Kommentar: Wie sich jeder zu #koelnhbf positioniert und nur falsch liegt

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Seit an Silvester in Köln und und anderen Großstädten hunderte Frauen sexuellen Übergriffen ausgesetzt waren, wird hitzig debattiert. Die einen diskutieren enthemmt, die anderen äußern sich übervorsichtig oder gleich gar nicht.

„Unsere“ Frauen sind in Gefahr. Deutsche Blondinen. Und natürlich auch die deutschen Brünetten, wie der AfD-Vorsitzende Björn Höcke auf Günter Jauchs Nachfrage schnell noch hinzufügte. In Gefahr vor dem Ausländer, dem Islam, der deutschen Asylpolitik. Und die Ausländer sind in Gefahr, oder die Männer unter ihnen, oder die Flüchtlinge. In Gefahr vor dem Deutschen, dem Rechten, der deutschen Asylpolitik.

Übergriffe als Legitimation für Rechte

Köln wird zum Brennglas des gesamten Asyldiskurses. Zur Rassismus-Diskussion gesellt sich nun die über Sexismus. Und spätestens damit wird es kompliziert, und viele halten den Mund.  Und die, die den Mund nicht halten, sollten es zum Großteil tun. Oder sich vorher allein schon zum Selbstschutz ein anderes Weltbild basteln. Denn egal wie man sich positioniert, Sexismus oder Rassismus oder beides kann fast jedem vorgeworfen werden, der sich äußert. Frauen, die wegen den Übergriffen Anzeigen erstatten haben, werden angefeindet und bedroht, als rechtsextrem beleidigt. Und einige übermotivierte Antirassisten mutmaßen in Online-Kommentaren, dass wahrscheinlich viele Frauen Anzeigen erstattet hätten, ohne Opfer zu sein.  Nur um die rassistische Hetze zu legitimieren. 

Asylbewerber unter den Tätern?
Laut WDR sind unter den Tatverdächtigen 22 Asylbewerber.  45% aller Anzeigen zur Kölner Silvesternacht beziehen sich auf Sexualdelikte. Wie viele davon von Asylbewerbern begangen wurden, ist nicht bekannt.

Die neuen Frauenbeschützer

Auf der anderen Seite gibt es plötzlich faszinierend viele Frauenbeschützer. Auch wer bisher kein großes Problem mit Sexismus hatte – seit dem 1. Januar 2016 hat er eines. Der deutsche Mann wirft sich ritterlich vor die blonde Maid. Rufe nach einer sofortigen Abschiebung aller Täter werden laut. Doch wer wirklich die Sicherheit von Frauen will, dem dürfte schnell klar werden, dass eine Abschiebung wenig nützt. Sie kann niemanden von Sexismus befreien,  sondern nur das Problem zusammen mit diesen Männern in andere Länder verlagern. Und warum interessiert sich Deutschland gerade dann so sehr für Gewalt gegen Frauen, wenn sie von Ausländern begangen wird?

Was also denken?

Was bleibt, sind Frauen, die Angst haben. Und Migranten, die auch Angst haben. Und Menschen, die keine Ahnung haben, wie sie zu dem Thema stehen. Wie sieht es mit meiner eigenen Meinung aus? Anscheinend muss auch ich mich entscheiden: Gehöre ich zur antirassistischen oder feministischen Fraktion? Ich bin gegen Rassismus. Aber will ich wirklich alle Flüchtlinge unterstützen; auch die, die Frauen misshandeln? Gleichzeitig bin ich gegen Sexismus. Aber kann ich mich auch hinter die Frauen stellen, die jetzt „Ausländer raus!“ fordern? Und ist es nicht schon falsch, auch nur eine dieser beiden Einstellungen zu überdenken und damit auf die Propaganda einer Seite reinzufallen? Wenn ich angebaggert, angetanzt oder angegrapscht werde, ist es mir egal, ob das ein Mann aus Syrien, Sachsen oder Dortmund-Sölde tut. Sexismus und Übergriffe sind etwas, das verurteilt werden muss. Genauso wie Rassismus.

Beitragsbild: flickr/Craig Sunter

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