Duell: Sollte Bargeld bleiben oder ist es aus der Mode?

 

duellbild-neuDer lila Schein ist bald Geschichte. Die EZB hat vor kurzem entschieden, den 500 Euro-Schein abzuschaffen. Viele meinen dies sei ein erster Schritt in die Richtung vom elektronischen Geld – und somit der Abschaffung vom Bargeld. Wäre das sinnvoll oder brauchen wir die Scheine und Münzen in unserem Portemonnaie? Die Vor- und Nachteile der Bargeldabschaffung diskutieren heute im Duell am Donnerstag unsere Autorinnen Luisa Flicke und Malina Reckordt.

Die Abschaffung von Bargeld ist nicht nur praktisch, sondern notwendig

findet Luisa Flicke

Anfang Mai: Die Polizei stürmt ein Club-Café in Weil am Rhein. Dem Besitzer wird einiges vorgeworfen: illegales Glücksspiel, Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Anfang April: Enthüllungen über die so genannten Panama Papers gelangen an die Öffentlichkeit. Zahlreiche Länder, Unternehmen, Banken, Politiker und Promintente stehen seitdem unter Verdacht, ihre Steuern nicht angemessen gezahlt zu haben. Ob es also das benachbarte Casino oder große Firmen sind: Steuerhinterziehung und Geldwäsche scheinen ein allgegenwärtiges und weltweites Problem zu sein. Die Lösung dessen liegt eigentlich auf der Hand: Zahlungswege müssen besser nachzuverfolgen sein – Bargeld muss abgeschafft werden.

Bekämpfung von Kriminalität

Geldwäsche ist die Konsequenz illegaler Aktivitäten. Seien es Drogen, Immobilien oder Prostituierte – ist ein Geschäft nicht ganz sauber, wird bar gezahlt. Eine Obergrenze bei Barzahlungen sollte die Kriminalität eindämmen. Aus dem gleichen Grund wurde vor kurzem beschlossen, den 500 Euro Schein abzuschaffen. Aber wieso nicht komplett auf Bargeld verzichten? Wer nichts zu verbergen hat, sollte sich daran nicht stören. Außerdem ist es praktisch und heutzutage auch einfach zeitgenössischer, mit der Karte zu bezahlen. Wie häufig steht man mittlerweile an der Kasse und hat vorher vergessen zur Bank zu gehen? Das Zücken der Geldkarte ist in solchen Situationen doch schon Alltag geworden.

Bekämpfung der Finanzkrise

Kriminellen das Handwerk zu legen ist einer der Vorteile, die die Abschaffung der Barzahlung nach sich ziehen würde. Ökonomen versprechen sich davon zusätzlich Fortschritte bei der Bekämpfung der Finanzkrise. Die aktuell niedrigen und teilweise sogar negativen Zinsen, so genannte Strafzinsen, machen es zum Beispiel für Unternehmen unattraktiv, ihr Geld anzulegen oder zu investieren. Sie verstecken es lieber bar in ihrem Tresor. Wäre das nicht mehr möglich, wären sie aufgrund der Negativzinsen gezwungen, das Geld auszugeben. So könnte die Wirtschaft wieder in Schwung kommen.

Unnötige Kosten durch Bargeld

Eine gute Wirtschaftslage bedeutet mehr Steuereinnahmen. Aber nicht nur dadurch könnte die Staatskasse klingeln: Gibt es kein Bargeld mehr, wird Steuerhinterziehung erschwert und dem Staat gehen weniger Steuereinnahmen durch die Lappen. Außerdem ist Bargeld teuer: Prägung, Druck und Transport des Geldes sind keineswegs umsonst. 2014 kostete allein der Druck fast 100 Millionen Euro – die Kosten trägt im Wesentlichen der Steuerzahler. Dieses Geld könnte an anderen Stellen eindeutig sinnvoller eingesetzt werden.

Elektronisches Geld hätte einige Vorteile, die nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa von Bedeutung sein könnten. Ich finde, wir sollten die Brille der Nostalgie absetzen und erkennen, dass wir im 21. Jahrhundert angekommen sind. Geld ist Geld – ob in der Tasche oder auf der Bank.

 

Ohne Bargeld ist man ein „Gläserner Konsument“

findet Malina Reckordt

Dass ein 500 Euro-Schein überflüssig ist, sollte jedem einleuchten. Den Schein braucht wirklich niemand, da Tausenderbeträge doch fast nie in bar gehandhabt werden.

Aber komplett das Bargeld abschaffen? Nein!

Eine Zahlmethode im Alltag sollte vor allem eins sein: zuverlässig und übersichtlich. Bargeld ist das, denn man hat einen guten Überblick über seine Ausgaben. Der elektronische Weg per Smartphone oder Kreditkarteallerdings nicht. Es muss nur einen Stromausfall geben, ein Serverproblem oder einen Hacker-Angriff, schon kann nicht mehr bezahlt werden und im Nu bricht Chaos aus. Das kann bei Bargeld nicht passieren und im Übrigen ist Bargeld auch per Gesetzt die einzige Zahlmethode, die immer akzeptiert werden muss.

Bargeld ist Kulturgut

Das Bargeld ist in unserer Kultur festverankert. Kindern gibt man mal eben 10 Euro in die Hand, Straßenmusikern schmeißt man ‘nen Euro zu, Kellnern gibt man Trinkgeld. Ohne Bargeld wäre das nicht mehr möglich. Und in gewisser Weise ist es auch ein Stück Kulturgut, das verloren gehen würde. Es ist ein Symbol jedes Landes, denn man sieht auf den Euromünzen landesspezifische Motive.

Die Abschaffung würde auch bedeuten, dass man weniger Kontrolle über sein verfügbares Geld hat. Denn wenn der Geldbeutel leer ist, weiß man automatisch, dass man vielleicht lieber sparen sollte. Wird alles per Karte bezahlt, verliert schnell den Überblick. Besonders auch bei Käufen im Internet.

Banken werden mächtiger

Gibt es kein Bargeld mehr, kann man kein Geld mehr unter dem Kopfkissen horten. Die Macht liegt komplett bei den Banken. Und so ist es auch viel einfacher, Negativzinsen auf Spareinlagen durchzusetzten. Hat man das Vertrauen in die Bank verloren, kann man nämlich nicht mal eben sein Geld abholen.

Der Staat kennt jeden Einkauf

Vor allem bedeutet Bargeld aber eins. Und das ist Freiheit. Der Datenschutz wird ohne Bargeld allerdings komplett vernachlässigt.

Ohne Bargeld gibt es keine finanzielle Privatsphäre mehr, weil jeder Einkauf dokumentiert wird. Man ist ein gläserner Konsument, denn der Staat weiß über alle Einkäufe bescheid, auch über jene, von denen eigentlich niemand wissen sollte. Nicht jeder ist dazu bereit und das sollte auch respektiert werden. Auch wenn die Banken gesetzlich die Daten nicht weitergeben dürfen, gibt es eine Gefahr, denn die Daten werden dauerhaft gespeichert.

Mit einem elektronischen Zahlungsverkehr könnten außerdem noch andere Zwecke begünstigt werden. Weiß der Staat einmal, wofür man sein Geld ausgibt, zum Beispiel, dass Arbeitslose ihr Geld für Alkohol und Übergewichtige für Pizzen und Süßes ausgeben, könnten deren Karten für solche Käufe gesperrt werden. Darf es wirklich soweit kommen, dass der Staat theoretisch dazu fähig ist? Nein, ich finde nicht.

das-duell-feederFoto: stockxchng/bizior, S. Hofschlaeger/pixelio.de, Montage: Brinkmann/Schweigmann 
Teaserfoto: flickr.com/Marco Verch
Beitragsbild: flickr.com/René Gademann www.ratschrijft.nl/2011/06/28/11773/

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