Erlebnis: Weihnachtsmarkt

Überwältigt schauen sie nach oben. Ein breites Lächeln im Gesicht. In ihren Augen spiegelt sich das Glitzern der Lichter. Die Menschen um die drei Staundenden herum schlendern einfach achtlos weiter. Für sie ist er schon lange nichts Besonderes mehr, denn jedes Jahr begegnen sie ihm aufs Neue. Doch für die Austauschstudenten Ani, Ludovica und Chris ist er atemberaubend schön und einfach fantastisch: Der Dortmunder Weihnachtsbaum.

Vier Wochen Aufbauzeit sind nötig, damit aus den 1.700 einzelnen Rotfichten der Dortmunder Weihnachtsbaum entsteht. Foto: Anna Hückelheim

Vier Wochen dauert es bis der Dortmunder Weihnachtsbaum aufgebaut ist. Foto: Anna Hückelheim

45 Meter ragt er – wie ein grüner Riese – in die Höhe, erbaut aus 1.700 Rotfichten. Der zahlreiche Weihnachtsschmuck sorgt für seinen glanzvollen Auftritt. 48.000 Lämpchen, 57 weiß funkelnde Eiskristalle und Weihnachtsbaumkugeln sowie gelb strahlende Sterne und 20 dicke rote Kerzen schmücken sein Nadelgewand. Die Spitze ziert ein vier Meter großer Engel mit Trompete. Superlativen soweit das Auge reicht. Für die drei Austauschstudenten gerade das, was ihn so einzigartig macht.

Ludovica Palandrani, Ani Tramblian und Chris Kaufmann besuchen seit diesem Wintersemester die Technische Universität Dortmund. Die 21-jährige Ludovica stammt aus Italien und ist Studentin der Kommunikationswissenschaften. Heimat von Ani, Lehramtsstudentin aus Washington, und Chris, Germanistik- und Amerikanistikstudent aus Iowa, ist die USA. Bereits kurz nach der Eröffnung hat Chris den Dortmunder Weihnachtsmarkt schon einmal gesehen. Für Ani und Ludovica ist es ihr erster Besuch.

Keine Weihnachtsmärkte in Washington D.C.

Die Amerikanerin Ani kann es kaum erwarten. Das Grinsen in ihrem Gesicht und ihr zielstrebiger Gang Richtung Weihnachtsmarkt zeigen deutlich ihre Ungeduld. Chris und Ludovica bummeln gemütlich hinterher. Schließlich ist es bereits Chris‘ zweiter Besuch und Ludovica kennt Weihnachtsmärkte aus ihrem Heimatland. Doch bei Ani zu Hause, in Washington D.C., gibt es solche Märkte nicht.

So wird sie – endlich angekommen – direkt vom Buden-Zauber eingenommen. Auch Ludovica und Chris verfallen der weihnachtlichen Atmosphäre und vor allem den wunderbaren Essens-Düften: gebrannte Mandeln, Zuckerwatte, Popcorn, aber auch herzhafte Gerüche, wie die von Reibekuchen und Bratwürsten, schleichen sich in die Nasen.

Chris schmecken die deutschen Reibekuchen besser als ihr amerikanisches Pendant "Hash Browns". Foto: Anna Hückelheim

Ani, Ludovica und Chris (v.l.) sind Fans der deutschen Reibekuchen. Foto: Anna Hückelheim

Es fehlt das Essen

Für Ludovica ganz ungewöhnlich. Sie kennt zwar Weihnachtsmärkte aus Italien, doch da gibt es die nur in großen Städten und zudem mit einem erheblichen Makel, wie sie jetzt feststellen muss: Es fehlen die Essens- oder Getränkestände. „Dort gibt es nur dekorative Dinge, wie Schmuck für den Weihnachtsbaum und Zubehör für die Krippe“, erzählt sie und probiert gleich noch ein Stück von Anis Reibekuchen mit Aioli.

Die deutsche Bretzel als kulinarischer Hochgenuss

Von dem vielen Essen ist auch Ani begeistert. Sie kann sich kaum entscheiden. Die Reibekuchen haben ihr sehr gut geschmeckt, aber bei dem Stand der mit Käse überbackenen Bretzeln muss sie trotzdem anhalten. „Die deutschen Bretzeln sind sooo lecker“, sagt sie lachend und atmet gierig das Aroma der Leckereien ein. Es duftet herrlich nach ofenfrischem Laugengebäck. „Ich liebe dieses ganze Essen!“, sagt sie nachdrücklich und schaut noch einmal sehnsüchtig auf die Auslagen des Bretzel-Standes. Dann geht sie weiter. Vorerst hat sie genug gegessen. Den Stand will sie aber bei ihrem nächsten Besuch auf jeden Fall wieder aufsuchen.

Cowboyhüte sind nur ein kleiner Teil der ungewöhnlichen Angebote des Dortmunder Weihnachtsmarkts. Foto: Anna Hückelheim

Cowboyhüte sind nur ein kleiner Teil der ungewöhnlichen Angebote des Dortmunder Weihnachtsmarkts. Foto: Anna Hückelheim

Ungewöhnliche Auswahl an Angeboten

Fürs Erste gesättigt, stöbern sie nun genauer durch die Reihen der hell erleuchteten Büdchen und Stände. Beinahe an jedem halten die Drei an. Die Auswahl ist riesig – Pudelmützen, sternenförmige Lampen, Traumfänger, selbstgestrickte Socken und mehr. Ludovica bemerkt schnell, dass es auch auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt einiges an festlicher Dekoration zu kaufen gibt. Sie probiert aber lieber etwas Weihnachtsuntypisches aus und setzt sich einen braunen Cowboyhut auf. Als Cowgirl zur Vorweihnahtszeit gefällt sie sich aber doch nicht wirklich.

Chris interessiert sich dafür weniger. Er hat einen Stand mit selbstgemachter Seife entdeckt und grübelt noch, wonach das Stück riechen könnte, das er in der Hand hält. „Riecht gut“, sagt er zögernd. Wonach kann er aber trotzdem nicht sagen. Der Verkäufer möchte behilflich sein. Er reicht ihm eine andere Seife in der Form nackter Frauenbrüste. Verlegen schüttelt der 28-Jährige Amerikaner nur seinen Kopf. Dann eilt er weiter.

Ani auf Schmucksuche

Währenddessen ist Ani in die Auslage eines Büdchens vertieft, das Bernsteinohrringe, -anhänger und -ketten verkauft. Begeistert schaut sie sich die Ohrringe genauer an. Chris geht grinsend an ihr vorbei. Es ist nicht Anis erster Stopp an einem Schmuckstand.„Ich liebe glitzernde Dinge“, gesteht sie. Dann widmet sie ihre Aufmerksamkeit wieder den Ohrringen.

Chris Kaufmann (28), Ani Tramblian (20) und Ludovica Palandrani (21); Foto: Anna Hückelheim

Chris (28), Ani (20) und Ludovica (21) sind von dem Dortmunder Weihnachtsmarkt so begeistert, dass sie auf jeden Fall wiederkommen wollen. Foto: Anna Hückelheim

Alle drei genießen ihren Bummel. Ani und Ludovica gefällt besonders die weihnachtliche Stimmung. „Die Atmosphäre ist das Beste hier“, sagt Ludovica und schaut sich lächelnd um, „es ist so familiär. Ich fühl mich wie zu Hause – nicht wie in Italien, aber willkommen.“ Ani stimmt ihr nickend zu: „Es ist sehr einladend.“

Ein Baum macht sprachlos

Doch als sie dann zum ersten Mal dem Dortmunder Weihnachtsbaum gegenüberstehen, folgt beeindrucktes Staunen. „Ich glaube, ich habe noch nie einen so großen Weihnachtsbaum gesehen“, sagt Ani und legt ihren Kopf wieder in den Nacken, um den Engel auf der Spitze erkennen zu können. Selbst Chris, der ihn schon kennt, ist von neuem fasziniert. „Er ist so schön mit seinen vielen Lichtern.“ Nur Ludovica sagt nichts. Schweigend betrachtet sie den Baum und lächelt. Auch ihr gefällt er. Das sieht man.

In nur wenigen Stunden hat der Dortmunder Weihnachtsmarkt die italienische und die amerikanischen Studenten für sich eingenommen. Alle drei sind sich einig, dass sie wiederkommen wollen. Aber nicht alleine: Ani mit ihrer Familie, Ludovica und Chris mit ihren Freunden. Auch sie sollen das Besondere des deutschen Weihnachtsmarktes erleben: das viele Essen, die ungewöhnlichen Stände, seine familiäre Atmosphäre und die Einzigartigkeit des grünen Riesens.

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