Schmackes, Günna und Kasalla

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Manege frei: Kaberattist Bruno „Günna“ Knust ist ein „Vollblut-Ruhrgebietler“. (Foto: Isabella Thiel)

Bruno Knust ist die selbst ernannte „Stimme Westfalens“. Als Stadionsprecher des BVB war er einst Stimmungs-Dompteur der Fangemeinschaft, als Kabarettist ist er der Ruhrpott-Kenner schlechthin. Nichts ist vor seinem rauen Humor sicher: Ob er über Schalke redet, über kuriose Gewohnheiten beim Biertrinken oder über die Tatsache, dass im Pott einfach jeder auf den Namen „Hömma“ hört.

Die Bühne des Dortmunder Theaters „Olpketal“ sieht aus wie die Manege eines Ruhrpott-Zirkus. Die Skyline von Dortmund ist auf die Bühnenwände gemalt, ein kleiner Florianturm steht in einer Ecke. Von der Decke kreisen bunte Lichter. Das Gerede und Gelächter im kleinen Saal werden zum Trommelwirbel – uuund schon steht er auf der Bühne: Kabarettist Bruno Knust. Gerne auch mal in der Rolle des Müllmanns „Günna“ mit gelber Uniform, gelber BVB-Mülltonne und rauem Ruhrpott-Charme. Günnas Gags strotzen vor Westfalen-Folklore und Alltagsweisheiten. Zu Beginn seiner neuen Theaterspielzeit spricht er mit pflichtlektüre über 25 Jahre Kabarett, über Fußball und das fehlende Selbstbewusstsein der Region:

Herr Knust, Sie werden oft die Stimme Westfalens genannt, Sie sind ein „Ruhrgebietler“ durch und durch. Wie würden Sie den Pott in einem Satz beschreiben?

Von den vielen hässlichen Flecken in Deutschland ist das Ruhrgebiet der schönste.

Wie wird man eigentlich Kabarettist?

Kabarettist wird man durch ganz viel Zufall. Schon in meiner Schulzeit habe ich Theater gespielt, ich war der Jüngste in meiner Kabarett-Gruppe. Ich habe meine Texte immer sehr frei wiedergegeben. Das hat dazu geführt, dass ich spontan viele witzige Dinge eingebaut und das Publikum zum Lachen gebracht habe. Ich habe seitdem einfach immer weitergemacht mit dem Schauspiel, habe Straßentheater gespielt und jahrelang Kindertheater. Als mich dann irgendwann alle Kinder mit „Sie“ angesprochen haben, wusste ich: Ich bin jetzt zu alt für das Ganze. Der perfekte Zeitpunkt, um ins Kabarett einzusteigen.

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Vor Knusts Humor ist keiner gefeit. Seine Späße: so rau wie seine Stimme. (Foto: Isabella Thiel)

Was ist das Schwierigste am Kabarett?

Es ist meistens schwer, die richtigen Themen zu finden und die dann auch möglichst ausgewogen zu präsentieren.

Heißt das also: Wenn man einem auf den Deckel haut, dann auch allen anderen?

Ja, so ungefähr. Außerdem sollte Kabarett zwar durchaus ernste Botschaften haben, aber auch nicht zu belehrend sein. Ich mag zum Beispiel Volker Pispers unglaublich gerne. Mir fällt es trotzdem sehr schwer, ihm drei Stunden am Stück zuzuhören. Das ist schon fast zu viel Erkenntnis. Ich finde auch, dass es schwieriger geworden ist, politisches Kabarett zu machen. In einem Kabinett sitzen ja gar keine Typen, keine richtigen Charaktere mehr. Politiker sind oberflächlicher geworden. Und eine letzte Hürde für alle Kabarettisten: Halte dich von der Comedy fern!

Was ist denn der Unterschied zwischen Kabarett und Comedy?

Comedians machen es wegen dem Geld, Kabarettisten wegen des Geldes. Im Ernst: Comedy ist weichgespülter und kommerzieller. Da gibt es oft keinen so ernsten Hintergrund wie beim Kabarett.

Im Mittelpunkt Ihres Kabaretts stehen meist die Klischees des Ruhrgebiets. Wieso?

Das Ruhrgebiet hat lange unter diesen Klischees gelitten: arm, grau, schmutzig. Die Menschen hier haben sich immer für ihre Heimat geschämt. Dabei brauchen sie das gar nicht.  In Hamburg beneiden sie uns zum Beispiel darum, dass hier alles so nah aneinander liegt. Wenn ich aus Dortmund einige Kilometer rausfahre, bin ich in Essen, in einer anderen Stadt. In Hamburg bin ich dann im Nirgendwo. Außerdem: Das Ruhrgebiet ist im Umbruch. Die Industrie hat sich gewandelt. Wir haben jetzt ein Technologiezentrum, wir haben Hightech. Unser Fußball hat sich entwickelt. Das sollte also auch unser Ruhrpott-Selbstbewusstsein tun.

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Ob als Kabarettist oder BVB-Stadionsprecher: „Mit guter Stimmung kann man viel bewirken!“, so Knust. (Foto: Isabella Thiel)

Trotzdem wird ja gerade Dortmund oft auf Fußball reduziert. Wenn Menschen von außerhalb an Dortmund denken, haben Sie nur noch den BVB vor Augen.

Das liegt auf der Hand: Fußball ist das letzte Klischee, das geblieben ist. Wir haben kein Bier mehr, wir haben keinen Stahl mehr. Andere beneiden uns aber um unsere Spielstätte und um den Fußball, den wir hier spielen.

Wenn wir schon beim Fußball sind: Sie waren jahrelang Stadionsprecher des BVB. Wie kommt man denn bitteschön vom Ruhrpott-Kabarett in die Sprecherkabine?

Durch das Theater hatte ich damals schon gewisse Popularität. Ich habe begonnen für den BVB ein bisschen Kabarett zu machen. Bei Konferenzen mit Fans habe ich dem Trainer das Blei aus der Luft genommen, wenn es heiß wurde, oder auch mal nachgehauen. Ein Jahr später, 1991, als Ottmar Hitzfeld kam, wurde ich Stadionsprecher. Ich habe versucht, es anders zu machen, als meine Vorgänger. Ich habe mich mit dem Mikro vor die Südtribüne gestellt, die Aufstellung zelebriert und die Fans Lieder singen lassen. „Never Walk Alone“ habe ich eingeführt und später auch eigene Lieder. Für viele alteingesessene Sportjournalisten war das natürlich ein Kulturschock. Es hat aber auch für eine familiäre Stimmung gesorgt. Und das kann viel bewirken. Ein guter Stadionsprecher, sagen manche, kann sechs bis neun Punkte für seine Mannschaft rausholen.

Was wünschen Sie dem Pott für die Zukunft?

Dass er selbstbewusster wird. Der Pott braucht sich nicht zu schämen. Ich kenne Leute aus ganz Deutschland, die herkamen, sich verliebten und für immer blieben.

Zum Schluss möchte ich Ihren Tipp: Auf welchem Tabellenplatz steht der BVB am Ende der Saison.

Platz zwei bis vier. Er muss nur daran glauben.

Herr Knust, ich danke Ihnen für das Gespräch!

Mehr zum Thema

web: Homepage vom Theater „Olpketal“
web: Bruno „Günna“ Knust im Interview mit dem Lernsender NRWision
web: Ein Auftritt von Bruno „Günna“ Knust
web: Die Geschichte des BVB, erzählt von Bruno „Günna“ Knust

 

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