aufzunehmen. Der Stil, das Story-Telling, muss sich also verändern, ebenso wie der Weg, auf dem die Geschichte zu den Menschen kommt.

Dabei wird das analoge Buch wohl keinen zweiten Frühling erleben und sich zurückkämpfen, das digitale wird künftig seinen Siegeszug antreten. Ein Indiz: Während der Printmarkt, also das Geschäft mit dem gedruckten Werk stagniert, legt der Markt mit digitalen Produkten deutlich zu.

Und die Vorteile liegen klar auf der Hand: Warum noch Bücher einpacken, wenn man seinen Lieblingsautor „on demand“ auf dem „Kindle“ oder sonstigen Geräten haben kann? Immer und überall! Warum noch in die Bibliothek, wenn man sich in Zukunft ohne Öffnungszeiten jede Lektüre digital leihen kann?

Der digitale Markt wird sich immer weiter entwickeln, er wird die Zukunft sein, so viel ist sicher – und auch wenn es wahrscheinlich noch die eine oder andere Dekade dauern mag, bis sich das digitale Buch endgültig durchgesetzt hat, so wird es irgendwann so kommen.

Und auch für die Schriftsteller – ebenso wie für ihre Verleger – wird sich der Vertrieb des digitalen Buches lohnen. Literatur-Agent Andrew Wylie, der Star-Autoren wie Philip Roth vertritt, ist sich sicher, dass das neue Buchgeschäft profitabel sein wird. Mehr Gewinn für die Verleger, mehr Gage für den Schriftsteller und für den Leser jedes Buch jetzt und sofort – so solle es sein. Müssen nur noch die richtigen Geschichten erzählt werden!

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Nein, das Buch wird nicht sterben! Sicherlich kann man sich den Neuerungen der Technik gegenüber nicht verschließen, doch ich denke nicht, dass es eine totale Ablösung des gedruckten Buches geben wird. Es wird vielleicht ein Nebeneinander von traditionellen und neumodischen Publikationen geben. Doch verdrängen lässt sich das gute alte Buch nicht.

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In unserer hochtechnisierten Gesellschaft muss es schnell, einfach und am besten noch alles gleichzeitig gehen. Dabei sollen uns eReader, iPads und ähnliche Errungenschaften helfen. Der Onlineversandhandel Amazon rühmt sich dieser Tage damit, in den USA im letzten Jahr mehr eBooks für ihren Reader „Kindle“ verkauft zu haben, als gedruckte Bücher. Doch ist das wirklich der Weisheit letzter Schluss? Macht Lesen so wirklich noch Spaß?

Nur eine Datenmenge

Ich denke nicht. Ein guter Roman, eine Sammlung aus Kurzgeschichten oder ein Gedichtband liest man am besten in gedruckter Form und nicht von einem kleinen Bildschirm ab. Denn ein Buch ist mehr als nur eine Ansammlung bedruckter Seiten. Ein gedrucktes Buch hat eine Seele und übt auch eine gewisse Faszination aus. Ein schön gestalteter Einband macht etwas her und ein ganzes Regal voller Bücher wirkt sogar sehr dekorativ. Zudem hat man mit einem gedruckten Buch einen reellen Wert in der Hand. Ein eBook ist nichts weiter, als eine kleine Datenmenge auf einem Stick.

Ein großer Pluspunkt der digitalen Bücher ist wohl der „Gewichtsvorteil“. Zusammen mit der geringen Größe der zugehörigen Reader verspricht das System eine Bücherei im Hosentaschenformat. Doch das handliche Format ist auch gleichzeitig eine der großen Schwächen des Prinzips eReader. Der kleine Bildschirm ist nicht gerade leserfreundlich und eher nervig. Oft muss man noch horizontal oder vertikal über die Seite scrollen oder aber mit einer sehr kleinen Schrift vorlieb nehmen. Dazu sind die teuren kleinen Geräte hochgradig diebstahlgefährdet. Ein Problem, das man bei einem gut tausendseitigen Tolstoi in gedruckter Fassung relativ gefahrlos ignorieren kann.

Leerer Akku sorgt für Frust

Überhaupt ist das Lesegefühl ein wichtiger Punkt pro Buch und gegen das eBook. Von einer eBook-Lektüre in der Badewanne oder am sandigen Strand ist genauso abzuraten, wie die Verwendung eines Readers bei einem mehrwöchigen Campingurlaub ohne Stromzufuhr. Kurz vor dem letzten Kapitel eines spannenden Krimis an einem leeren Akku zu scheitern, wäre doch sehr frustrierend.

Ich denke schon, dass das digitale Buch für Studienzwecke oder bestimmte Gelegenheiten eine ganz nette Idee ist, doch das gute alte Buch hat in Punkto Vielseitigkeit, Echtheit und Störungsanfälligkeit klar die Nase vorne. Sicher: Bücher brauchen Platz und bringen viel mehr Gewicht auf die Waage, doch mit diesem natürlichen Nachteil muss man eben leben. Außerdem möchte ich gerne mal sehen, wie man einen Tisch am Wackeln hindert, indem man ein iPad unter ein Bein schiebt. Oder aber, wie man im Herbst schöne bunte Blätter zwischen zwei eReadern trocken presst.

In diesem Sinne: frohes Lesen!

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Foto: stockxchng/ bizior, Montage: Falk Steinborn, Teaserfoto: flickr.com / Daniel Sancho

1 Comment

  • Vanessa sagt:

    Wie passend! Lese gerade mein erstes ebook. Anfangs war’s etwas gewöhnungsbedürftig, weil die Haptik fehlt. Man fühlt nicht, an welcher Stelle man grad im Buch ist, weit vorn oder weit hinten, und auch neugieriges Vor- und Zurückblättern ist – abgesehen von zwei, drei Seiten – nicht möglich. In einem gedruckten Buch lässt man die Seite mal eben durch die Finger rauschen und hat einen Komplett-Überblick über das Buch und seine Kapitel. Es fiel mir zunächst auch schwer, in die Handlung einzutauchen; so ein Gerät regt nicht grad die Fantasie an. Aber es ist eine Sache der Gewöhnung. Jetzt möchte ich den Reader nicht mehr missen, besonders, weil ich viel in der Bahn lese, er nicht mal fingerbreit ist und nur ein paar Gramm wiegt. Echt super. Für Bücher, die man nicht zweimal lesen will und nur zur Kurzweil hat, ist es ideal.

    Einige Bücher werde ich mir aber trotzdem noch gedruckt kaufen. Solche, von denen ich mir ein besonderes Lese-Erlebnis verspreche. Bücher wie „Die Karte meiner Träume“ oder „Extrem laut und unglaublich nah“, in denen auch Illustrationen sind, funktionieren elektronisch nicht.

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