Hamburgs Gefahrengebiete: Ende einer umstrittenen Maßnahme

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Die Gefahrenzonen in Hamburg wurden aufgehoben. Foto: flickr.com/brainbitch

Seit dem 4. Januar galten mehrere Stadtteile Hamburgs laut einer Erklärung der Polizei als Gefahrengebiete. Ganz St. Pauli und große Teile der Sternschanze und Altonas waren hiervon betroffen. Das Ausrufen der Gefahrenzone sorgte für viel Kritik und kreativen Protest. Nun ist die Polizeimaßnahme aufgehoben worden.

Personenkontrollen und Platzverweise leicht gemacht: Durch die Einrichtung von Gefahrengebieten am 4. Januar sollte mittels polizeilicher Maßnahmen und polizeilicher Sonderrechte mehr Sicherheit für die Bürger und Beamten in Hamburg gewährleistet werden. Am 9. Januar wurde die flächendeckende Gefahrenzone auf drei Gefahreninseln rund um Polizeireviere verkleinert und die Zeiten für verdachtsunabhängige Kontrollen auf den Zeitraum zwischen 18 bis 6 Uhr beschränkt. Die SPD-Landesregierung ist sich jedoch nicht sicher, ob diese Einschränkung nicht zu früh kam.

Der politische Beschluss für die Sondermaßnahme in der Hansestadt reicht jedoch länger zurück. Bereits im Jahr 2005 wurde das Polizeigesetz von der CDU überarbeitet und machte die Errichtung von Gefahrengebieten in Hamburg möglich – eigentlich zur Bekämpfung der Drogenszene. Laut Hamburger Polizeirecht ist ein Gefahrengebiet ein Bereich im öffentlichen Raum, in dem Straftaten von erheblicher Bedeutung vermutet werden. Schweren Vergehen soll so vorgebeugt werden. Die Polizei hat dabei Sonderrechte. Sie kann in den Gefahrengebieten verdachtsunabhängig bestimmte polizeiliche Standardmaßnahmen vornehmen. Somit dürfen Polizisten dort Personen anhalten und befragen, ihre Identität feststellen, Aufenthaltsverbote erteilen und sie auf mitgeführte Gegenstände kontrollieren. Gewaltdelikte und Drogenhandel sollen eingedämmt werden. Bisher wurden insgesamt 40 Gefahrengebiete in Hamburg eingerichtet – zum Beispiel bei Demonstrationen. Doch viele Bürger sparten nicht mit Kritik. Sie sehen in den Sonderzonen einen Eingriff in Grundrechte – beispielsweise in die Versammlungsfreiheit.

Parteien zeigten sich uneins zur Sicherheitsmaßnahme

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Goodbye „Dangerzone“: Die Gefahrenzonen in der Hansestadt sind laut Polizei nicht mehr erforderlich. Foto & Teaserfoto: flickr.com/derborys

Das nun aufgehobene Gefahrengebiet war das größte, was in Hamburg bisher errichtet wurde. Um dem Eingriff in verschiedene Grundrechte zu entgehen, verkündete die Polizei Anfang Januar Kontrollen mit Augenmaß. Lediglich relevante Gruppen sollten demnach überprüft werden. Die Parteienlandschaft ist sich bei der Bewertung der Maßnahme uneinig: Die SPD-Landesregierung in Hamburg und auch die CDU befürworteten das neue Gefahrengebiet. Grüne, FDP und Linke kritisierten die Errichtung der Zone aufgrund von Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und einem unverhältnismäßigen Umfang der Kontrollen. Die Linkspartei hält das Gefahrengebiet sogar für rechtswidrig, da die Polizei von niemandem wirklich kontrolliert würde und die Sicherheitslage keine solche Zone mehr erfordere. Die Linken wollten das Gefahrengebiet per Parlamentsbeschluss kippen und forderten die sofortige Aufhebung in einem Antrag für die Sitzung am 22. und 23. Januar.
Auch viele Hamburger Bürger zeigten sich verärgert über die Kontrollen. Auf einer Online-Petitionsseite startete eine Anwohnerin am 9. Januar einen Unterschriftenaufruf gegen das Gefahrengebiet, der von 8330 Menschen unterzeichnet wurde. So einen steilen Start hatte zuvor noch keine Hamburger Petition.

Kreativer und humorvoller Protest gegen die „Dangerzone“

Neben vereinzelten gewalttätigen Ausschreitungen demonstrierten viele Hamburger jedoch weitestgehend friedlich. Am 9. Januar gab es beispielsweise eine Fahrraddemo quer durch die Stadt, an der rund 600 Menschen beteiligt waren. Auch die Durchsuchung eines jungen Mannes durch die Polizei sorgte für eine humorvolle Protestwelle. Ein Bild zeigt, dass bei der Kontrolle eine Spülbürste zum Vorschein kam. Seitdem gelten Klobürsten in Hamburg als Zeichen des Protestes. Am 12. Januar fand ein sogenannter „Brush Mob“ auf dem Paulinenplatz statt, bei dem die Klobürste als Zeichen des Widerstandes fungierte. Rund 450 Hamburger nahmen lärmend mit Rasseln und Tröten – und zahlreichen Klobürsten – an der Demonstration gegen das Gefahrengebiet teil. Am 10. Januar gab es weiteren friedlichen Protest in Form einer großen Kissenschlacht auf dem Spielbudenplatz.

Das Fazit der Maßnahme, die bundesweites Aufsehen erregte: Insgesamt wurden über 800 Personen kontrolliert. Die Polizei Hamburg gab bekannt, dass nach der Ausrufung der Gefahrengebiete Schlagwerkzeuge, Vermummungsgegenstände und Pyrotechnik sichergestellt werden konnten und die verstärkten Kontrollen demnach erfolgreich gewesen seien. Auch sei es nicht mehr zu Angriffen auf Polizeibeamte gekommen. Die Gefahrengebiete seien demnach laut Polizei Hamburg nicht mehr erforderlich und deren Aufhebung somit auch juristisch geboten.

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