Nachtaktiv – Wenn Blutsaugen zum Hobby wird

Am Tag arbeitet Mirko Schroeder als Anwendungsbetreuer im IT-Bereich. Hier unterscheidet er sich optisch nicht sehr von seinen Kollegen: Hose, Hemd, Karopullover, Brille. Doch mehrmals im Jahr tauscht er sein Alltags-Outfit gegen einen Umhang: Dann nämlich verwandelt er sich in einen Vampir. Denn Mirko Schroeder ist Vampire-Live Rollenspieler und dazu der Gründer des Theater der Vampire.

Mirko Schroeder im normalen Leben. Foto: Lisa Tüch

Mirko Schroeder im normalen Leben. Foto: Lisa Tüch

Mirko Schroeder hat nicht nur eine Rolle: Neben seinem echten Leben, schlüpft er auch gerne mal in die Haut von Kieron, einem bösen Vampir. Am liebsten spielt er aber gar nicht den Blutsauger – sondern einen Sterblichen namens Gabriel Ritter: „Ich mag die Unwilligkeit des Menschens zum Vampir werden zu wollen.“ Richtig reinfühlen kann er sich in diese Rollen natürlich nicht im heimischen Wohnzimmer. Die Spielabende des Theaters der Vampire finden häufig an ausgefallenen Orten wie Burgen oder Schlössern statt. Als Gründer und Mitglied des Regieteams kann Schroeder aber auch nicht immer selbst mitspielen – oftmals schlüpft er in eine Regierolle. Er fungiert dann als neutraler Beobachter und vor allem als Ansprechpartner bei Fragen und Problemen. In das Spiel selber greift er nicht ein.

Ein Liverollenspiel ähnelt einem Theaterstück. Jeder Spieler übernimmt einen bestimmten Part. Im Fall des Theaters der Vampire spielen die meisten Spieler einen Vampir; manche haben sogar besondere Gaben: Zum Beispiel können sie bei anderen das Blut kochen lassen. Anfänger spielen zuerst Sterbliche, die noch nicht verwandelt wurden. Im Unterschied zu einem Theaterstück gibt es beim Theater der Vampire allerdings kein Skript. Das heißt: Das Spiel erfolgt improvisiert und spontan. „Man interagiert und spielt mit den Mitspielern. Daraus ergeben sich Handlungen, Intrigen und Szenen“, erklärt Schroeder. 

Das eigene Rollenspiel 

Bereits seit Anfang der 80er Jahre ist er ein großer Fan von Rollenspielen und hat schon Verschiedene ausprobiert. 2003 beschloss er dann sein eigenes zu entwerfen: „Ich wollte ein paar Dinge, die mich am alten System gestört haben, anders machen und versuchen einen anderen Weg zu gehen.“

Also entwarf er mit Unterstützung von weiteren Spielern das Grundkonzept zum Theater der Vampire: „Ich bereite die Bühne, auf denen die Spieler selber ihr Spiel gestalten können“, sagt Schroeder. Eigene Ideen sind dabei gern gesehen. Zum Beispiel gründen manche Fans richtige Vampirhäuser und -familien und denken sich ihre eigene Historie aus.

Infos zu Regeln und Häusern gibt es in diesen zwei Büchern. Foto: Lisa Tüch

Infos zu Regeln und Häusern gibt es in diesen zwei Büchern. Foto: Lisa Tüch

Im Gegensatz zu anderen Live-Rollenspielen geht es beim Theater der Vampire nämlich weniger um Kampf und Aktion – die Bisse werden nur angedeutet und es wird auch kein Blut getrunken. Im Vordergrund stehen vielmehr gesellschaftliche und höfische Aspekte. Daher organisieren sich die Vampire in den Häusern und Familien und veranstalten gesellschaftliche Feste wie Bälle; teilweise gehen die Events auch über ein ganzes Wochenende. Als Inspirationsquelle für das Rollenspiel dienen Schroeder und seinen Mitstreitern Romane wie „Interview mit einem Vampir“ und Filme.

Twilight ist zu „weichgespült“

Denn Mirko Schroeder reizt nicht nur das Rollenspiel – er interessiert sich auch für Vampire. „Ich hab einiges an Romanen gelesen und natürlich auch die gängigen Filme und Serien geschaut.“ Dabei spricht er aber vor allem von Klassikern – die aktuellen Teeniebestseller wie die Twilight-Reihe lassen sein Herz nicht gerade höher schlagen: „Die modernen Versionen sind für meinen Geschmack oft sehr weich gespült. Häufig werden essentielle Elemente des Bösens, der Urkraft des Vampires, abgeschwächt.“

Mirko Schroeder in seiner Rolle als Bösewicht Kieron. Foto: Mirko Schroeder

Mirko Schroeder in seiner Rolle als Bösewicht Kieron. Foto: Mirko Schroeder

Für Schroeder ist das Theater ist ein zeitintensives Hobby, denn als Gründer muss er auch außerhalb viel organisieren. In den Wochen vor großen Events widmet er sich manchmal zwei bis drei Stunden am Tag seinem Rollenspiel: „Für mich ist das Drumherum fast interessanter als die eigentliche Aktion auf der Bühne und im Spiel“, sagt er. Der ITler und seine Regieteamkollegen übernehmen dann organisatorische Aufgaben: Sie erschaffen Rollen, betreuen Spieler und Website und bereiten Events vor, indem sie zum Beispiel den Schauplatz buchen: „Das Schöne an so einem Liverollenspiel ist, dass man sich da mit seinen persönlichen Hobbys in verschiedener Weise einbringen kann. In meinem Fall beispielsweise mit Websitegestaltung und Layouten.“

Alles nur ein Hobby

Schlussendlich trennt Schroeder aber Hobby und echtes Leben – in seinem Schlafzimmer steht kein Sarg und er schreckt auch nicht ängstlich vor Knoblauch zurück. Er glaubt nicht wirklich an die Existenz von Vampiren: „Ich bin an den Vampiren als Mythos interessiert, aber das ist nur eines meiner Hobbies und es ist nicht so, dass mein Zuhause ganz schwarz wäre. Ich bin kein Gothic.“ Nur ein großer Fan.

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