Duell am Donnerstag: Mode, teuer oder billig?

 

Wer durch die Innenstadt bummelt, kennt es: Läden mit teuren Markenteilen reihen sich an diverse Billig-Shops. Eine Jeans gibt es schon für 8 Euro. Oder eben für 180 Euro. Doch bekommt man dafür auch das bessere Produkt? Die Pflichtlektüre-Autoren Marie und Martin streiten im Duell.

Die Investition lohnt sich

sagt Marie-Christine Spies

Ich oute mich hier und jetzt: Ich stehe auf Mode. Ja, ich stehe darauf, mich durch Magazine und Fashionblogs zu wühlen, den neusten Trends nachzujagen und dafür das ein oder andere Mal etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Was ich dabei grundsätzlich versuche zu vermeiden: Wie eine lebendige Litfaßsäule, als Werbebanner für die Hersteller, durch die Gegend zu laufen. Denn auch wenn sich Designerteile in meinem Kleiderschrank finden lassen – nach einem Kleidungsstück, auf dem außen in großen Lettern der Herstellername prangt, kann man lange und vergeblich suchen.

Wie schon die britische Designerin Vivienne Westwood gesagt hat: „Buy less, choose well, and make it last.“ So oder so ähnlich argumentiert natürlich jeder, der gerne etwas mehr Geld für Mode ausgibt. Ich schließe mich dieser Gruppe (trotzdem) an! Und dabei möchte ich keinen falschen Eindruck erwecken: Natürlich lässt mein Otto-Normal-Studentenbudget nur bedingt ein solches Shoppingverhalten zu. Aus diesem Grund muss ich automatisch bedachter auswählen. Heißt konkret: Qualität ist alles.

Teuer lebt meist länger – leider wahr!

In den meisten Fällen zeigt sich die wahre Qualität eines Kleidungsstückes nach dem Waschen. Und da gab es bei mir schon einige böse Überraschungen. Wohlgemerkt obwohl ich mich pingelig genau an die Anleitungen mit den vielen kleinen Symbolen halte. Ich möchte natürlich nicht behaupten, dass ausschließlich die teureren Teile alle Waschgänge völlig unbeschadet überstanden haben. Allerdings waren es bislang häufiger die preisgünstigen T-Shirts, Pullover und Jeans, bei denen nach kurzer Zeit Form, Farbe oder jegliche angenehme Haptik verloren gingen.

Zusammengefasst lässt sich sagen: Teuer lebt nicht nur meist länger – den Kundenservice zahlt man ja irgendwie gleich mit. Denn auch wenn das nach einem ziemlich billigen Werbeslogan klingt, meine Erfahrungen haben genau das gezeigt. So waren Reklamationen selten ein Problem, beschädigte Kleidungsstücke wurden kostenlos repariert, ersetzt oder aber mir wurde der Preis zurückerstattet.

Weiterverkaufen? Gar kein Problem

Was mich am meisten stört an den Kleidungsstücken für wenige Euro? Dass sie zu oft und zu schnell arglos in der Mülltonne landen. Die krasse Preispolitik einiger Discounter verleitet zu Massenkäufen. Warum eine Hose für 100 Euro kaufen, wenn ich doch fünf für 50 Euro haben kann? Da wird zum Teil nicht mal mehr anprobiert – tut dem Geldbeutel ja nicht so weh, wenn es wenig später dann doch nicht passt oder schlichtweg nicht mehr gefällt. Wirft mir jemand Konsumgeilheit vor, eben weil ich mich auch für teure Mode interessiere, kann ich das nur belächeln. Letztlich gebe ich wahrscheinlich gar nicht viel mehr aus als ein „Billig-Shopper“ – ich habe dann allerdings einige Teile weniger. 

Wenn mir etwas nicht mehr gefällt, verkaufe ich es weiter. Im Internet gibt es zahlreiche Portale, die sich genau darauf spezialisiert haben. Und in gewisser Weise wiederholen sich hier meine Argumente: Ein guter Preis lässt sich immer dann erzielen, wenn die Qualität stimmt, die gebrauchten Klamotten also gut in Schuss sind. Eine bekannte oder beliebte Marke erhöht zusätzlich die Klickzahlen und automatisch die Verkaufschancen.

Kommen wir zu guter Letzt zum Bestseller der Argumente in der Teuer-Billig-Diskussion: die Produktionsbedingungen. Spätestens hier hört das Schwarz-Weiß-Denken auf. Was ich damit sagen will? Teuer bzw. Marke heißt nicht automatisch bessere Bezahlung oder Bedingungen für die Menschen in der Produktion. Trotzdem ist klar: Ein Pullover, der für 10 Euro in einem deutschen Geschäft verkauft wird (rechnen wir nur mal ganz grob Transport, Steuern, Mitarbeiterkosten und Miete für das Ladenlokal ein), kann einfach nicht unter „fairen“ Umständen für Mensch und Umwelt entstanden sein. Was das angeht, gibt es tatsächlich Designer, die bewusster handeln: beispielsweise Stella McCartney. Verwendet werden Farben, die nicht chemisch hergestellt werden müssen. Leder und Pelz fallen ganz raus. Öko und Nachhaltigkeit sind auch bei Vivienne Westwood ein Thema. So wird die Wolle für ihre Kollektionen immer nach Biorichtlinien und den höchsten Standards hergestellt. Sieht’s dann noch cool aus, gebe ich gern ein wenig mehr aus.

Billig geht auch

sagt Martin Nefzger

Wenn ich meinen Kleiderschrank öffne, erwartet mich ein buntes Durcheinander. Hosen, T-Shirts, Hemden und Pullover in rot, blau und grün. Aber eines haben alle meine Kleidungsstücke gemeinsam: Sie waren günstig.

Zugegeben, nichts davon entstammt absoluten Billig-Shops, in denen ich eine Jeans für acht oder ein Shirt für vier Euro kaufen könnte. Aber auf teure Marken und Designer-Stücke verzichte ich ganz bewusst. Selbst die paar Marken-Teile, die in den Untiefen meines Kleiderschrankes versteckt liegen, sind aus dem Outlet und können es preislich mit C&A oder H&M aufnehmen. Die Argumente, warum ich viel Geld für Kleidung ausgeben soll, habe ich noch nie verstanden.

Auch billig passt

Oft erklären Marken-Käufer, dass teure Stücke besser sitzen würden. Klar, eine gute Passform ist zweifellos wichtig. Doch die bietet mir auch meine 40-Euro-Jeans. Wenn ich sie im Laden anprobiere und darauf achte, mir das richtige Modell zu kaufen, dann passt auch die günstige Hose. Warum also viel mehr ausgeben als nötig?

Auch die Optik muss stimmen und schöne Klamotten gibt es bei all den teuren Mode-Labels zweifellos. Doch auch Geschäfte mit günstigen Angeboten verkaufen gut aussehende Kleidung. Auf die neuesten Kollektionen aus Mailand und Paris lege ich keinen Wert. Solange ich mich wohlfühle, ist mir der neuste Trend egal.

Außerdem äußern viele Marken-Einkäufer den Einwand, teure Klamotten seien hochwertiger und würden länger halten. Sicher, die Qualität ist ein wichtiges Kriterium. Auf Teile, die bereits nach wenigen Wochen in der Tonne landen, kann ich verzichten. Teil dieser Wegwerfgesellschafft möchte ich nicht sein. Aber billig muss eben nicht immer schlecht sein. Wer weiß, in welchen Läden er suchen muss, kann auch für einen geringen Preis gute Qualität finden. Mit meiner 40-Euro-Jeans bin ich jetzt auch über vier Jahre glücklich.

Bessere Bedingungen?

Das wichtigste Argument, dass von Billig-Gegnern in einer endlosen Litanei in immer wiederkehrenden Diskussionen angeführt wird, sind die Bedingungen, unter denen die Produkte hergestellt werden. Hier stimme ich all den Für-Eine-Bessere-Welt-Kämpfern zu: Dass unsere Kleidung in Entwicklungs- und Schwellenländern von Kindern oder unterbezahlten Näherinnen gefertigt wird, dass unser Leder ohne die nötigen Schutzvorkehrungen von verarmten Gerbern verarbeitet wird, dass Feuer- und Gesundheitsschutzvorschriften nicht eingehalten werden, all das ist untragbar. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Strengere Kontrollen durch die deutschen Auftraggeber sind nötig. Genauso ein stärkeres Bewusstsein der Konsumenten dafür, woher unsere Klamotten kommen, unter welchen Bedingungen sie entstanden sind. Wenn ich wüsste, dass die teureren Klamotten wirklich unter besseren Bedingungen entstehen, würde ich auch mehr für meine Hemden zahlen.

Aber das Problem ist, dass die Produktionsbedingungen bei teuren Markenprodukten eben auch nicht besser sind. Teilweise sind sie sogar schlechter, urteilt das Online-Portal rank-a-brand. Dieses untersucht jährlich verschiedene Marken in Bezug auf Fairness bei der Produktion. Zum Einsatz kommen oft dieselben Materialien und giftigen Chemikalien. Auch der Stundenlohn für die Arbeiter und Arbeiterinnen ist meist gleich. Warum also dreimal so viel für eine Jacke bezahlen? Für die teure Illusion der Nachhaltigkeit? Für den Wunsch, damit die Welt etwas besser zu machen? Für den schönen Schein?

Seien wir ehrlich, meist geht es doch nur um das Gefühl, dass die Markennamen vermitteln. Um den guten Eindruck, den die Logos der bekannten Hersteller hinterlassen. Um die Genugtuung, dass wir uns die teuren Kleider leisten können. Doch ohne mich. Ich verzichte und bleibe bei billig.

das-duell-feederFoto: stockxchng/bizior, S. Hofschlaeger/pixelio.de, Montage: Brinkmann/Schweigmann 
Teaserfoto: flickr.com/Glen Scott unter Verwendung der CreativeCommons-Lizenz

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