Studenten aus Krisenländern: „Wir hassen Merkel nicht!“

Sonia, 23 J. (Spanien)

„Mein Name ist Sonia Matellan Fernandes und ich bin 23 Jahre alt. Ich studiere Spanisch und Englisch in Barcelona, um später Lehrerin zu werden.

Die 23-jährige Sonia weiß um Spaniens wirtschaftliches Potenzial.

Die 23-jährige Sonia weiß um Spaniens wirtschaftliches Potenzial. Fotos: 4 Giesbers, 2 privat

Durch die Krise bekamen die Menschen in Spanien erstmals das Problem der Korruption stärker zu spüren. Sie wurden sehr wütend auf ihre Politiker. Jetzt herrscht in meinem Heimatland ein generelles Gefühl von Enttäuschung und Misstrauen in die Politik. Die spanische Gesellschaft ist wütend und hat es einfach satt. Vor allem, weil der Sozialstaat immer weiter zurück geschnitten wird. In meinem Freundeskreis haben Eltern ihre Arbeit verloren, dann versteht man die Wut natürlich.

Obwohl man ja sagen muss, dass die wirtschaftliche Lage von Spanien anders ist als die von Portugal oder Griechenland. Spanien war ein wirtschaftlich reiches Land und ist es ja irgendwie immer noch. Spanien steht auf einem ganz anderen Entwicklungsstadium.

Merkels Politik steht seit Ausbruch Krise natürlich in der Kritik. Die Spanier haben es einfach ungern, wenn ein fremdes Land ihnen ihre Politik vorschreiben will. Aber natürlich gehen die Hitler-Vergleiche viel zu weit. Ich teile nicht Merkels Ansichten, aber ich glaube auch nicht, dass sie es total falsch macht, wie sie es macht. Sie muss ja schließlich Deutschland vertreten. Die südeuropäischen Länder haben tatsächlich Fehler gemacht. Nur sollte man den Krisenstaaten ihre Souveränität lassen. Insgesamt fühlen sich die Spanier eher betrogen von ihrer eigenen Regierung. Das Ansehen der Deutschen ist von der Krise bei uns nicht berührt worden. Wieso sollten wir denn wütend auf Deutschland oder die Deutschen seien? Das macht doch keinen Sinn. Unsere eigene Regierung ist schuld. Die Nazi-Sache ist einfach ein wunder Punkt, den einige aufgreifen, um die Deutschen zu verletzen.

Auch in Deutschland spürt man ja immer wieder Kritik an Merkel, gerade unter den jungen Leuten. Die sind vielleicht auch eher den Grünen oder den Sozialdemokraten zugewandt. Aber natürlich wissen auch die Spanier, dass die meisten Deutschen Merkel und ihre Politik unterstützen. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob ich es unterstütze, wenn Merkel im September wiedergewählt würde. Die Alternativen sind ja vielleicht auch nicht besser. Ich selbst gehöre aber eher dem linken Spektrum an. Meistens ist es ja so, wenn eine linke Regierung an der Macht ist, liegt der Fokus auf Sozialpolitik und Wirtschaft wird vernachlässigt, bei einer konservativeren Regierung ist es dann andersherum. Bei den jungen Spaniern ist es wohl meist so wie bei mir. Wenn man jung ist, ist man eben eher links und schon deshalb stehen die meisten Jugendlichen Merkel eher skeptisch gegenüber.

Die spanische Krise ist ja ein wenig anders ausgebrochen als in den anderen Krisenstaaten. Spanien ist eher an seinem Wachstum zu Grunde gegangen, als dass die Rückständigkeit uns kaputt macht. Das Wachstum ging zu schnell und in die falsche Richtung. Man hat sich über die Konsequenzen einfach keine Gedanken gemacht. Deshalb wünsche ich mir für die Zukunft auch, dass in Spanien ein Umdenken stattfindet. Außerdem wünsche ich mir, dass Spanien seine Vorteile verteidigt. Unser Gesundheitssystem ist das Beste der Welt und das müssen wir gegen die Sparpolitik verteidigen. Zudem sollten wir den jungen Leuten Arbeit bieten, es darf nicht sein, dass ich mein Zuhause, meine Heimat verlassen muss, um in einem anderen Land zu arbeiten. Das ist für viele Leute ein großer, trauriger Einschnitt.“

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