Rektor setzt protestierenden Studenten Ultimatum

Die Uni Duisburg-Essen ist besetzt (Fotos: Sophie Mono)

Die Uni Duisburg-Essen ist besetzt (Fotos: Sophie Mono)

Beim Bildungsstreik sind alle Ruhr-Unis dabei, logisch! Oder etwa nicht? Nein: Der AStA der Universität Duisburg-Essen wollte nicht mitmachen, nächste Woche, wenn es deutschlandweit auf die Straßen geht. Viele Studenten konnten das nicht verstehen und stampften daher ein eigenes Protestbündnis aus dem Boden. Am Dienstag hatten sie die Audimax-Gebäude der beiden Universitäten  besetzt, gestern ließen sie den Rektor der UDE Frage und Antwort stehen – mit gemischtem Erfolg.

Mittwochmittag, 12 Uhr. „Was ist denn das?“, fragt eine junge Studentin unsicher, als sie aus dem Bus steigt, der sie zum Duisburger Campus gebracht hat. Ihr Blick ist auf ein riesiges Banner geheftet, das vor dem Eingang der Gebäude hängt. „Diese Uni ist besetzt“, prangt es in leuchtend blauen Lettern auf die ankommenden Studenten hinunter. „Achso, ja, der Bildungsstreik schon wieder“, sagt die Studentin, und wendet den Blick gelangweilt ab. Anders die meisten ihrer Kommilitonen, die sich schon in großen Trauben um einen Informationsstand vor dem Audimax drängen. Weitere Banner sind dort befestigt, sie glänzen mit den Schlagworten „freie Bildung“ und „Mitbestimmung“.

Oberstes Ziel: Aufmerksamkeit erzeugen

„Wir tun das hier, um Aufmerksamkeit zu erzeugen“, erklärt Mirko Ribbat. Der Student wirkt eifrig, versucht seine Mitstudenten zu überzeugen, von dem was da in Duisburg und Essen vor sich geht. „Gestern gab es hier eine Vollversammlung des AStA, die über den geplanten Bildungsstreik in der nächsten Woche informieren sollte. Allerdings auch mit der Information, dass unser AStA nicht mitmachen wolle. Und da fing der Protest an“, sagt Mirko. Ganz spontan hätten sich daraufhin zahlreiche Studenten zusammengefunden, einig darüber, dass die in Wien gestarteten Proteste auch an ihrer Uni fortgeführt werden müssten. „Wir haben zur Zeit leider einen konservativ-liberalen AStA, und natürlich sind an der Gegenbewegung auch viele linke Parteilisten beteiligt, aber im Grunde hat es nichts mit Parteikonflikten zu tun. Hier geht es einfach darum, dass viele Studenten nicht damit einverstanden sind, was im Bildungssystem allgemein und in Duisburg-Essen im Speziellen so vor sich geht“, sagt Mirko.

„Man muss selbst aktiv werden“

Auch Studenten wie Cagla (zweite v.l.) die keiner Organisation angehörten, engagierten sich.

Auch Studenten, die wie Cagla (zweite v.l.) keiner Organisation angehören, engagierten sich.

Gemeint ist die derzeitige Umsetzung des Bachelor-Master-Systems, die Anwesenheitspflicht in Vorlesungen, die Studiengebühren (an allen Ruhr-Unis fast der Höchstsatz von 500 Euro) und die fehlende Demokratie innerhalb Universität. Was am Dienstag noch ein spontaner Aufschrei der Studenten war, ist einen Tag später schon ein recht gut organisiertes Aktionsbündnis. Für Verpflegung ist gesorgt, ein vorläufiger Forderungenkatalog ist erstellt und die Öffentlichkeit schaut zu. Für Letzteres sorgt Cagla Deniz. Die Politikstudentin ist in keiner politischen Organisation, war aber am Vortag auf der AStA-Veranstaltung, konnte kaum fassen, was sie da hörte. „Der AStA hat nur gesagt was schlecht ist, aber will nichts machen. Dabei ist es die Vertretung der Studierendenschaft. Das ist echt mehr als traurig. Aber es zeigt, dass man wohl selbst aktiv werden muss.“ Um Cagla herum strömen schon die ersten Studenten in den großen Hörsaal, wo um 13 Uhr die Forderungen im Plenum ausdiskutiert und verfestigt werden sollen, basisdemokratisch.

Rektor: „Der Protest ist Studenten angemessen.“

15.45 Uhr. Die Luft im Audimax Duisburg ist schon etwas verbraucht, der Forderungenkatalog dagegen brandneu. Die Wortführer der neuen Studentenbewegung appellieren ein letztes Mal: „Wenn Rektor Radtke gleich kommt, dann werdet nicht persönlich beleidigend. Aber lasst euch auch nicht unterkriegen.“ Beifall kommt auf, verstärkt durch die Pfiffe der Trillerpfeifen, die einige Vertreter der Gewerkschaftsjugend mitgebracht haben. Immer voller wird der Raum, einige müssen stehen bleiben. „Na, das sind wir ja aus so mancher überfüllter Vorlesung eh schon gewöhnt“, grummelt ein Student zynisch. Noch einmal heizen die Gewerkschaftsvertreter die Menge an, eindringlich, fast polemisch. Dann kommt Professor Dr. Ulrich Radtke, im Gefolge hat er Prorektor Professor Dr. Franz Bosbach. „Dieser Protest ist Studenten angemessen“, sagt der Rektor, lächelt freundlich und versichert: „Ich stehe bei einigen Punkten hinter Ihnen.“ Dann beginnen die Fragen, immer abwechselnd über Internetverbindung aus dem Audimax in Essen und aus dem Publikum in Duisburg. Auch das Rektorat will flexiblere Studiengänge, einen Master für alle und mehr Geld und überhaupt bessere Reformen vom Land. An den Punkten jedoch, wo die Verantwortung nicht einfach an die nächst höhere Distanz abgegeben werden kann, da bleibt es hart.

„Nur um den heißen Brei herumgeredet“

Die Forderungen wurden abgestimmt - basisdemokratisch

Die Forderungen wurden abgestimmt - basisdemokratisch

Den Eindruck haben jedenfalls die Studenten Gamze und Norman, als sich der Rektor nach anderthalb von zwei geplanten Stunden von der Diskussion verabschiedet. „Es ist schön, dass er gekommen ist, aber das war doch alles nur Um-Den-Heißen-Brei-Herumgerede.“ Allein seinen letzten Satz betonte Rektor Radtke unmissverständlich. „Sie bekommen für diese Tage des Streiks eine Entbindung der Anwesenheitspflicht, aber am Freitag um 18 Uhr ist Schluss damit!“ Bieten lassen wollen sich die Studenten das nicht. „Wir machen weiter“, hallt es durch den Raum und auf die Straßen, auf denen sich langsam eine Demonstration bildet. Aufmerksamkeit haben die Studenten durch ihre Proteste bekommen. Ob diese aber auch zum erhofften Mitspracherecht führt, bleibt fraglich.

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