Rektor des Jahres – Der „Sieben-Tage-Job“

„Rektor des Jahres“: mit diesem erstmalig verliehenen Titel hat der Deutsche Hochschulverband (DHV)  Elmar Weiler, Rektor der Ruhr-Universität Bochum, ausgezeichnet. Bei einer Online-Umfrage unter den 35.000 Mitgliedern des DHV standen Rektoren und Präsidenten von 52 deutschen Hochschulen zur Wahl. Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert. Mit dem Geld soll die studentische Initiative zur Kinderbetreuung unterstützt werden. pflichtlektüre online-Mitarbeiter Matti Hesse sprach mit Weiler über die Entwicklung seiner Universität und die Person, die hinter dem Amt des Rektors steckt.

RUB-Rektor Elmar Weiler

RUB-Rektor Elmar Weiler. Foto: RUB

pflichtlektüre online: Herr Weiler, Sie können sich jetzt „Rektor des Jahres“ nennen. Was ist das für ein Gefühl?

Weiler: Ich habe diese Auszeichnung nicht so sehr als eine persönliche gesehen. Wenn sie als Einzelner etwas machen, kann das noch so gut sein, wenn man die Universität dabei nicht mitnimmt, steht man 14 Tage später als Rufer in der Wüste und sieht um sich nur noch Sand. Wir haben das alte Image der Ruhr-Universität innerhalb von zwei, drei Jahren komplett gedreht. Inzwischen werden wir immer wieder auch international als eines der Beispiele dafür genannt, wie man eine moderne Universität hinstellt. Ich bin vielleicht der Moderator oder der Katalysator in dem Prozess, aber wenn nicht alle mitgemacht hätten, wären wir nirgendwohin hingekommen. Deshalb ist es eine Auszeichnung für die ganze Universität. Das freut mich natürlich.

pflichtlektüre online: Sie wurden unter anderem für die Leitidee des „Universitas“ [lat.: Gemeinschaft – Anm. der Red.] ausgezeichnet. Was steckt dahinter?

Weiler: Man hört ja nicht selten, dass die Studierenden an einer Universität als Kunden gesehen werden, als Produkte der Universität. Das ist bei uns hier eine völlig andere Sicht auf die Dinge. Die Studierenden sind Mitglieder der Universität, sie sind Teil der Universität. Das Bild ist: Wir lernen hier alle. Das heißt, es ist eine Kette von Lernprozessen, die eine eigentliche Universität ausmacht. Und das ist keine Einbahnstraße, sondern geht in beide Richtungen. Wir haben mehrere Projekte in Gang gesetzt, in denen die Studierenden eigentlich die prägende Meinung haben und ihre Vorschläge dann in die Praxis übernommen werden.

pflichtlektüre online: Glauben Sie, dass Sie auch Rektor des Jahres wären, wenn die Studenten oder der Asta gewählt hätte?

Weiler: Das kann ich nicht sagen. Man bekommt natürlich punktuelle Rückmeldungen. Ich persönlich glaube, dass, auch wenn wir in vielen Punkten nicht übereinstimmen, der Asta die Arbeit des Rektorats genauso würdigt und schätzt wie umgekehrt. Man muss gar nicht einer Meinung sein. Wenn Punkte ausdiskutiert werden müssen ist es wichtig, dass man das fair miteinander macht. Das hat bisher gut geklappt.

pflichtlektüre online: Eine Kategorie der Umfrage war Mut zur Entscheidung. Welche Entscheidung ist Ihnen schwer gefallen?

Weiler: Die Diskussion um die Einführung der Studienbeiträge war nicht sehr einfach. Nicht, weil wir da eine polarisierte Situation haben, die ist ganz normal, wenn man so völlig unterschiedliche Ansätze hat, sondern weil wir natürlich letztendlich schon die Sorge hatten, dass man die Nebeneffekte nicht kalkulieren könnte. Was passiert nach der Einführung: Brechen die Studierendenzahlen weg, hat man plötzlich keine ausländischen Studierenden mehr? Und in dem Punkt eine Abwägung zu treffen, ist wirklich schwierig gewesen. Ich bin froh, dass sich die Worst-Case Szenarien nicht eingestellt haben.

pflichtlektüre online: Werden Sie auf dem Campus eigentlich erkannt?

Weiler: Ja, ich glaube schon. Ich denke, dass die Studierenden etwas von ihrem Rektor mitbekommen.

Elmar Weiler bei der Preisverleihung zum Rektor des Jahres

Elmar Weiler (Mitte) bei der Preisverleihung zum Rektor des Jahres. Foto: Martina Goyert/DHV

pflichtlektüre online: Sie haben Biologie und Chemie an der Ruhr-Universität Bochum studiert. Wie war Ihre Studienzeit?

Weiler: Super. Natürlich gab es leichtere und schwierigere Kurse. Manchmal kämpft man da irgendwie und kommt dann in die Nähe der Verzweiflung, das geht jedem so, aber im Großen und Ganzen muss ich sagen: Es war einfach toll. Ab dem vierten Semester habe ich dann schon als studentische Hilfekraft in der Wissenschaft gearbeitet. Das hat mit wirklich Spaß gemacht und das ist auch der Grund gewesen, warum ich dann die Hochschullehrerlaufbahn eingeschlagen habe und meinen ursprünglichen Wunsch, als Lehrer in der Schule zu arbeiten, aufgegeben habe.

pflichtlektüre online: Bleibt Ihnen eigentlich neben dem Beruf noch Freizeit?

Weiler: Eher wenig. Es ist schon ein Sieben-Tage-Job. Ich lese viel und auch thematisch sortiert.  Krimis lese ich keine, das wäre für mich Zeitverschwendung. Romane kann ich mir auch nicht antun, es sei denn, die sind wirklich kurz und haben was zu sagen. Das ist ja auch mein Motto: Man sollte keinen Tagen verbringen, ohne dass man irgendetwas Substanzielles bewegt hat.

pflichtlektüre online: Also vollkommen erfüllt vom Amt des Rektors?

Weiler: Einen besseren Job kann man sich kaum vorstellen, als so eine gute Universität anführen zu können. Ich betrachte das nicht als ein Forum, in dem ich präsidieren darf. Ich betrachte das schon als eine Auszeichnung, eine Universität führen zu können. Das ist nichts, wobei man sich ausruhen kann und das entspricht auch nicht meiner Einstellung. Es gibt immer etwas zu tun und dann wird auch gearbeitet. Ich würde jedenfalls ganz gerne sehen, wenn die Studierenden die Meinung hätten, der Rektor muss sich genauso abrackern und anstrengen wie sie in ihrem Studium. Ich möchte nämlich nichts von anderen verlangen, was ich nicht selber gebe.

Interview: Matti Hesse

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