Radioaktives Sushi? Was Japan für uns bedeutet

Japan hält die Welt in Atem. Sowohl die Folgen der humanitären als auch der nuklearen Katastrophe sind nur schwer absehbar. Nun sind in Japan kontaminierte Lebensmittel aufgetaucht. Müssen auch wir vorsichtiger beim Einkaufen sein und was bedeutet eine radioaktive Belastung von Nahrungsmitteln für die Gesundheit? pflichtlektuere hat mit Dr. Rainer Wagner, Strahlenschutzbeauftragter am Max-Planck Institut für neurologische Forschung in Köln, gesprochen.

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Die EU verwirrt den Verbraucher mit unterschiedlichen Grenzwerten. Foto: EU

Die EU hat im Schnellverfahren den Grenzwert des radioaktiven Elements Cäsium-137 für Produkte aus der Region Fukushima erhöht. Der Grenzwert ist damit höher als der für Importe, die aus der Region Tschernobyl kommen. Was halten sie von dieser Regelung?

Ich bin nicht glücklich mit dem, was die EU da gemacht hat. Diese ungleiche Gewichtung ist nicht nachvollziehbar und verbreitet unnötig Panik. Diese Maßnahme war nicht notwendig und hat nur zur Folge, dass der Verbraucher verwirrt ist.

Wie verhalten sich radioaktive Elemente im Körper?

Cäsium-137 gehört wie Kalium und Natrium zu den Alkalimetallen. Im Körper verteilt, verhält es sich ähnlich wie diese lebensnotwendigen Elemente. Es lagert sich zum Beispiel in Leber und Nieren an.

Radioaktives Jod-131 verhält sich wie das vom Körper benötigte Jod und reichert sich daher in der Schilddrüse an. Aufgrund seiner geringen Halbwertszeit von acht Tagen verschwindet Jod-131 aber schnell wieder  aus der Nahrungskette. Cäsium-137 hingegen hat eine physikalische Halbwertszeit von 30 Jahren. Dies bedeutet allerdings nicht, dass es auch so lange im Körper nachweisbar ist. Durch den Stoffwechsel ist es nach etwa 200 Tagen fast vollständig wieder ausgeschieden.

Was geschieht im menschlichen Körper, wenn er radioaktiver Strahlung ausgesetzt ist?

Strahlung greift Zellen an, wodurch diese absterben können oder ihre DNA mutiert. Geschädigte oder mutierte Zellen werden entweder vom Immunsystem eliminiert oder sind bis zu einem gewissen Grad imstande, sich selbst zu reparieren. Dies ist besonders bei der natürlichen radioaktiven Strahlung, der wir unvermeidbar ausgesetzt sind, von Bedeutung.

Ist der Organismus aber geschwächt oder die Strahlenbelastung zu stark, können diese Reparatur- und Abwehrmechanismen versagen. Die Zellen sterben ab oder geben die Mutationen im Erbmaterial an folgende Zellgenerationen weiter. In diesem Fall spricht man von unmittelbaren oder langfristigen Strahlenschäden.

Woher kommt die natürliche radioaktive Strahlung?

Die innere natürliche Radioaktivität entspricht einigen tausend Becquerel. Das bedeutet, dass diese Anzahl von Atomen pro Sekunde im Körper zerfällt. Gleichzeitig ist jeder Mensch direkter kosmischer und terrestrischer Strahlung ausgesetzt. Aber auch von Gebrauchsgegenständen – wie zum Beispiel farbig glasierten Fliesen – kann radioaktive Strahlung ausgehen.

Besteht die Möglichkeit, dass auch in Deutschland Böden und Lebensmittel kontaminiert werden?

Produkte aus Japan sind laut Experten unbedenklich. Foto: sxc.hu/cecilegeng

Produkte aus Japan sind laut Experten unbedenklich. Foto: sxc.hu/cecilegeng

Dass die radioaktiven Nuklide in nennenswerten Mengen über die Luft bis nach Europa gelangen, halte ich für unwahrscheinlich. Jod-131 kann sich aufgrund seiner großen Flüchtigkeit zwar relativ weit verteilen. Durch seine geringe Halbwertszeit von acht Tagen würde es allerdings, wenn überhaupt, nur stark verdünnt bis hierher gelangen.

Radioaktives Cäsium hat zwar eine sehr viel längere Halbwertzeit, würde sich allerdings ebenfalls sehr stark mit der Luft vermischen, bevor es sich hier in größeren Mengen ablagern könnte.

Müssen sich deutsche Verbraucher Sorgen machen?

Meiner Meinung nach ist es praktisch unmöglich, auf diesem Weg eine gesundheitsschädigende Strahlenbelastung zu erreichen. Selbst wenn jemand regelmäßig und in größeren Mengen über Jahre hinweg belastete japanische Pilze essen sollte, dürfte die Belastung unbedenklich bleiben. Sollte allerdings Plutonium ins Spiel kommen, muss man sich Sorgen machen. Inwiefern Plutonium bereits ausgetreten ist oder noch austreten wird ist für mich allerdings noch nicht ersichtlich.

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