Der an der Stange tanzt

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Poledance ist nur was für verruchte Kneipen! Zumindest lautet so das Schmuddel-Image, das die Szene eigentlich loswerden will. Auch in Dortmund wirbt das neu eröffnete VI-Dance-Studio mit Schnupperkursen. Pflichtlektüre-Reporter Markus Meyer-Gehlen hat sich elegant an die Stange geschwungen und weiß jetzt (in der Theorie) auf jeder Party zu beeindrucken.

Reporter Markus Meyer-Gehlen hochkonzentriert vor der Übung

Reporter Markus Meyer-Gehlen hochkonzentriert vor der Übung             Fotos: Katharina Schmitz

Rotlicht? Netzstrumpfhosen? Meine ersten Erwartungen kann ich schnell begraben. Das Tanzstudio ist hell, die Leute sind normal gekleidet. Der freundliche Empfang mit Sekt und Orangensaft ist zwar heute eine Ausnahme, abschreckend wäre das Ambiente aber auch ohne ihn nicht. Vivien, die Betreiberin der Studios, führt mich herum. „Es ist leider noch nicht alles ganz fertig. Aber wir freuen uns, dass es heute so voll ist“, sagt sie. Ich betrete den großen Saal – hier sieht es aus, wie in der Ballettschule. Der einzige Unterschied: Keine waagerechte Stange an der Wand, sondern neun senkrechte vom Boden zur Decke. Ansonsten alles so, wie man sich das vorstellt.

Wichtig ist nicht nur die Bewegung, sondern auch die Körperhaltung. Sarah zeigt, wie der Fuß auszustrecken ist.

Wichtig ist nicht nur die Bewegung, sondern auch die Körperhaltung. Sarah zeigt, wie der Fuß auszustrecken ist.

Parkett auf dem Boden, ein großer Spiegel an der Wand. Mich überrascht nur der große Andrang. Immerhin bin ich in einer Poledance-Schnupperstunde extra für Männer. Knapp 20 Herren stehen hier – und wollen sich am Stangensport versuchen.

Normalerweise tanzt sie zu zweit an der Stange

Unsere Trainerin heißt Sarah – und sie ist Profi. Deutsche Vizemeisterin mit ihrer Double-Partnerin. Sie tanzt also normalerweise zu zweit an der Stange. Da kommt es dann nicht nur auf den eigenen Körper an, sondern auf Absprache und Synchronität. Dass Sarah das alles beherrscht, sieht man, als sie die ersten Übungen vormacht. Sie zeigt uns, was geht, wenn man im Trainig ist. Ein „Chair Spin“ etwa: Eine Drehung um die Stange, bei der die Beine ausgestreckt sind und die Hüfte nicht die Stange berühren darf. Sieht einfach aus. Ist für mich aber irgendwie unmöglich. Bestimmt ist mein Unterkörper einfach viel schwerer als der von Sarah. Außerdem ist meine Stange viel rutschiger. Daran liegts!

Nachdem die Fronten also geklärt sind, zeigt Sarah uns ein paar weitere Figuren. Sie hängt sich waagrecht an die Stange oder klettert hoch bis unter die Decke. Das sieht nicht schlecht aus. Auch, wenn hier alle immer wieder betonen, dass Poledance eine ganz normale Sportart ist: Ein kleiner Hauch Erotik ist dabei. Schon allein, weil die Bekleidung nicht so üppig ausfällt wie zum Beispiel beim Eishockey. Klar, die Haut an der Stange ist wichtig, denn sie bietet Rutschfestigkeit. Aber sie trägt wohl auch ihren Teil zum Image des Sportes bei.

Poledance ist ein bisschen wie Geige spielen

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Auch Männer sind im Pole willkommen. Die haben ihr eigenes Trainingsprogramm – das ist aber offensichtlich nicht weniger schwierig.

Eine halbe Stunde Poledance geht schnell vorbei. Und beim Klettern habe ich mich immerhin nicht ganz doof angestellt. Natürlich ist es schwer ohne die bestimmten Muskelpartien, die sich bei dem Sport ausbilden. Und ich glaube, Poledance ist ein bisschen wie Geige spielen: Es wirkt später mal unglaublich toll, aber es dauert lange, bis man etwas halbwegs Brauchbares zustande bringt. Und in dieser Zeit ist das Resultat eher peinlich als motivierend.

Sarah macht heute noch mehr Schnupperkurse und muss uns deswegen wieder aus dem Saal schicken. Mit etwas wabbeligen Armen ziehe ich mich wieder um. Aber Spaß gemacht hat der Poledance. Zugegeben – das machen die meisten Sportarten, wenn man sie das erste Mal ausprobiert. Poledance ist aber besonders. Totale Körperbeherrschung heißt das Zauberwort: Man fühlt sich an der Stange wie ein Eiskunstläufer, hochkonzentriert und angespannt, Gefühl in jedem beweglichen Teil des Körpers. Nur, dass gerade männliche Eiskunstläufer ein ganz anderes Image haben als Poledancer. Obwohl bei beiden ja nicht viel Kleidung im Spiel ist.

„Wir brauchen Männer im Pole!“

Vivien und Sarah von VI-Dance finden das schade. „Wir brauchen dringend Männer im Pole!“, fordern sie. Sarah wagt sich deswegen jetzt an regelmäßige Männerkurse. „Keine Sorge“, beruhigt sie, „die Choreographien sind dann nicht so weiblich“ – will heißen: Es wird nicht so viel mit den Hüften gewackelt. Selbstvertrauen zum eigenen Körper braucht man natürlich trotzdem. Ich verlasse das Studio und höre im Hintergrund noch aus den Boxen: I’m sexy and I know it…

Tanzstudio VI-Dance
Studios:

  • Ludwigstraße 16, 44135 Dortmund
  • Frohnhauserstraße 73, 45143 Essen
  • Hafenstraße 64, 48153 Münster

Internetseite 

1 Comment

  • Jean sagt:

    Wir haben auch ein paar Männer bei uns im Studio. Ich würde mir aber noch den ein oder anderen wünschen. Sie lockern die Stimmung immer auf und sind auch sportlich sehr schnell auf Augenhöhe mit den anderen Mädels.
    Liebe Grüsse
    Jean

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