Die Temperaturen steigen, die Kleider werden knapper und überall nackte Haut: Bei wem aber Haarstoppeln an den Beinen oder unter den Achseln zu sehen sind oder sich gar ein dunkler Flaum am Rande der Bikini- oder Badehose abzeichnet, erntet meist schiefe Blicke. Glatt rasiert gehört seit Jahren zum guten Ton – aber warum eigentlich?
Tatsächlich ist die Entfernung der Körper- und insbesondere der Schamhaare kein neuer Trend: Bereits in den antiken Hochkulturen wussten die Menschen haarlose Haut zu schätzen. Dabei war nicht immer nur der ästhetische Aspekt entscheidend, auch hygienische und religiöse Aspekte spielten eine Rolle.
Wer sich die Haare im Intimbereich entfernte, konnte so zum Beispiel einem Befall durch Läuse oder anderer Parasiten vorbeugen. In Gegenden mit raren Wasservorkommen war dies ein nicht zu unterschätzender Hygiene-Vorteil.
Die Intim- und Körperrasur, wie sie heute in Europa üblich ist, stammt aus den USA. Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte die Haarentfernung einen Aufschwung: Röcke und Kleider wurden kürzer – und mit ihnen die Achsel- und Beinhaare. Der erste Trockenrasierer wurde 1915 von Johann Bruecker, einem Donauschwaben, erfunden. Seine Maschine arbeitete mit einem kleinen Aufziehmotor und rotierenden Klingen, die fortan das Rasieren erleichtern sollten.
Wildwuchs in den wilden 70ern
Während der NS-Zeit geriet die Intimrasur insbesondere in Deutschland wieder in Verruf: Propagiert wurde das Bild der „deutschen Frau“, die ihr Schamhaar mit Stolz und Würde – lang – zu tragen hat.
Auch nach Ende des zweiten Weltkriegs konnte sich die Rasur des Intimbereichs nicht wirklich durchsetzen. In den 70er und 80er Jahren kam es stattdessen zum anderen Extrem: Mit der Hippie-Bewegung und deren Hang zur Natürlichkeit kam der „Busch“ zwischen den Beinen wieder in Mode.
Rasieren für Jüngere ganz normal
Erst seit den 90ern wurde die Intimrasur wieder ein Trend, der sich heutzutage in westlichen Kulturkreisen fest etabliert hat. Laut einer repräsentativen Studie der Universität Leipzig aus dem Jahr 2009 entfernen sich etwa 55 Prozent aller Frauen im Alter von 18 bis 25 Jahren ihre Schamhaare ganz oder teilweise. Bei den Männern waren dies nur rund 22 Prozent. Eine ähnliche Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und der Uni Hamburg aus demselben Jahr ergab sogar, dass unter Jugendlichen (16 bis 19 Jahre) 94 Prozent der Mädchen und 81 Prozent der Jungen ihre Intimzonen enthaaren. Für die „junge“ Generation scheint das Entfernen der Körperhaare also etwas ganz natürliches zu sein.
Für die Ästhetik und das sexuelle Wohlbefinden
Hygienische Gründe spielen heutzutage bei der Intimrasur faktisch eigentlich keine Rolle mehr: Durch die hohen Hygienestandards haben sich Probleme wie Parasiten erübrigt.
Viel wichtiger scheinen die ästhetischen Aspekte eines glatten, haarlosen Körpers und das sexuelle Wohlbefinden, das damit einhergehen mag.
Ein Blick in die Medien zeigt, der komplett enthaarte Körper scheint mittlerweile die gesellschaftliche Norm zu sein. Die Zahlen der Leipziger Forscher sagen jedoch etwas anderes: In den Altersgruppen ab 31 Jahren nahmen die Werte der rasierten Frauen und Männer stark ab.
Ein sehr intimer Körperschmuck
Betrachtet man die Entwicklung der letzten Jahrhunderte, birgt diese Tatsache wahrhaftig keine Überraschungen. Denn die ursprünglich schützende und wärmende Funktion der Scham- und Körperhaare hat mit der Zivilisierung der Menschen zusehends an Bedeutung verloren.
Haare sind Körperschmuck, der ebenso wie Mode zeitgenössischen Trends und Entwicklungen unterliegt. Ob kurz oder lang, gestutzt, mit Dreieck oder „Landing-Strip“ – im Endeffekt ist es eine Frage des Geschmacks und der persönlichen Motivation.
Beitrags- und Titelfoto: Marco Barnebeck / pixelio.de