Ein Anrecht auf Professoren

Der Präsident des deutschen Hochschulverbandes (DHV), Bernhard Kempen, nennt die aktuelle Einstellungspraxis von Lehrenden „Notoperationen der Länder“. Studenten hätten ein „Anrecht auf echte Professoren“. Warum Deutschland mehr Professoren braucht und was von diesen „Notoperationen“ zu halten ist – ein Kommentar.

Wissenschaft speist sich aus den Faktoren Forschung und Lehre. Beide sollten gleichberechtigt nebeneinander stehen. Doch der Alltag an den Ruhr-Universitäten sieht anders aus. Zwar gehört das Ruhrgebiet laut DFG-Förderatlas 2012 zu den zehn forschungsstärksten Regionen in Deutschland, doch gemessen an der Betreuungsrelation liegen die Standorte Dortmund, Duisburg-Essen und Bochum unter dem Bundesdurchschnitt.

Forschung allein ist nicht genug. Damit die Universitäten ihrem Auftrag – Ausbildung von wissenschaftlichem Nachwuchs – nachkommen, braucht es forschende Professoren, die über die nötige Erfahrung in beiden Bereichen verfügen.

Professoren haben viele Vorzüge

Professoren können ihre Forschungsergebnisse in den Vorlesungen und Seminaren direkt an die Studierenden weitergeben. Sie besitzen Erfahrung und Hintergrundwissen. Vollzeit-Professoren mit festem Lehrstuhl an der Uni haben mehr Zeit für Betreuung, Beratung und persönliche Gespräche mit Studenten, als Gastdozenten und Lehrbeauftragte. Diese kommen teilweise nur für ein Seminar an die Uni und sind bei Fragen oft nur per Mail zu erreichen.

Wie wichtig die Quote (Anzahl der betreuten Studenten je Professor) ist,  zeigt ein einfacher Vergleich: Während Professoren in Journalistik-Seminaren teils paradiesische Zustände vorfinden und teils vor nur 60 Studierenden dozieren, stehen sie in Massenstudiengängen wie beispielsweise Wirtschaftswissenschaften selbst in Übungen vor mehr als 200 Studenten. Auf diese Weise wird die Qualität der Lehre und des Studiums abnehmen. Daher muss die wachsende Anzahl von Studenten mit einer ebenso wachsenden Anzahl von Professorenstellen beantwortet werden.

Schlechte Betreuungsrelation ein Irrweg

Doch wer soll die Neuanstellungen bezahlen? Den Universitäten ist kein Vorwurf zu machen. Ihnen fehlt schlichtweg das Geld für neue Professoren. Im Gegenteil: Sie investieren die verfügbaren Mittel in Lehrbeauftragte und Gastdozenten und versuchen so die Kostenschraube weiter nach unten zu drehen.

Den Hebel muss man in der Bildungspolitik ansetzen. Zwar verweist NRW-Wissenschaftsministern Svenja Schulze auf die zur Verfügung gestellten Milliardenbeiträge, doch reichen diese längst nicht aus. Die finanziellen Anstrengungen müssen nochmals erhöht werden. Gute Hochschulabsolventen sind nicht günstig zu haben und sollten den Bildungspolitikern auch das entsprechende Geld wert sein.

Deutschlands wichtigster Rohstoff ist Wissen. Es ist höchste Zeit, mehr von diesem Schatz zu heben.

Für alle, die Grafiken, Kurven, Zahlen, Daten und Fakten mögen, hier noch eine Auswahl von Material zu den Themen Betreuungsrelation, Auslastung verschiedener Fachbereiche und Beschäftigungsverhältnisse des Lehrpersonals:

Quellen:  Landesamt für Statistik (IT.NRW)/TU Dortmund

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